Reinhard HoubenFDP - Rüstungsexportpolitik
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Debatte über die Verteidigungsindustrie steht zwangsläufig unter dem Vorzeichen des Kriegs in der Ukraine und den bewegenden Worten von Wolodymyr Selenskyj hier in diesem Hause. Es war eine Ehre, dass er hier gesprochen hat – so empfinde ich das und wahrscheinlich auch ein großer Teil dieses Hauses. Und ich frage die AfD in diesem Zusammenhang: Wo waren Sie da eigentlich?
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, es ist unsere Pflicht, unseren Freundinnen und Freunden in der Ukraine zur Seite zu stehen. Dabei ist es meiner Meinung nach ein gutes Zeichen, dass deutsche Unternehmen zum Beispiel einen Reparaturbetrieb in der Ukraine gründen, um direkt vor Ort helfen zu können. Und auch die Wiederaufbaukonferenz hier in dieser Woche zeigt: Wir stehen fest an der Seite der Ukraine.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU])
Kommen wir jedoch zu den Anträgen der AfD. Eine Ihrer zentralen Forderungen ist die Priorisierung der deutschen Rüstungsindustrie bei der Beschaffung durch die Bundeswehr. Wirklich überraschend ist das wahrscheinlich nicht; auch in anderen Wirtschaftsbereichen träumen Sie ja von Autarkie.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Resilienz!)
Aber, meine Damen und Herren, die Realität ist eine andere. Rüstung ist auch immer Kooperation – wenn Sie auf der ILA waren, konnten Sie das klar erkennen –, wie bei der deutsch-israelischen Vereinbarung zu dem System Arrow, dem Herstellerquartett für den Eurofighter oder FCAS, ein gemeinsames Projekt mit Frankreich und Spanien. Wer gute Rüstungsgüter haben möchte, muss kooperieren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten und des Abg. Christoph Schmid [SPD])
Deswegen müssen wir auf NATO- und auf EU-Ebene stärker auf gemeinsame Projekte setzen und eben auch gemeinsame Standards schaffen. Und ich bin froh, dass sich Marie-Agnes Strack-Zimmermann von jetzt an in Brüssel für dieses Thema einsetzen kann.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Darüber hinaus – das ist schon vom Kollegen Stegner ausgeführt worden – haben Sie eine sehr merkwürdige Idee, was die Positionierung des UN-Sicherheitsrates angeht. Das, was Herr Stegner ausgeführt hat, reicht meiner Meinung nach ganz deutlich, um zu zeigen, wes Geistes Kind Sie im Grunde sind.
Meine Damen und Herren, Sie werden es mitbekommen haben: Auch die FDP-Fraktion hat sich einige Gedanken zur Stärkung der Rüstungsindustrie gemacht. Ich möchte einige Punkte hervorheben.
Die Industrie braucht mehr Kapital. Das mobilisieren wir, indem wir diese merkwürdige Idee einer negativen Taxonomie für Rüstungsunternehmen verwerfen und das Mandat der Europäischen Investitionsbank an dieser Stelle erweitern. Verteidigung ist wichtig. Man kann sie aber nur umsetzen, wenn man entsprechend in sie investiert.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Darüber hinaus müssen wir Prozesse entschlacken und beschleunigen; wir brauchen das Deutschlandtempo auch bei der Beschaffung. Ein Aggressor wartet im Zweifelsfalle nicht darauf, dass Genehmigungen ordentlich abgeheftet worden sind.
Abschließend noch eine Bemerkung zur AfD. Sie sagen zwar, dass Sie sich für die Ertüchtigung der deutschen Bundeswehr einsetzen und auch die Zeitenwende der Bundesregierung begrüßen. Dabei kuschen Sie bei jeder Gelegenheit vor Wladimir Putin. Es ist der verbrecherische Angriffskrieg Russlands gegen die ganze Ukraine, der uns diese Debatten zur Verteidigungsindustrie führen lässt. Putin ist der Grund, weshalb wir wehr- und verteidigungsfähiger werden müssen. Nennen wir es klar beim Namen!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Erlauben Sie mir, noch etwas an dieser Stelle herauszuarbeiten. Gerade in diesem Bereich muss ganz klar das Primat der Politik gelten. Nicht die Industrie kann vorschreiben, wohin wir exportieren und wohin nicht. Das muss ganz klar hier in diesem Hause und in der Bundesregierung entschieden werden. Deswegen brauchen wir ein neues Rüstungsexportkontrollgesetz. Ich begrüße es; das ist auch von den Kollegen ausgedrückt worden. Wir haben die Zeit dazu; wir sollten das machen, damit wir eine vernünftige Grundlage finden.
Und wir haben eine weitere politische Aufgabe: Wir müssen natürlich auch dafür sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger die Rolle dieser Industrien auch anerkennen. Es kann nicht sein, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bisher immer gesagt haben: Ich bin in einem Technologieunternehmen beschäftigt.
(Beifall des Abg. Dr. Malte Kaufmann [AfD])
Man muss sich wieder trauen können, auf dem Schulhof zu sagen: Mein Vater arbeitet bei Rheinmetall. – Das ist auch eine Aufgabe, die wir haben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Thomas Röwekamp für die Unionsfraktion ist der nächste Redner.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7612968 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 176 |
Tagesordnungspunkt | Rüstungsexportpolitik |