Michael BreilmannCDU/CSU - Nationaler Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit 2024
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, im Laufe der Debatte ist schon deutlich geworden: Wohnen ist ein Menschenrecht, und Wohnungslosigkeit ist die schlimmste Form von Armut. Und die bekämpft man nicht mit menschenfeindlicher Remigration.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es geht bei dieser Debatte um mehr als um die bloße Bereitstellung von Unterkünften. Ein Zuhause zu haben, bedeutet Stabilität, bedeutet Sicherheit und ist Voraussetzung für ein würdevolles Leben. Wohnungslosigkeit manifestiert sich dabei auch nicht nur als Randphänomen. Es bringt Härten mit sich für die Betroffenen: bei der Gesundheitsversorgung, bei der Mobilität, bei der Ernährung oder auch beim Arbeitsmarktzugang. Deswegen kann dieses Thema auch nicht eindimensional gelöst werden, sondern nur gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen. Da wird schon viel getan; ich will später noch mal darauf eingehen. Aber ich will auch sagen: Es war gut und richtig, dass die unionsgeführte Bundesregierung in der letzten Legislaturperiode die Wohnungslosenberichterstattung mit auf den Weg gebracht hat. So haben wir nun Kenntnisse über Struktur und Ausmaß von Wohnungslosigkeit in unserem Land.
(Beifall bei der CDU/CSU)
In der Tat: Dieser Aktionsplan ist erst mal grundsätzlich richtig. Aber wir erwarten – das tun wir bei allen Aktionsplänen dieser Bundesregierung – jetzt auch konkrete Maßnahmen der Bundesregierung und nicht nur Prosa.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist relativ klar: Wenn wir die Wohnungslosigkeit bekämpfen wollen, dann muss es doch in erster Linie darum gehen – das ist Grundvoraussetzung für alle weiteren Maßnahmen –, dass wir das Angebot an Wohnraum erhöhen. Deswegen sage ich in Richtung Bundesregierung: Wenn Sie die Baukrise nicht in den Griff bekommen, dann werden Sie Ihr Ziel, bis 2030 die Wohnungslosigkeit zu beenden, nicht erreichen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es muss mehr gebaut werden. Das Stichwort lautet: Bauen, bauen, bauen.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist zu einfach!)
Wir müssen runterkommen von den hohen Baukosten. Wir müssen schneller und effizienter bauen.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Ganz was Neues!)
– Ja, das ist ganz was Neues; Sie machen es ja nicht. Wir können es Ihnen noch mehrere Male vorhalten.
Das bedeutet: einen klaren, rechtssicheren Rahmen, Entschlackung von Bauvorschriften, Digitalisierung und Beschleunigung. Deswegen ist mir der Einwand von Frau Geywitz, dieser Aktionsplan sei nur der Anfang, auf die Kritik, dass die Maßnahmen in diesem Aktionsplan nicht weit genug gingen, ein bisschen zu einfach. Aber in der Tat brauchen wir über die Bereitstellung von Wohnraum hinaus natürlich auch eine weiter gehende Strategie. Denn Wohnungslosigkeit hat komplexe Ursachen. Da will ich mal den Blick auf andere Bundesländer richten, zum Beispiel auf mein Heimatland NRW. Da folgen wir dem Housing-First-Ansatz. Das gilt als Paradigmenwechsel in der Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe. Da haben wir ein Instrument, das deutschlandweit erfolgreich sein kann. Aber dann müssen wir im Rahmen des Nationalen Aktionsplans bitte auch dafür sorgen, dass der Bund die Länder mit entsprechenden Mitteln für Housing First dauerhaft ausstattet. Das wäre mal eine konkrete Maßnahme.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein normales Mietverhältnis ist dabei der Anfang und nicht das endgültige Ziel.
In meinem Wahlkreis Recklinghausen sind die Jobcenter Träger von Kümmerer-Projekten. Da wird im Übrigen zusammengearbeitet mit der Wohnungswirtschaft; das Sozialministerium NRW hat Kooperationsvereinbarungen geschlossen. Diese Projekte in Recklinghausen laufen. Also: Es wird schon viel getan, auch in den Kommunen.
Ich sage Ihnen auch: Hören Sie auf mit der Vermieterschelte! Wir werden die Probleme nur in den Griff bekommen mit den Vermietern und nicht gegen die Vermieter.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie mich zum Schluss vielleicht noch einen Punkt ansprechen, der in der Debatte noch gar nicht richtig zum Ausdruck gekommen ist. Wir erleben insgesamt in unserer Gesellschaft ja doch eine Verrohung und auch sinkende Hemmschwellen beim Thema Gewalt. Das Gewaltthema macht auch bei der Wohnungslosigkeit nicht halt. Gewalt gegen Obdachlose ist leider kein Einzelfall. Von den nicht wohnungslosen Tätern werden die Betroffenen häufig als minderwertig betrachtet, mit denen man machen könne, was man wolle. Deswegen müssen wir uns auch mit diesem Thema auseinandersetzen. Natürlich gilt auch da eine konsequente Strafverfolgung. Aber häufig erstatten Wohnungslose aus Scham oder wegen des Irrglaubens, dass der Staat ihnen nicht helfen wird, keine Anzeige. Das muss sich ändern. Das zeigt im Grunde genommen: Wohnungen für Obdachlose und für Wohnungslose sind auch geschützte Räume.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen müssen wir auch eine innenpolitische Debatte dazu führen. Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen.
Was ganz wichtig ist: Wir brauchen jetzt einen Bauturbo. Wir müssen bauen, bauen, bauen. Das Wohnraumangebot muss drastisch erhöht werden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion ist Brian Nickholz der nächste Redner.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7612981 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 176 |
Tagesordnungspunkt | Nationaler Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit 2024 |