27.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 178 / Tagesordnungspunkt 7

Axel EcheverriaSPD - Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2023

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Natürlich! – Jörn König [AfD]: Mein Gott!)

Die Debatte über den Jahresbericht ist in jedem Jahr die Sternstunde des Petitionsausschusses. Das ist auch nicht ganz so schwer; denn es ist die einzige Stunde, wo wir hier diskutieren und über unsere Arbeit berichten können.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Vielleicht erst mal ausnüchtern!)

Ich denke, in den meisten Fraktionen oder allen Fraktionen wird es genauso sein wie in meiner: Im Zuge des Jahresberichts fällt wieder auf, wie viel Arbeit wir machen und wie wichtig unsere Arbeit ist. Die lobenden Worte tun gut; aber es ändert nichts daran,

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Ausnüchtern!)

dass der Petitionsausschuss nicht das Prestige und die Zeit bekommt, die er eigentlich verdient.

(Zuruf der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD])

Er ist der einzige echte Zugang für Bürgerinnen und Bürger, um ihre Ideen direkt ins Parlament zu tragen. Die Zahlen dazu hat die geschätzte Vorsitzende Martina Stamm-Fibich schon genannt. Wir sprechen von insgesamt 2 000 Petitionen weniger; das ist ein Sechstel. Das sollte uns zu denken geben, gerade in einer Zeit, in der wir gesellschaftliche Debatten führen.

Als Ampelparteien haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, das Petitionswesen zu modernisieren. Damit steht diese Koalition in der Tradition der sozialliberalen Koalition und der rot-grünen Koalition. Immer wenn die progressiven Kräfte hier im Haus die Mehrheit hatten, haben wir das Petitionsrecht erneuert, und niemals, wenn die Konservativen an der Macht waren.

Auch dieses Mal hat die CDU/CSU leider die historische Möglichkeit verpasst, Veränderungen zu unterstützen. Wir wollen und werden den Petitionsausschuss aufwerten, nicht nur hier im Haus, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger. Daher ist es richtig und wichtig, dass wir die Hürden für eine öffentliche Behandlung einer Petition im Ausschuss von 50 000 auf 30 000 Unterstützer senken und gleichzeitig die Frist für die Zeichnungen von vier auf sechs Wochen verlängern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])

Das klare Zeichen, das wir als Ampel bzw. als Parlament heute in die Republik senden, ist: Ja, die Meinung und die Ideen der Menschen sind uns wichtig. Und ja, wir wollen diese mit ihnen diskutieren. – Sie haben gesagt, dass unsere Maßnahmen nur ein Placebo wären, Herr Mattfeldt. Sorry, aber es ist kein Bittstellerrecht. Es ist das Petitionsrecht, und das ist ein Grundrecht. Da liegen Sie daneben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Darüber hinaus – das haben Sie angesprochen – werden wir uns in Zukunft im Ausschuss die Ablehnung einstimmiger Voten ganz genau ansehen. Es darf nicht sein, dass die Bundesregierung einstimmige Beschlüsse des Petitionsausschusses und im späteren Verlauf auch die des Deutschen Bundestages mit einigen kurzen Zeilen zur Seite wischt.

Ziel ist es – und ich glaube, da spreche ich für den gesamten Ausschuss, egal aus welcher Farbenkombination die Bundesregierung sich zusammensetzt –, das Recht, die Bundesregierung in den Ausschuss vorzuladen, häufiger in Anspruch zu nehmen. Das ist aus meiner Sicht auch ein sehr starkes Zeichen des Parlaments.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Weniger stark finde ich die Zeichen, die die CDU/CSU heute sendet. So zu tun, als seien die vorgeschlagenen Änderungen vom Himmel gefallen und insgesamt nur ein Reförmchen, ist blanker Hohn. Wir haben uns als Ampelfraktionen gut zwei Jahre lang Gedanken gemacht. Wir haben vor Monaten den Ausschussdienst hinzugezogen und im Zuge der Beratungen letztendlich auch Teile der Opposition mit ins Boot geholt. Jetzt so zu tun, als seien die Vorschläge vom Himmel gefallen, und unterschwellig zu behaupten, das sei nur ein Reförmchen, das ist aus meiner Sicht, ehrlich gesagt, einfach nur schäbig.

Historisch betrachtet hatte die Union oft ein zwiespältiges Verhältnis zu Petitionen. Noch 2005 haben Sie gegen die Einführung digitaler Petitionen und gegen öffentliche Ausschusssitzungen gestimmt.

(Zuruf des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])

Ihre Argumente waren die gleichen wie heute: Wie sollen wir das denn schaffen? Dann stellt ja bald jeder eine Petition usw. usf. und so falsch! Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, die Geschichte hat den progressiven Kräften recht gegeben,

(Zuruf des Abg. Jörn König [AfD])

und öffentliche Ausschusssitzungen sind heute kaum noch wegzudenken und auch bei Ihnen eigentlich grundsätzlich beliebt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für mich und meine Fraktion ist das Petitionswesen der richtige Kompromiss zwischen direkter und repräsentativer Demokratie. Und daher ist es auch richtig und wichtig, in diesem Bereich nachzusteuern. So verbessern wir die Möglichkeiten des direkten Einflusses der Bürgerinnen und Bürger und arbeiten gegen Politikverdrossenheit.

Wenn es nach den Ampelfraktionen im Petitionsausschuss geht, werden wir unsere Erneuerungen um einen weiteren Punkt ergänzen. Wir wollen die Möglichkeit schaffen, dass Petitionen mit 100 000 oder mehr Mitzeichnungen hier im Plenum diskutiert werden. Das würde den Ausschuss und das Petitionswesen um ein Vielfaches aufwerten. Daher wünsche ich den Kolleginnen und Kollegen aus dem Geschäftsordnungsausschuss gutes Gelingen bei den Verhandlungen; denn dort muss dieser Punkt geklärt werden.

Lassen Sie uns eine Sache festhalten: Alles in allem bringen wir in dieser Legislatur die grundlegendste Erneuerung des Petitionswesens auf den Weg. Wir öffnen das Hohe Haus ein ganzes Stück weit den Bürgerinnen und Bürgern, und das ist auch gut so. Ich hoffe, in Zukunft öfter und mehr im Rampenlicht über das Petitionsrecht und die Petitionen zu berichten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Alice Weidel [AfD]: Erst mal ausnüchtern!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613257
Wahlperiode 20
Sitzung 178
Tagesordnungspunkt Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2023
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