14.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 176 / Zusatzpunkt 15

Anja WeisgerberCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Deutsche Autofahrer schützen - Mutmaßlichen Klimabetrug in China beenden

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hühnerställe anstatt effizienter Gaskessel, das ist nur eines von vielen Beispielen für Klimaschutzprojekte in China, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Wenn bei Klimaschutzprojekten im Ausland seriös und nachweisbar Klimagase eingespart werden, können die Mineralölhersteller dafür Zertifikate erhalten, mit denen sie ihre Treibhausgasminderungsquote, also ihre Klimaziele im Verkehrssektor, erfüllen. Diese Option ist allerdings auf 1,2 Prozent gedeckelt; das ist in der ganzen Debatte noch gar nicht erwähnt worden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Daniel Rinkert [SPD]: Doch, habe ich gesagt! Ich habe es gesagt! – Judith Skudelny [FDP]: Herr Rinkert hat es gesagt!)

Jetzt wurde aufgedeckt, dass rund 60 dieser Projekte in China nur vorgetäuscht waren und erfundene Projekte zu Unrecht zertifiziert wurden. Branchenvertreter gehen von einem sehr, sehr hohen Schaden, einem Schaden in Milliardenhöhe aus. Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, dann haben wir es mit einem der größten Umweltskandale in der Geschichte der Bundesrepublik zu tun, meine Damen und Herren.

Jetzt will ich einmal Folgendes klarstellen: Es handelt sich dabei um ein Kontrollversagen, um ein Vollzugs- und Kontrollversagen der zuständigen Behörden. Umweltministerin Lemke muss endlich handeln und umfassend aufklären. Sie kann sich nicht immer nur hinter dem Umweltbundesamt, einer nachgeordneten Behörde, verstecken und darauf verweisen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie selbst hat die Rechtsaufsicht, und sie selbst muss die politische Verantwortung dafür übernehmen.

(Marianne Schieder [SPD]: Ja, macht sie doch! Sie kümmert sich doch drum! Aber hexen kann sie nicht und zaubern auch nicht! – Zuruf des Abg. Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Zertifikate, die man für Klimaschutzprojekte erwerben kann, nennen sich UER-Zertifikate. Die Abkürzung UER steht für „Upstream Emission Reduction“; denn es geht um die Reduktion von Treibhausgasen bei der Erdöl- und Erdgasförderung. Durch das Verhalten dieser Bundesregierung steht UER für mich allerdings für „unfassbar, einfältig und ratlos“. Warum?

(Beifall bei der CDU/CSU – Judith Skudelny [FDP]: Weil ihr es eingeführt habt, 2018!)

Es ist unfassbar, wie lange es gedauert hat, bis das Umweltbundesamt und das Bundesumweltministerium aufgrund des Kontrollversagens – liebe Frau Skudelny, Sie haben es immer noch nicht verstanden und mir anscheinend nicht zugehört – tätig wurden.

(Judith Skudelny [FDP]: Sie haben Herrn Rinkert nicht zugehört!)

Bereits im August 2023 erhielten sie erste Hinweise auf massive Verdachtsfälle. Warum hat es dann bis zum Mai dieses Jahres gedauert, bis das Umweltministerium eine neue Verordnung ins Kabinett eingebracht hat?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nach dem, was wir bisher gehört haben, drängt sich der Verdacht auf, dass das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt viel zu spät wirklich tätig geworden sind. Es hat acht Monate gedauert, bis erste von außen erkennbare Konsequenzen gezogen wurden. Das kann doch nicht sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch die Ausrede, die wenigen Mitarbeiter im Umweltbundesamt hätten erst mal umfangreiche Fragen an die Zertifizierer stellen müssen, macht mich fassungslos.

(Judith Skudelny [FDP]: Weil der Rechtsstaat so was Blödes für die CDU/CSU ist!)

Wenn die Verantwortlichen im Umweltbundesamt die Indizien von Anfang an richtig ernst genommen hätten, dann hätten sie Personal umschichten müssen, und der Vollzug sowie die Kontrolle dieser Projekte hätten intensiviert werden müssen.

(Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie machen eine schlechte Regelung, und wir müssen die ausbaden!)

Das Bundesumweltministerium als Aufsichtsbehörde hätte sich von Anfang an mit dem Kontrollversagen dieses Ausmaßes befassen müssen, aber nichts ist geschehen. Frau Lemke und Herr Messner, ich muss es leider so sagen: Es drängt sich der Eindruck auf, Sie haben Ihren Laden nicht im Griff, und Krisenmanagement können Sie anscheinend nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das E in UER steht für mich für „einfältig“; denn geradezu einfältig ist die Herangehensweise bei der Kontrolle der Projektanträge. Der UBA-Präsident gibt selbst zu, dass der Abruf der Geodaten – Google Earth lässt grüßen – erst erfolgte, nachdem die ersten Verdachtsfälle gemeldet wurden. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Warum wurde ein solch einfaches Überprüfungsinstrument nicht schon vorher genutzt? Das hat selbst Frau Skudelny im Ausschuss hinterfragt.

(Judith Skudelny [FDP]: Ja, aber ich habe der Antwort zugehört! Sie nicht!)

Dann wären dem Umweltbundesamt die Anlagen, die angeblich in der chinesischen Wüste stehen – und die es nicht gibt –, viel früher aufgefallen. Das ist doch die Wahrheit.

(Zuruf des Abg. Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zu guter Letzt: Das Bundesumweltministerium handelt und argumentiert ziemlich ratlos; das R steht für mich für „ratlos“. Ihm fällt nichts Besseres ein – auch den Abgeordneten der Ampelkoalition nicht –, als mal wieder auf die Vorgängerregierung zu verweisen. Nur zur Kenntnis: 2018 hieß die sozialdemokratische Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Aber noch mal: Es handelt sich nicht um ein Versagen des Gesetzgebers, sondern um ein Vollzugs- und Kontrollversagen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thomas Ehrhorn [AfD])

Viele Fragen sind noch offen, die jetzt von Ihnen aufgeklärt werden müssen. Als Union fordern wir ein sofortiges Moratorium, bis die Aufklärung wirklich erfolgt ist.

(Daniel Rinkert [SPD]: Na, wunderbar!)

Wir werden mit all unseren parlamentarischen Mitteln an diesem Fall dranbleiben.

(Sebastian Roloff [SPD]: Untersuchungsausschuss! Läuft gerade gut!)

Bundesumweltministerin Lemke muss sich dieser Verdachtsfälle nun endlich richtig annehmen und sie zur Chefsache machen; denn es ist allerhöchste Zeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlicher Vortrag! – Thomas Ehrhorn [AfD]: Ein Rücktritt wäre angemessen!)

Das Wort hat der Kollege Mathias Stein für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613023
Wahlperiode 20
Sitzung 176
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Deutsche Autofahrer schützen - Mutmaßlichen Klimabetrug in China beenden
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