14.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 176 / Zusatzpunkt 9

Volker UllrichCDU/CSU - Digitalisierung der Justiz

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „ Vor dem Gesetz steht ein Türhüter“; das ist ein Satz von Franz Kafka aus seinem Roman „Der Prozess“. Franz Kafka ist ja in diesen Tagen vor 100 Jahren verstorben. Mit diesem Satz hat er ein zentrales Moment für die Rechtspolitik beschrieben, nämlich die Frage: Was vermittelt Zugang zur Justiz und damit zur Gerechtigkeit?

Gerechtigkeit ist zeitlos; aber Technik hilft, Gerechtigkeit Wahrheit werden zu lassen. Deswegen muss die Justiz mit der Zeit gehen. Sie muss dafür Sorge tragen, dass die Instrumente, die ihr zur Verfügung stehen, auch eingesetzt werden können. Das steckt hinter der Frage der Digitalisierung der Justiz.

Mit diesem Gesetz legen Sie mehrere Paragrafen vor, die im Einzelnen einige Aspekte der Digitalisierung der Justiz regeln und damit in der Tat den Zugang zur Justiz verbessern. Die Frage wäre gewesen, ob wir nicht weiterdenken müssen, nämlich unsere gesamte Rechtsordnung systematisch ansehen müssen, ob wir Digitalisierung nutzen können, um das Verhältnis der Bürger untereinander, aber auch zur Justiz zu verbessern. Diese Aufgabe bleibt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dennoch gibt es einige Punkte in diesem Gesetzesvorhaben, welche auf unsere Zustimmung stoßen, zum Beispiel die Frage der Strafantragstellung. Strafbare Inhalte im Netz sind schnell geschrieben, mit einem Klick abgesendet und haben möglicherweise für die Opfer eine lange andauernde Wirkung. Ich finde, es hat nichts mehr mit Augenhöhe zu tun, wenn die Opfer den Strafantrag auf Papier oder bei der Polizeidienststelle selbst einreichen müssen, sondern das muss auch per Mail gehen. Das ist ein Fortschritt im Bereich Opferschutz.

(Beifall der Abg. Luiza Licina-Bode [SPD])

Auch wie Sie beispielsweise mit der Hybridaktenführung und auch mit der Vorlage von Scans vor Gerichten umgehen, entspricht der Lebenspraxis und der Lebensrealität.

Worüber wir in der Tat sprechen müssen, ist die Frage der Präsenz des Angeklagten im Revisionsverfahren. Das Format der Videokonferenz in der Revisionsverhandlung ist schon etwas, wo wir noch ein Fragezeichen machen. Es geht dabei in der Tat nicht um den Sachverhalt an sich; aber es geht um die rechtliche Bewertung des Sachverhalts. Das ist für einen Angeklagten von genauso erheblicher Bedeutung wie die Aufnahme des Sachverhalts, sodass ich finde, dass bei diesen rechtlichen Fragen die Präsenz eigentlich im Mittelpunkt stehen müsste. Es wird sich zeigen müssen, wie das Format der Videokonferenz sich in der Praxis bewährt.

Ich will abschließend noch appellieren: Die Digitalisierung der Justiz ist wichtig; aber wir müssen auch weiterhin ein Augenmerk auf die Frage werfen: Wer sind die Menschen, die zukünftig für Gerechtigkeit sorgen? Bis zum Jahr 2030 werden 10 000 Richter und Staatsanwälte aus der Justiz ausscheiden; dazu kommen noch die Rechtspfleger und die Inspektoren. 40 Prozent der Stellen werden in den nächsten sieben Jahren neu besetzt. Wir brauchen also eine Werbung für den Rechtsstaat, für den Beruf des Richters, des Staatsanwalts und des Rechtspflegers. Wir brauchen eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern, den Pakt für den Rechtsstaat im Bereich der Digitalisierung fortzuführen und zu finanzieren,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

um daraus insgesamt ein gemeinsames Vorhaben anzugehen, damit Gerechtigkeit und damit der Zugang zum Recht zeitlos bleiben.

Wir werden heute diesem Gesetz zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner ist Tobias Matthias Peterka für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7612958
Wahlperiode 20
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt Digitalisierung der Justiz
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