Bernd RützelSPD - Ausnahme beim Mindestlohn ausländischer Erntehelfer
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir diskutieren in dieser Debatte über einen Antrag der AfD, die in diesem Antrag fordert, für die ausländischen Erntehelfer den Mindestlohn abzuschaffen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur für ausländische Arbeiter!)
Alle die, die in der Landwirtschaft tätig sind, wissen, dass man Äpfel nicht mit Birnen vergleicht. Wenn ich mir den Mindestlohn in Deutschland oder in Spanien oder sonst wo angucke, ist klar: Wir dürfen nicht nur die Eurobeträge vergleichen, sondern wir müssen den Durchschnitt vergleichen; denn das ist vergleichbar.
In Deutschland haben wir einen Mindestlohn, der 53 Prozent des Medians beträgt. In Luxemburg ist der Mindestlohn höher. In Frankreich ist der Mindestlohn höher. In Polen ist der Mindestlohn höher. In Rumänien ist der Mindestlohn höher. In Slowenien ist der Mindestlohn höher. Und in Portugal ist der Mindestlohn höher.
(Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Hört! Hört!)
Spanien ist ungefähr vergleichbar; dort liegt er bei 50 Prozent des Medians. Und selbst in Ungarn liegt er bei 48 Prozent. In Griechenland liegt er – ähnlich wie bei uns – bei 50,6 Prozent. – Die Zahlen habe nicht ich erfunden; das sind statistische Werte. Zu sagen, dass der Mindestlohn zu hoch ist, ist also nicht akzeptabel.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Hinzu kommt, dass wir nicht in der Lage sind, ohne ausländische Kräfte unser Obst von den Feldern zu holen. Wer Obst aus Deutschland möchte, ist auf Ausländer, die hier arbeiten, angewiesen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Diese Menschen arbeiten, beginnend mit der Spargelzeit, den ganzen Sommer über – auf Knien, in gebückter Haltung, im Liegen; denn die Gurken waren nicht immer im Glas; die müssen gepflückt werden –,
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)
und wenn der Wein bei uns in Franken in den Fässern lagert, dann gehen diese Menschen nach Nürnberg und machen Lebkuchen. Das heißt, sie sind wieder in der Saisonbranche tätig. Von daher sind wir darauf angewiesen, dass Menschen zu uns kommen und uns helfen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die kommen ja nicht mehr!)
Aber wir sehen beide: Wir sehen die Menschen, die eine würdige Arbeit verrichten – deswegen ist der Mindestlohn eine absolute Lohnuntergrenze, eine Anstandsgrenze; darunter geht nichts, egal wer was macht –,
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [Die Linke])
aber wir sehen auch die Bäuerinnen und Bauern.
Carl-Julius Cronenberg hat gerade viel darüber gesagt, wie wir helfen. Wir haben mit dem Mindestlohn die sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung von 50 auf 70 Arbeitstage ausgeweitet. Wir haben genau beschrieben, dass Kost und Logie vom Mindestlohn abgezogen werden kann, wenn die Standards eingehalten sind, und der Bund – das wird immer wieder vergessen – zahlt beträchtliche Zuschüsse in die Alterssicherung der Landwirte; ungefähr 80 Prozent bezahlt der Bund dazu. Das ist auch richtig und notwendig, und das muss an dieser Stelle auch mal gesagt werden.
Die Redezeit ist um, Herr Kollege.
Wir stehen an der Seite aller: vom Hofbesitzer bis zur Saisonarbeitskraft, die auf unseren Feldern tätig ist.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 20 |
Session | 177 |
Agenda Item | Ausnahme beim Mindestlohn ausländischer Erntehelfer |