Ralf StegnerSPD - Rüstungsexportpolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute Anträge der AfD, die ja eher eine Alternative für Russland und China ist.
(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Als hätten Sie mit dem chinesischen und dem russischen Staat nicht schon genug Auftraggeber,
(Marianne Schieder [SPD]: Da sollten die hingehen und bleiben!)
versuchen Sie auch noch, sich heute bei der Rüstungslobby beliebt zu machen. Sie wollen der Rüstungsindustrie mal eben ein XXL-Aufrüstungsprogramm spendieren. Wenn es nach Ihnen geht, soll die Bundesregierung Panzer, Drohnen, Kampfflugzeuge, Raketen ordern, als gäbe es kein Morgen.
(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])
Weg mit den lästigen Hürden Menschenrechte, Parlamentsbeteiligung oder transparentes Beschaffungswesen! Dass es da um Milliarden von Steuergeldern geht: Ihnen doch egal! „ Make Germany great again“, das ist Ihr Muster.
(Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Wer hat denn das 100-Milliarden-Sondervermögen beschlossen? Das waren doch Sie!)
Der nationalistische Sound Ihrer Anträge zeigt: Ihre Zeitenwende ist nicht 2024, sondern eher 1862. Da hat Bismarck vor dem Preußischen Abgeordnetenhaus viel mehr Geld für Rüstung gefordert mit den Worten: „Nicht durch Reden … werden die großen Fragen der Zeit entschieden …, sondern durch Eisen und Blut“. Das gefällt Ihnen. Aber, nein danke!
Wir brauchen keine Anträge einer Partei, die den Interessen des Landes täglich schadet und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung bekämpft,
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
einer Partei, die gewalttätige Rechtsextremisten in ihren Reihen hat und beschäftigt. Es ist doch kein Zufall, dass Sie gegen die Antikorruptionsregeln sind und sie abschaffen wollen. Die Herren Krah und Bystron sind zwar noch auf freiem Fuß, aber andere Mitarbeiter sind schon in Haft. Und das zeigt: Sie bieten ein attraktives Arbeitsumfeld für russische und chinesische Spione. Das ist Ihre Spezialität.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Was ist mit dem Bürgermeister in Nordrhein-Westfalen?)
Dass sogar die europäischen Rechtsextremisten und Postfaschisten um Marine Le Pen und Giorgia Meloni nichts mit Ihnen zu tun haben wollen, weil selbst denen die AfD zu rechts ist, muss man erst mal schaffen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Nach all dem, was Sie sich geleistet haben – die Potsdamer Konferenz zur Massendeportation von Mitbürgern, die Spionageskandale, die Verharmlosung der SS –,
(Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Hören Sie doch auf, Lügen zu verbreiten! Kommen Sie zum Thema, Herr Stegner!)
hätte ich mir bei der Europawahl eine deutliche Absage der Wählerinnen und Wähler gewünscht. Die Mehrheit will Sie nicht; das ist gut. Dennoch müssen wir das Wahlergebnis auch als Weckruf für die selbstkritische Reflexion unserer Arbeit nehmen, füge ich hinzu.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Unsere Krisenpolitik ist wirklich nicht schlecht, aber ständiger öffentlicher Streit, handwerkliche und kommunikative Mängel, Sticheln gegen die eigene Regierung: all das hilft den Populisten und Rechtsradikalen. Das sollten wir nicht tun, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und das kann nicht mal der demokratischen Opposition gefallen. Sie freuen sich über Eigentore, wenn wir sie machen. Aber das Spiel ist noch nicht zu Ende, und gegen die Rechten sollten wir besser zusammenhalten, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die demokratischen Fraktionen in diesem Haus sind sich weitgehend einig, dass die heimische Rüstungsindustrie wichtig für die deutsche Sicherheitspolitik ist.
(Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Aha!)
Sie ist auch unverzichtbar für unsere Bundeswehr, die angemessen ausgerüstet sein muss, um die Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit zu sichern.
(Stephan Brandner [AfD]: Hört! Hört!)
Dem diente das Sondervermögen, das wir hier mit großer Mehrheit beschlossen haben. Aber Ausrüstung heißt nicht Aufrüstung. Und ein paar Milliarden mehr in den Bilanzen von Rheinmetall braucht es nicht. Die Branche ist nicht notleidend. Das verstärkt die Sicherheit nicht.
Was wir aber brauchen, ist eine faire Partnerschaft mit den sicherheitsrelevanten Industrien, Planungssicherheit, Innovation und Forschung, robuster Schutz vor Wirtschafts- und Staatsspionage, gute Arbeitsbedingungen. Das gehört dazu. Wir brauchen aber auch Konzernspitzen, die wissen, dass die demokratisch legitimierten Leitlinien der Außen- und Sicherheitspolitik auch der Orientierungsrahmen für eigene wirtschaftliche Handlungen sind.
Was wir nicht brauchen, sind Wucherpreise, die die angespannte Sicherheits- und Marktlage ausnutzen. Was wir nicht wollen, sind legalistische Tricks, um dann Waffen doch irgendwie zu geopolitischen Gegnern und Diktaturen zu schaffen. Innere und äußere Sicherheit, meine Damen und Herren, wird es nie ohne soziale Sicherheit geben.
Wir dürfen niemals vergessen, dass auch Verteidigungsausgaben demokratisch legitimiert und der Bevölkerung erklärt werden müssen. Sozialkürzungen durch die Hintertür mit Verweis auf angeblich vorrangige Rüstungsausgaben: das sägt am Fundament unserer Gesellschaft, und das ist Wasser auf die Mühlen der Rechtspopulisten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn man Ihre Anträge anguckt, dann sieht man, dass die nicht nur falsch, sondern auch an Dreistigkeit nicht zu überbieten sind. Wenn Sie zum Beispiel fordern – ich zitiere –, dass „als Maßstab für Menschenrechtserwägungen ausschließlich verbindliche Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen heranzuziehen“ sind, heißt das auf gut Deutsch: Wladimir Putin soll mit seinem Vetorecht im Sicherheitsrat auch noch die Rahmenbedingungen für die deutsche Sicherheitspolitik bestimmen. So bescheuert, so was zu beschließen, kann man ja gar nicht sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Houben [FDP])
Wie viel Rubel muss man eigentlich bekommen oder wie viel Wodka muss man getrunken haben, um so was in einem deutschen Parlament zu fordern? Schöne Friedenspartei übrigens, die dem Putin zu Diensten ist und der Ukraine die Verteidigung verweigert, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das kommt dann noch obendrauf.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Und auch Ihre Forderung, auf fast alle Exportbeschränkungen zu verzichten und das so zu verankern, dass auch spätere Regierungen das nicht ändern können: Schon mal was von Demokratie gehört? Das ist doch absurd. Das ist Schmierentheater ohne jeglichen Respekt vor diesem Parlament.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich werbe in der Ampelkoalition ausdrücklich dafür, dass wir das umsetzen, was im Koalitionsvertrag steht, nämlich dass wir ein Rüstungsexportgesetz machen, das mit unseren europäischen Partnern abgestimmt ist
(Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Ein weiterer Niedergang der deutschen Industrie!)
und ein nationales Rüstungsexportkontrollgesetz ist, das die Dinge verbessert und transparent ist. Dafür werbe ich sehr. Es wäre gut, wenn wir das noch gemeinsam hinkriegen würden; denn Transparenz ist wichtig, wenn man solche Dinge macht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich finde, wir sollten zeigen, dass so was auch noch zum Schluss einer Legislaturperiode geht. Wenn wir wollen, geht übrigens manches, und daran sollten wir uns, glaube ich, nicht hindern lassen.
Im Übrigen muss ich sagen, wenn man sich das anguckt, was Sie so aufschreiben: Rüstung ist das Einzige, worauf Sie sich beziehen, egal wo sie hingeht. Menschenrechte interessieren Sie überhaupt gar nicht. Von Moral haben Sie gesprochen. Die Moral von der Geschicht: Moral hat man oder nicht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Anträge der Rechtsradikalen lehnen wir ab.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das Wort erhält Klaus-Peter Willsch für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7612965 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 176 |
Tagesordnungspunkt | Rüstungsexportpolitik |