26.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 177 / Tagesordnungspunkt 1

Marja-Liisa VöllersSPD - Regierungserklärung: Europäischer Rat u. NATO-Gipfel

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesministerinnen und Bundesminister! Meine Damen und Herren! In diesem Jahr – wir haben darauf bereits hingewiesen – begehen wir 75 Jahre Bestehen der NATO – 75 Jahre, in denen es dank der einzigartigen Verpflichtung zur kollektiven Verteidigung der NATO keinen bewaffneten staatlichen Angriff auf NATO-Territorium gab. Dennoch – ich glaube, das ist uns allen auch sehr klar – gibt es keinen Grund zur Freude. Der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg auf die Ukraine zeigt uns, wie wichtig und notwendig die NATO nach wie vor und immer noch ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, daher bleibt die NATO das Fundament unserer kollektiven Sicherheit. In diesen Zeiten der globalen Unsicherheit und wegen der großen Herausforderungen, die diese mit sich bringen – „Zeitenwende“ ist, glaube ich, nicht nur in Deutschland seit zweieinhalb Jahren ein fester Begriff –, aber nicht nur deswegen ist die NATO ein unverzichtbares Bündnis und eben der Garant für unsere Sicherheit auch hier in Europa.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch etwas anderes unterscheidet uns fundamental von anderen lockeren staatlichen Zusammenschlüssen: Wir haben diesen großen Wert der Demokratie, der die Staaten der NATO zusammenhält. Weil die NATO eben in erster Linie ein Bündnis ist, in dem Entscheidungen von Staats- und Regierungschefs getroffen werden, gibt es aber auch die Parlamentarische Versammlung der NATO, deren stellvertretende deutsche Delegationsleiterin ich sein darf.

Mit vielen Kolleginnen und Kollegen aus diesem Haus haben wir erst kürzlich in Sofia in Bulgarien Ende Mai eine Resolution zur weiteren Unterstützung der Ukraine beschlossen, eine Resolution, die genau das beschreibt, was auch die Staats- und Regierungschefs aller Voraussicht nach in gut zehn Tagen in Washington auf ihrem Gipfel miteinander vereinbaren werden. Das zeigt, wie wichtig uns unser Bündnispartner ist und wie groß der deutsche Anteil an der Unterstützung der Ukraine, aber auch im NATO-Bündnis mittlerweile geworden ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Debatte hat doch einiges gezeigt: viel Einigkeit und an den Rändern sehr viel Uneinigkeit. Aber sie hat auch gezeigt, dass es durchaus ein Wahrnehmungsproblem dessen gibt, was wir als Deutschland als Beitrag in unser Bündnis hineingeben, auch in der Unterstützung der NATO und der Ukraine. Und: Ja, wir werden in Wiesbaden ein großes NATO-Kommando bekommen, wo die Unterstützungen der Ukraine gebündelt werden, wo Kooperationen stattfinden, wo Ausbildungen koordiniert werden.

Aber – das ist auch etwas, was in Sofia, in Bulgarien, eine große Rolle gespielt hat – wir gehen „in the lead“, wie man so schön sagt. Stoltenberg, unser scheidender Generalsekretär, hat in seinem Grußwort noch einmal betont, dass beispielsweise die deutsche Flugabwehrinitiative Patriot ein großer Beitrag war. Auch viele andere NATO-Partner müssen diesen Beitrag noch erfüllen. Darum lassen Sie sich bitte nicht einreden, der deutsche Beitrag in der NATO wäre klein, wäre unwichtig. Das ist falsch.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss möchte ich noch mal einen Punkt herausschälen, der mir heute ein bisschen zu kurz gekommen ist. Wir haben vor gut zweieinhalb Jahren eine Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums gehabt, dem ich angehören darf. Dort hat der Präsident unseres Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, etwas gesagt, was die Lage sehr, sehr eindrücklich schildert. Herr Haldenwang sagte – Zitat –: „Russland ist der Sturm, China ist der Klimawandel.“ Diese Perspektive dürfen wir bei all dem, auch wenn wir über die NATO sprechen, nicht ganz vergessen. Ja, hier in Europa ist Russland unser großer Gegner. Natürlich wollen wir kein aktiver Kriegsteilnehmer werden. Wir müssen die Ukraine auch weiterhin unterstützen.

Aber wir sehen halt überall hybride Angriffe. Reden Sie mal mit Kolleginnen und Kollegen aus Estland und Finnland, wie sie das Entfernen von Markierungsbojen zwischen den Staatsgrenzen fanden. Sie nehmen Bedrohung komplett anders wahr. Ihnen schulden wir es auch, dass wir uns hier weiter miteinander engagieren und einen wachsamen Blick darauf haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich habe ja eben über „Deutschland führt“ gesprochen. Die Brigade in Litauen, die dank Bundesminister Pistorius jetzt im Aufbau ist, ist auch ein integraler deutscher Beitrag zur Sicherung unserer Ostflanke, liebe Kolleginnen und Kollegen. Auch das sollten wir an der Stelle nicht kleinreden.

Ich wünsche dem Bundeskanzler bei seinen Verhandlungen beim Gipfel in Washington sehr, sehr viel Erfolg. Ich weiß, die NATO ist eine gute Gemeinschaft. Die NATO ist in der Demokratie begründet. Wir werden es gemeinsam schaffen, die Herausforderungen der heutigen Zeit, aber auch die Herausforderungen in der Zukunft sinnvoll und gut miteinander zu lösen. In diesem Sinne: Ihnen und uns allen gute Beratungen und insbesondere dem Bundeskanzler viel Erfolg – für uns alle, für unser Land.

Danke.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Völlers. – Vorletzter Redner in der Debatte ist der fraktionslose Abgeordnete Johannes Huber.

(Beifall der Abg. Robert Farle [fraktionslos] und Thomas Seitz [fraktionslos])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613164
Wahlperiode 20
Sitzung 177
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung: Europäischer Rat u. NATO-Gipfel
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