Robin MesaroschSPD - Einsetzung eines 2. Untersuchungsausschusses
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das ist jetzt die vierte Debatte zur Atomkraft in vier Sitzungswochen.
(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das ist ein wichtiges Thema! – Zuruf des Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU])
Ich habe Ihnen Argument für Argument schon vorgetragen.
(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Ist halt alles falsch!)
Ich komme langsam zu dem Schluss, dass Sie mich nicht ernst nehmen. Vielleicht ist es so, dass Sie Familienväter aus Oberschwaben, die aus einem Dorf kommen und auch vor der Zeit im Bundestag beruflich erfolgreich waren, nicht ernst nehmen.
Dann halte ich mich heute eben zurück und lasse die sprechen, die Sie sehr ernst nehmen, die Sie großartig finden, nämlich Sie selbst.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich zitiere aus der „Süddeutschen“ vom 3. Mai 2011:
„Die CSU-Spitze diskutierte Seehofers Plan, den Ausstieg aus der Atomenergie in den nächsten zehn Jahren zu schaffen. Trotz skeptischer Stimmen hält er an dem Zeitraum fest. ‚ Wir dürfen nicht vom eingeschlagenen Kurs abgehen. Das wäre eine Täuschung der Bevölkerungʼ, sagte der Regierungschef …“
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr spannend!)
Und wo der Seehofer was sagt, ist der Söder Markus nicht weit:
„Umweltminister Markus Söder ist ebenfalls überzeugt davon, dass die Energiewende bis 2020 zu schaffen sei.“
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und der weiß es!)
„‚Das ist ambitioniert, aber es ist machbarʼ, sagte er. Eine Jahreszahl zu nennen, sei notwendig, ‚sonst laufen die Dinger noch 20 Jahreʼ.“
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Saskia Esken [SPD] – Zuruf der Abg. Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
„Für Söder ist klar, dass die CSU nicht mehr hinter ihre Ausstiegspläne zurück kann. ‚ Das ist ein Lackmustest für unsere Glaubwürdigkeitʼ, sagte er.“
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Und die CSU wäre nicht die CSU, wenn sie noch mal einen draufsetzen würde. „ Die CSU will die Speerspitze des Atomausstiegs sein“, schreibt die „Zeit“.
(Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
„Bis 2022 sollen die Kernkraftwerke abgeschaltet sein, fordert die CSU-Spitze. Damit will sie wichtige Wählerstimmen gewinnen – und sorgt für Ärger in der Koalition. … Laut den von der bayerischen Landtagsfraktion verabschiedeten ‚energiepolitischen Leitlinienʼ sollen bis zum Jahr 2022, besser noch 2020, alle Kernkraftwerke abgeschaltet sein.“
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Peter Beyer [CDU/CSU]: Realitätsleugner!)
Mein Wahlkreiskollege Thomas Bareiß lässt sich im Deutschlandfunk dazu aus:
„Und jetzt, nach den schrecklichen Ereignissen in Fukushima, scheint es einen gesellschaftlichen Konsens zu geben, dass man früher aussteigen will, und da darf sich dann niemand mehr rausreden. Dann müssen wir auch sagen, dann müssen wir mehr für Strom zahlen …“
Alle müssten ihren Beitrag leisten.
Aber da kommt wieder der Söder Markus um die Ecke – zehn Tage später im Deutschlandfunk – und sagt:
„… wir wollen ja auch die Strompreisfrage beachten, wobei ich eines sagen muss: Alle diejenigen, die“
– beim Atomausstieg –
„automatisch von Preissteigerungen ausgehen, da rate ich zur Skepsis, denn wir haben an der Strombörse jetzt keine großen Steigerungen, obwohl elf Meiler vom Netz gegangen sind …“
So der Söder Markus.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])
Bei Reuters geht es weiter – auch 2011 –:
„‚Jetzt gilt es zu zeigen, dass man schnell aus der Kernenergie raus kann und dass die Energiewende machbar istʼ, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen vor der CDU-Präsidiumssitzung.“
(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
„‚Ich glaube, dass das als ein Teil der wirtschaftlichen und technologischen Erneuerung vielleicht das große Projekt der Koalition und auch der Union sein wird.ʼ Merkel habe diesen Kurs eingeleitet, den es nun umzusetzen gelte. 80 Prozent der Bevölkerung würden diesen Kurs mittragen. … Ausdrücklich lobte zudem die CDU-Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, den Kurs Merkels.“
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP] – Peter Beyer [CDU/CSU]: Der ist von sich so sehr begeistert! Meine Fresse! – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Wir sind hier nicht beim Poetry Slam!)
Erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Hoffmann aus der CDU/CSU?
Nein, danke. Sie haben jahrelang Zeit gehabt. Jetzt rede ich.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)
Es gibt einen, der sich fragt: Na ja, wann geht es denn um mich? Ein verlorener Tag. – Jens Spahn hat sich natürlich auch zu Wort gemeldet – in den „Westfälischen Nachrichten“, 16. März 2011 –:
„Keinen lassen die Ereignisse und Bilder aus Japan kalt, da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Darf man denn die Öffentlichkeit anlügen? Sagen Sie mal was dazu! Sie müssen zur Sache reden, Herr Kollege!)
Und wenn Sie jetzt sagen: „Das klingt ja jetzt ein bisschen schwächer als das vorher“, dann haben Sie die Rechnung ohne die CDU gemacht, die auf Twitter 2019, vor der Europawahl, raushaut: „Wer hat ‚Atomkraft? Nein Danke.ʼ Realität werden lassen?“ – Bäm! Daneben das CDU-Logo.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hannes Gnauck [AfD]: 2019!)
Und das ist nicht nur fünf Jahre her: Kurz vor der Bundestagswahl 2021 hat die CDU Deutschlands auf Facebook geschrieben:
„Nächstes Jahr ist es so weit: Deutschland schaltet die Atomkraftwerke endgültig ab! Heute vor 10 Jahren beschloss der Bundestag, auf Antrag der schwarz-gelben Regierung, den Atomausstieg Deutschlands bis 2022. Ein guter Plan!“
Das sind die Worte der CDU.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Darf man die Öffentlichkeit anlügen, Herr Kollege? Sagen Sie doch dazu mal was!)
Jetzt müssen wir ehrlich sein: Es gibt einen, der heute hier sitzt, der anders geschrieben hat. Friedrich Merz hat 2011 in der „Zeit“ einen Gastbeitrag geschrieben, in dem er vor der „Leichtigkeit des Meinungswandels“, vor „Infantilisierung“ warnt.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Selbst der Minister ist geflohen vor Ihrer Rede! – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Finden Sie sich eigentlich witzig?)
Jetzt fragen wir uns: Was ist in den Jahren eigentlich passiert? Sie tun so, als wäre die Ampel seitdem verrückt geworden. Aber was hat sich verändert? Die Atomkraft? Nein, sie ist genauso unsicher wie nach Fukushima; sie ist genauso teuer, und wir kommen genauso ohne Atomkraft aus.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Und deswegen darf man die Öffentlichkeit anlügen? – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Und deshalb hat Japan seine Kernkraftwerke wieder angeschaltet! – Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])
Was sich verändert hat: Die AfD ist 2013 gegründet worden. Die hat 2017 in ihr Wahlprogramm geschrieben:
„Die bestehenden Kernkraftwerke wollen wir deshalb nicht vor Ende ihrer Nutzungsdauer außer Betrieb nehmen.“
Die CDU hatte 2021 zu dieser Bundestagswahl kein Wort über Atomkraft in ihrem Wahlprogramm verloren.
(Zurufe von der CDU/CSU)
Was sich geändert hat, ist, dass Sie eine Physikerin an der Spitze Ihrer Partei durch einen Populisten ausgetauscht haben. Das hat sich geändert.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie setzen hier die Glaubwürdigkeit einer Volkspartei aufs Spiel, wenn Sie statt auf Sachlichkeit und Sicherheit auf schnelle Stimmengewinne schielen. Und wenn Sie hier einen Untersuchungsausschuss einsetzen, dann werde ich Ihnen das jede Sitzung um die Ohren hauen. Das wird peinlich für Sie.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich will aber nicht, dass es peinlich für Sie wird. Denn: Wenn hier Leute über Sie lachen, dann sind es die Faschisten rechts von Ihnen.
(Widerspruch von der AfD)
Deswegen: Reißen Sie sich zusammen!
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Es war jetzt keine persönliche Beleidigung, die sich gegen eine Person gerichtet hat.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Doch, das war an die ganze Gruppe hier gerichtet! – Beatrix von Storch [AfD]: Doch! 78-mal! – Weitere Zurufe von der AfD)
– Jetzt hören Sie mir doch mal zu! Lassen Sie mich doch mal einen Satz ausreden! – Es war eine Zuschreibung an eine gesamte Fraktion, und das wollen wir in diesem Hause nicht. Und deshalb rüge ich diese Aussage.
Jetzt bekommt aber das Wort Stephan Brandner für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7612935 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 176 |
Tagesordnungspunkt | Einsetzung eines 2. Untersuchungsausschusses |