14.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 176 / Tagesordnungspunkt 8

Nina ScheerSPD - Einsetzung eines 2. Untersuchungsausschusses

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schnieder und sehr geehrte Kollegen aus der CDU/CSU-Fraktion als antragstellende Fraktion, es geht hier um die Überweisung und nicht um unsere Zustimmung; denn es ist das gute Recht eines Viertels der Mitglieder des Bundestages, einen solchen Ausschuss einsetzen zu lassen. Und natürlich ist ein solches Recht von niemandem aus dem Bundestag zu bezweifeln; denn es ist Recht und Gesetz, und an das halten wir uns natürlich.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das war beim letzten Mal anders! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

– Ich weiß nicht, warum Sie da nun Unkenrufe anschließen müssen. Das finde ich absolut nicht sachgerecht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es ist aber natürlich schon unsere Aufgabe, darauf zu achten, dass dieses scharfe Schwert, das sich das Parlament gegeben hat, das wir uns rechtlich gegeben haben,

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das Grundgesetz! Nicht das Parlament!)

um eine sachgerechte Politik gewährleisten und Aufklärungsarbeit leisten zu können, wenn möglicherweise Missstände aufzuklären sind, auch dort eingesetzt wird, wo tatsächlich Missstände zu vermuten sind.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Und da ist natürlich schon die Frage, welche Anknüpfungspunkte hier gegeben sind.

In der Tat haben Sie die nötigen Stimmen, um die Überweisung in den Geschäftsordnungsausschuss zustande zu bringen; insofern steht das auch nicht in Zweifel. Allerdings steht es in der Sache in Zweifel, ob dies wirklich begründbar ist.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Das entscheiden Sie doch nicht! – Gegenruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])

Denn wir alle müssen feststellen – und das nicht zum ersten Mal hier –, dass die Verlängerung der Atomenergienutzung im Zuge eines Streckbetriebs letztendlich tatsächlich stattgefunden hat, und zwar auf Grundlage der Beschlussfassung der Koalitionsfraktionen.

(Zurufe der Abg. Dr. Stefan Heck [CDU/CSU] und Dr. Rainer Kraft [AfD])

Wir haben die Atomkraftwerke aufgrund einer Analyse der Krisensituation dreieinhalb Monate länger laufen lassen. Es hat eine intensive Auseinandersetzung darüber gegeben,

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Da kommen wir gleich dazu!)

weil dort natürlich mehrere Dinge hineinzubringen sind.

Es ist mit hineinzubringen, dass schon drei Jahre über dem Durst eine Sicherheitsüberprüfung nicht stattgefunden hatte.

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Was wäre also gewesen, wenn in diesen dreieinhalb Monaten möglicherweise etwas passiert wäre? Es war nicht bekannt, wie man mit so einer Konstellation umgeht, weil es solche Sicherheitsrisiken sonst nicht gibt. Die spezifischen Sicherheitsrisiken von Atomenergienutzung sind einzigartig; deswegen haben ja auch Sie diesen Atomausstieg letztendlich mitgetragen und nach einem Zickzackkurs wieder eingeleitet. Dieser Zickzackkurs hat die Steuerzahler übrigens einiges gekostet; auch das muss an dieser Stelle mal gesagt werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! Sehr richtig! – Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD] – Zurufe von der CDU/CSU)

Es war letztendlich politisch zu entscheiden: Was wiegt in dieser Situation schwerer? Müssen wir der Sicherheitsüberprüfung so viel Gewicht in der Waagschale zumessen, dass wir keinerlei Streckbetrieb verantworten können, oder können wir den Streckbetrieb verantworten?

Es steht zum Zweiten völlig außer Frage, dass die schon vorhandenen Brennelemente für sich genommen – das habe ich von Ihnen eigentlich auch nicht in Zweifel gezogen gesehen; Sie ziehen es politisch in Zweifel, aber von der Sache her nicht –

(Zuruf des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU])

nur noch begrenzt nutzbar waren

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

und dass eine Neubeschaffung von Brennelementen so viel Zeit gebraucht hätte, dass selbst bei einem frühestmöglichen Beschaffungsvorgang nach dem 24. Februar 2022 keine rechtzeitige,

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Nein, das bezweifeln wir ausdrücklich!)

anschlussfähige Neubestückung der Atomkraftwerke mit Brennelementen mehr möglich gewesen wäre.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Also wäre ein nahtloses Weiternutzen der noch infragestehenden Atomkraftwerke überhaupt nicht möglich gewesen.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Falsch! So hätten Sie’s gern! Schlicht falsch! – Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Insofern gibt es gar keine denklogische Situation, in der die Atomenergie tatsächlich weiter nutzbar gewesen wäre.

Daher ist schon die Frage, ob es nicht auch politisch begründet ist; und das möchte ich hier durchaus unterstellen. Denn die Atomenergienutzung wurde erst jüngst in Ihr neues Grundsatzprogramm wiederaufgenommen, nachdem die Atomkraftnutzung damals, nach dem von Ihnen verursachten Zickzackkurs, abgeschafft werden sollte.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Andere Zeiten, andere Rahmenbedingungen! – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das hat mit der Sache, um die es hier geht, alles nichts zu tun!)

Die Frage ist also angesichts der Wiederaufnahme der Atomenergienutzung in Ihr Grundsatzprogramm, ob Ihr jetziges Ansinnen, einen Untersuchungsausschuss bezüglich eines Ausstiegs, der sich nur auf die letzten Atomkraftwerke bezog und über Jahrzehnte eingeleitet und auch vollzogen wurde, zu begehren, nicht genau davon ablenken möchte, dass Sie erneut einen Zickzackkurs fahren

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

und erneut von Ihrer Linie abweichen.

Wenn eines teuer ist, dann ist es Atomenergienutzung. Und wenn eines noch teurer ist als die Atomenergienutzung, als die teuerste Form der Energiegewinnung überhaupt weltweit, dann ist es das, dabei auch noch einen Zickzackkurs zu fahren.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Dafür steht die Union, und das ist sehr bedauerlich.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP] – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Sehr richtig! Gut analysiert!)

Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Dr. Rainer Kraft.

(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Thomas Seitz [fraktionslos])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7612929
Wahlperiode 20
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt Einsetzung eines 2. Untersuchungsausschusses
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta