14.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 176 / Zusatzpunkt 10

Christoph SchmidSPD - Rüstungsexportpolitik

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei den Titeln der vorliegenden Anträge der AfD stellt man sich zwangsläufig die Frage: Sind die Herrschaften jetzt lernfähig, oder versuchen sie einfach nur wieder, auf einer billigen populistischen Welle zu reiten?

Es ist schon spannend, dass gerade Sie die Wettbewerbsfähigkeit der wehrtechnischen Industrie stärken wollen, wo Sie doch sonst immer davon ausgehen, dass es für Deutschland gar kein Bedrohungsszenario gibt.

(Leif-Erik Holm [AfD]: Doch! Doch!)

Haben Sie es also vielleicht doch endlich kapiert, dass ein reales Bedrohungsszenario durch Ihren Kumpel und mutmaßlichen Sponsor Wladimir Putin besteht?

(Dr. Malte Kaufmann [AfD]: „Kumpel“?)

Ich glaube, ehrlich gesagt, dass es mit der Lernfähigkeit bei Ihnen leider nicht so weit her ist, und gehe daher wieder davon aus, dass Sie eine billige populistische Welle reiten wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Und ja, wenn man so ein Thema irgendwie mit einem nationalistischen Unterton versehen kann und in irgendeiner Form am besten auch noch Antiamerikanismus unterbringen kann, dann sind Sie mit dabei. Aber vielleicht können Sie aus der Debatte heute doch noch etwas lernen. Ich erzähle Ihnen gerne etwas zu den Beschaffungsprozessen.

Uns allen ist die anspruchsvolle Wettbewerbslage der Wehr- und Sicherheitsindustrie bekannt. Mein geschätzter Kollege Ralf Stegner hat aber durchaus zu Recht darauf hingewiesen, dass die Branche keineswegs notleidend ist. Dennoch müssen wir sicherstellen, dass technologischer Vorsprung dort, wo wir ihn haben, gesichert wird und die Fähigkeiten unserer Industrie erhalten bleiben. Und, Herr Röwekamp, ganz ehrlich: Weder Ralf Stegner noch irgendjemand in der SPD stellt die Industrie ins Abseits. Nein, wir stehen an der Seite der Beschäftigten und der Industrie. Das können Sie uns glauben.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Reinhard Houben [FDP] – Thomas Röwekamp [CDU/CSU]: Nee, das glaube ich nicht!)

Ein wichtiger Aspekt, um die Fähigkeiten zu erhalten, ist natürlich die engere Zusammenarbeit auf der europäischen Ebene. Es kann und darf nicht sein, dass deutsche Unternehmen Nachteile erleiden, weil andere Mitgliedstaaten andere Standards haben. Für die Harmonisierung innerhalb der EU setzt sich sowohl die Bundesregierung als auch unsere Koalition mit Nachdruck ein.

Schon mit der Einrichtung des Sondervermögens haben wir der Industrie bereits ein erstes deutliches Signal gesendet. Dadurch hat sich nicht nur die langfristige Planungssicherheit verbessert, sondern es hat auch noch einmal unterstrichen, wie zuverlässig die Finanzierung von Beschaffungsvorhaben bei uns geplant wird. Darüber hinaus haben wir Beschaffungsprozesse gesetzlich erheblich beschleunigt. Das sind nur zwei entscheidende Schritte, um unsere Verteidigungsfähigkeit zu stärken und unsere Industrie zukunftssicher aufzustellen.

Aber ja, natürlich haben wir im Sinne unserer Wehrhaftigkeit und Ertüchtigung auch Produkte bei unseren Verbündeten erworben; denn an allererster Stelle stehen für uns immer die Anforderungen des Bedarfsträgers, also die Anforderungen der Bundeswehr in all ihren Teilstreitkräften. Sie können sich sicher sein, dass die Verantwortlichen sowohl beim Minister als auch in dieser Koalition in all ihren Fraktionen immer Gehör finden.

Vergleichbar leistungsfähige Systeme zum F-35 oder dem schweren Transporthubschrauber gab es auf dem europäischen Markt einfach nicht. Umso wichtiger ist es jetzt, dass deutsche Unternehmen bei Produktionsanteilen, bei Wartung und Reparatur dieser Systeme beteiligt werden, so wie es bei beiden Systemen auch passiert. So sichern wir den langfristigen Erhalt von Fähigkeiten und Produktionskapazitäten in unserem Land.

Aber ich sage Ihnen auch: Mit all diesen Themen beschäftigen wir uns in unserer Koalition tagtäglich. Wir sind im engen Austausch mit der Industrie, sowohl auf der Ebene der Geschäftsführungen, aber auch mit Arbeitnehmer/-innenvertretungen.

Lassen Sie mich das noch einmal betonen: An allererster Stelle stehen die Interessen des Bedarfsträgers. Zum Glück sieht das auch die Industrie in Deutschland so. Letztlich muss das BMVg auf Grundlage der Anforderungen der Bundeswehr priorisieren, was unsere Truppe braucht, wie unsere Wehrhaftigkeit am besten gestärkt werden kann.

Mich hat in Ihren Anträgen neben dem bereits erwähnten Sicherheitsratsvorbehalt aber eine Passage noch besonders verwundert: Wenn Sie beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz von der angeblichen „Zensurwillkür“ in Deutschland sprechen, dann ist Ihnen anscheinend nicht bekannt, was der Unterschied zwischen einer tatsächlichen Zensur und der Bekämpfung strafbarer Inhalte im Internet ist. Auf jeden Fall können Sie sich aber sicher sein, dass wir Staaten, in denen wirklich Zensurwillkür herrscht, also wie bei Ihren Freunden in Russland und China, sowieso nichts verkaufen wollen. Also keine Angst: Denen wollen wir nichts verkaufen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Helge Limburg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Immer die alte Leier!)

Mir ist – weil Sie das vorhin mit der Weltrettungsideologie gesagt haben – jeder Mensch, der die Welt retten möchte, lieber als jemand, der ein Weltuntergangsszenario heraufbeschwört, wie Sie das immer tun.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Malte Kaufmann [AfD])

Deswegen sind wir auch nicht auf die dumpfe, populistische Unterstützung vonseiten der AfD angewiesen. Heben Sie sich Ihre patriotischen Gefühle für heute Abend auf, für unsere vielfältige und bunte Nationalmannschaft! Da sind sie gut aufgehoben.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Houben [FDP] – Dr. Malte Kaufmann [AfD]: Im rosa Trikot!)

Für die Gruppe BSW hat das Wort Sevim Dağdelen.

(Beifall beim BSW)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7612970
Wahlperiode 20
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt Rüstungsexportpolitik
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