12.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 174 / Tagesordnungspunkt 13

Jens TeutrineFDP - Leistungen für Asylbewerber

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer Akzeptanz für reguläre Migration möchte und Akzeptanz für diejenigen, die wirklich schutzbedürftig sind, der muss sich auch darum kümmern, dass diejenigen, die kein Bleiberecht haben, das Land verlassen und illegale Migration wirksam bekämpft wird.

Sie machen in Ihrem Antrag einige Vorschläge, die wir bereits umgesetzt haben. Sie fordern die Einführung der Bezahlkarte, was im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten ist. Wir warten trotzdem noch auf viele Bundesländer, die jetzt liefern müssen: Schleswig-Holstein, CDU-regiert; Nordrhein-Westfalen, CDU-regiert. Das Gesetz ist seit Monaten beschlossen, und die Länder führen die Bezahlkarte nicht ein.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Das ist eine Frage des Ausschreibungsverfahrens, Herr Teutrine!)

Es ist jetzt Ihr Job, die Bezahlkarte vor Ort einzuführen. Sie haben es lange gefordert; wir haben geliefert. Jetzt warten wir auf die Länder, dass die Bezahlkarte vor Ort auch eingeführt wird. Also: Setzen Sie den Antrag in Ihren Ländern doch selbst um!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Wer hat die Einführung der Bezahlkarte denn seit Monaten verzögert? In Bayern geht sie!)

Der zweite Punkt. Sie fordern in Ihrem Antrag, dass Personen, die in einem Asylverfahren sind, nicht nach 18 Monaten die höheren Grundsicherungsleistungen bekommen, sondern nach 36 Monaten. Auch das haben wir bereits umgesetzt. Man stellt sich eher die Frage, wieso Sie das nicht in der Vorgängerregierung umgesetzt haben. Vielleicht, lieber Herr Stracke von der CSU, war Ihr Redebeitrag gar nicht dieser Koalition gewidmet, sondern eigentlich Angela Merkel, und Sie müssen immer noch das CSU-Trauma in der Migrationspolitik bewältigen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Welche Traumata hat die FDP? Bald ist sie weg vom Fenster! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Die haben einen Muttikomplex, immer noch!)

Wir haben beispielsweise die Grundsicherungsleistungen für Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften um 186 Euro gekürzt. Auch hier stellt sich die Frage: Wieso hat die Union das in ihrer Regierungszeit eigentlich nie umgesetzt? Wieso braucht es eigentlich die FDP, um bei den Sozialleistungen mehr darauf zu achten, dass das Mindestmaß gewahrt wird und wir keine Fehlanreize setzen?

(Marc Biadacz [CDU/CSU]: Herr Teutrine, was ist Ihr Plan? Was ist der Plan der FDP?)

Dann haben Sie einen weiteren Punkt angesprochen. Sie haben dafür geworben, nicht nur über Sozialleistungen zu sprechen, sondern Rückführungen von denjenigen, die gar kein Bleiberecht haben, durchzuführen. Wenn man sich die Gesetzeslage anguckt, stellt man fest: Für die Rückführungen ist der Bund zuständig. Wir haben das Gesetz geliefert. Wir haben die Rückführungen vereinfacht.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Ein Rückführungsverhinderungsgesetz habt ihr gemacht!)

Für die Umsetzung der Rückführungen sind in Deutschland die Länder zuständig.

Guckt man in mein Heimatbundesland, schwarz-grün regiert unter Ministerpräsident Hendrik Wüst, der vielleicht auch ganz gerne mal Kanzler werden will, zeigt sich: Da dauert ein Asylgerichtsverfahren 21,5 Monate. Sobald ein Asylbewerber einen Rechtsanspruch geltend macht, dauert es also durchschnittlich fast zwei Jahre, bis über das Bleiberecht gerichtlich entschieden wird.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Kümmert ihr euch lieber mal um die notwendigen Abkommen, damit wir die Leute auch rückführen können, Herr Teutrine!)

Sie verlangsamen in den von Ihnen regierten Bundesländern die Rückführungen und Abschiebungen. Guckt man nach Rheinland-Pfalz, wo eine Ampel regiert, sieht man: Die Asylgerichtsverfahren dauern vier Monate.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Wir haben über 1 000 Leute rückgeführt in Bayern!)

Das ist übrigens für diejenigen, die es betrifft, human; denn dann wissen sie, ob sie ein Bleiberecht haben. Wir haben hier ja auch jene, die lange warten und wissen wollen: Habe ich ein Bleiberecht? Was sind meine Perspektiven der Integration? – Machen Sie Ihre Hausaufgaben in Ihren eigenen Bundesländern!

Sie haben Herrn Thüsing zitiert, der gesagt hat: Es sind nicht die rechtlichen Probleme, sondern es gibt ein Umsetzungsproblem in Deutschland. – Sie rufen uns zur Umsetzung auf, liefern aber in Ihren Zuständigkeitsbereichen bei der Migration nicht.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Wo sind die Abkommen für Rückführungen, Herr Teutrine? Wo sind sie?)

Zur Verantwortung gehört auch, in den Ländern seine Hausaufgaben zu machen.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie der Abg. Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Ja, machen Sie mal Ihre Hausaufgaben! Das wäre viel notwendiger!)

Die Position meiner Fraktion ist ganz klar – die Anhörung hat das noch mal gezeigt –: Es gibt solche, die behaupten, Sozialleistungen hätten gar keinen Einfluss auf Migrationsbewegungen und seien kein Pull-Faktor. Wir hatten in den Anhörungen Experten von der SPD und von den Grünen da. Ihre Migrationsexperten habe ich dort gefragt: Sagen Sie Ihren Studenten im Unterricht, in Ihren Seminaren zum Thema Migration wirklich, dass Sozialleistungen keinen Einfluss haben? Die Migrationsexperten, die Sie eingeladen haben, haben darauf gesagt: Nein, das würde ich keinem Studenten sagen. Ich würde immer sagen: Migrationsentscheidungen sind komplex. Sie hängen von vielen Dingen ab, beispielsweise ob Krieg oder Elend herrscht, ob es in einem Land Rechtssicherheit gibt. Länder mit einer hohen Rechtssicherheit sind interessante Zielorte, weil sie ja auch Schutz bieten. Alle Experten haben gesagt: Selbstverständlich haben auch Sozialleistungen einen Einfluss auf Migrationsentscheidungen; wer das leugnet, ist naiv.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Eine gute Nachhilfe für SPD und Grüne, Herr Teutrine! Bravo!)

Es ist wichtig, das zu betonen. Deswegen haben wir zum Beispiel die Bezahlkarte eingeführt.

(Beifall bei der FDP)

Zu Ihrem Antrag. Sie fordern darüber hinaus beispielsweise, einen Vorrang von Sachleistungen gegenüber Geldleistungen einzuführen. Was würde das bedeuten? Asylbewerber würden in Zukunft einen Koffer mit Anziehsachen bekommen; sie würden ein Essenspaket bekommen. Also: Sie würden kein Geld mehr bekommen, sondern die Kommune müsste ihnen Sachleistungen zur Verfügung stellen.

In der Anhörung haben alle kommunalen Vertreter, der Landkreistag und der Städtetag, gesagt: Das wollen wir nicht haben. Das ist ein Bürokratiemonster, das uns vor Ort nicht nützt, wenn wir monatlich einzeln Pakete an Menschen übergeben sollen. Führt lieber die Bezahlkarte ein! Erschwert es, damit Bargeld abzuheben! Dann kann auch kein Geld ins Ausland fließen. Und gebt uns die Möglichkeit, im Extremfall auch Sachleistungen auszuzahlen!

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Diese Möglichkeiten gibt es. – Also auch die Expertinnen und Experten aus der kommunalen Familie haben gesagt: Ihr Antrag leistet keinen Beitrag.

Wir beschränken illegale Migration.

Kommen Sie bitte zum Schluss!

Denn es braucht Akzeptanz für Schutzbedürftige und reguläre Migration. Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil er nicht sachgerecht ist.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort erhält Maximilian Mörseburg für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Electoral Period 20
Session 174
Agenda Item Leistungen für Asylbewerber
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