14.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 176 / Tagesordnungspunkt 23

Anne KönigCDU/CSU - Änderung des Hochbaustatistikgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bartol, es war ja zu erwarten, dass Sie versuchen werden, sich Ihr Gesetz selbst schönzureden.

(Marianne Schieder [SPD]: Ja, weil es schön ist!)

Dazu kann ich wie Ihr früherer Kanzlerkandidat Steinbrück nur sagen: Autosuggestion ist auch eine politische Kunstform.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Aha! So, so! – Marianne Schieder [SPD]: Ja, wenn es schön ist, was soll man da anderes tun?)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, heute werden wir leider Zeuge, wie das Hochbaustatistikgesetz der Ampel seinen weiteren Weg nimmt. Ich wiederhole meine Bewertung aus der ersten Lesung: Vom Wiegen wird die Sau nicht fett.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: So ist das! Genau so!)

Genauso ist es beim Wohnungsbau: Durch Zählen allein kommt keine einzige Wohnung zustande.

Ein wenig erinnert mich das übrigens an die Planwirtschaft in der DDR. Dort schmückten sich die Chefplaner auch mit ihren Zahlen, wie viele Trabbis vom Band gelaufen sind und wie viele Kühlschränke ausgeliefert worden sind. Wir alle wissen: Diese Zahlen sollten nur den Mangel kaschieren.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Mangel leiden auch die Menschen heute unter Ihrer Regierung: Mangel an bezahlbarem Wohnraum.

(Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist bitter, und das wird durch Ihr Gesetz auch kein bisschen besser; denn es kommt zur Unzeit, und es ist schlecht gemacht, handwerklich wie politisch.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Emily Vontz [SPD])

Das haben in der Ausschussanhörung gleich mehrere Sachverständige aus der Praxis festgestellt, und auch die Baubranche warnte: Qualität geht vor Schnelligkeit.

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Geht es nach Ihnen, verehrte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank, soll die Zählerei 2025 losgehen. Aber bis dahin sind die Baubehörden gar nicht voll digitalisiert.

(Franziska Mascheck [SPD]: Ach so! Das sollten sie bis 2022 schon sein!)

Ich weiß nicht, ob Sie in Ihren Büros jede E-Mail, die reinkommt, erst ausdrucken, dann wieder einscannen und am Ende abheften. Aber so ungefähr wird es 2025 in den Baubehörden laufen,

(Brian Nickholz [SPD]: Aber warum? Was machen denn die Länder? – Franziska Mascheck [SPD]: Wann sollen sie denn digitalisiert sein?)

eben weil die Schnittstellen bei den Fachverfahren noch nicht digitalisiert sind. Es wird doppelte und dreifache Buchführungen geben. Wir werden mit Ihrem Gesetz Beamtinnen und Beamte beschäftigen, die andere sinnvolle Dinge zu tun hätten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Darum noch mal, auch zum Mitschreiben für alle: Eine PDF ist keine Digitalisierung, und Statistik ist kein Selbstzweck. Was wir beim Baurecht brauchen, ist Verschlankung. Sie dagegen blähen den Apparat weiter auf, weil Sie Daten abfragen wollen, die die Baugenehmigungsbehörden im Genehmigungsprozess gar nicht mehr erheben. Und wenn diese Behörde nicht alle Daten hat, wird sie natürlich im Einzelfall wieder beim Bauherrn nachfragen. Die Telefondrähte werden glühen, während die Stapel an ungenehmigten Bauvorhaben immer weiter in die Höhe wachsen. Das ist doch der totale Murks!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Roger Beckamp [AfD])

Nun komme ich zu einer weiteren Schwachstelle Ihres Gesetzes. Es macht keinen Sinn, Daten so engmaschig zu erheben, wie Sie das planen. Die Erfahrungen aus dem letzten Jahr allein zeigen, dass 65 Prozent der Fertigstellungsmeldungen im Dezember abgegeben werden. Das gibt dann schöne Ausschläge in Ihrer Monatsstatistik, eine sinnvolle Konjunkturanalyse sieht allerdings anders aus, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Der größte Einwand gegen Ihr Vorhaben – da sind sich die Landesverwaltungen und Statistischen Landesämter einig –: Sie agieren planlos und hektisch, wenn Sie 2025 loslaufen. Warten Sie doch bitte die Gesetzgebung der EU ab! Es macht doch keinen Sinn, jetzt einen nationalen Rechtsrahmen zu schaffen, wenn wir noch gar nicht wissen, was die EU überhaupt von uns will. Das Einzige, was feststeht, ist doch: 2025 will die EU noch gar keine Daten von uns. – Daher meine dringende Empfehlung: Ziehen Sie Ihr Gesetz heute zurück! Denn ansonsten gehört dieses Gesetz am Ende auch in die lange Reihe der Ampelgesetze, die wir wieder und wieder nachbessern müssen.

Deshalb noch einmal: Praxis vor Theorie und nicht umgekehrt.

(Marianne Schieder [SPD]: Deswegen nichts tun, oder wie?)

Das heißt: einen Schritt nach dem anderen gehen. Qualität vor Schnelligkeit. Und hören Sie auf damit, die Menschen immer wieder mit schlechten Gesetzen und mehr Bürokratie zu drangsalieren! Es reicht! Davon haben wir alle wirklich genug.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Roger Beckamp [AfD])

Der nächste Redner für Bündnis 90/Die Grünen ist Kassem Taher Saleh.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613002
Wahlperiode 20
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt Änderung des Hochbaustatistikgesetzes
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