27.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 178 / Tagesordnungspunkt 7

Annika KloseSPD - Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2023

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorab ein Satz an Frau Bernstein: Wie schade, dass weder Sie – obwohl Sie diese Petition so wichtig fanden – noch irgendwer sonst aus der Unionsfraktion Zeit gefunden hat, an dem Vor-Ort-Termin teilzunehmen. Ich glaube, Sie hätten bestimmt auch noch was daraus mitgenommen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Ja, was sollten wir denn da auch?)

Die Petentin war vor Ort, und sie hat sich auf jeden Fall sehr darüber gefreut. So viel vorweg.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Sie hätte sich mehr gefreut, wenn Sie etwas geändert hätten!)

Sehr geehrte Damen und Herren, Petitionen sind der direkte Draht, um sich an den Deutschen Bundestag zu wenden. Ich finde, die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes haben sich da vor 75 Jahren etwas richtig Gutes ausgedacht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Petitionsrecht ist nämlich ein Jedermannsrecht. Das heißt, es gilt für jede Person, unabhängig davon, wie alt sie ist, ob sie in Deutschland wohnt oder ob sie die deutsche Staatsbürgerschaft hat. Es ist wichtig, dass sich jede Person mit Anliegen an uns wenden kann, Gehör findet und eine Antwort bekommt. Ich finde es gut, dass im Jahr 2023 11 410 Petitionen eingereicht wurden. Das sind im Schnitt 46 Petitionen am Tag. 253 Eingaben pro 1 Million Einwohner/-innen kamen aus Berlin. Damit ist Berlin wieder mal in Folge Spitzenreiter. Als Berlinerin freut mich das natürlich ganz besonders.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir als Ampelkoalition arbeiten daran, dass das Petitionswesen reformiert wird. So wird es für die Menschen einfacher, dieses Recht wahrzunehmen und sich an den Deutschen Bundestag zu wenden. Wir wollen aber auch das Leben für die Menschen hinter den Kulissen leichter machen, nämlich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Petitionsausschusses; denn sie leisten jeden Tag großartige Arbeit. Wenn sie weniger Zeit für bürokratisches Hin und Her aufwenden müssen, haben sie auch mehr Kapazitäten für die inhaltlichen Anliegen der Menschen. Und das ist so wichtig. Danke, dass Sie sich da so reinknien. Vielen Dank für Ihre Arbeit!

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch ein großer Dank geht an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesministerien, die sich mit den Petitionen auseinandersetzen und mit uns um die besten Lösungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger ringen. Durch ihre Arbeit wird nicht nur Abhilfe für die Anliegen der Bürger/-innen geschaffen, sondern auch das Vertrauen in unsere Demokratie und ihre Funktionsfähigkeit gestärkt. Vielen Dank dafür!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für uns Abgeordnete ermöglichen die Petitionen immer wieder auch Einblicke in die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger. Das geht von sehr persönlichen Schicksalsschlägen bis hin zu den großen Fragen der Weltgeschichte. Und immer mal wieder landen Petitionen auf unseren Schreibtischen, die einen nicht mehr loslassen. Ich möchte Ihnen von einer Petition berichten, mit der ich mich gerade befasse und hinter die wir uns klemmen. Die Petition fordert die Rehabilitation von Rudolf Douala Manga Bell, dem König der Douala, und seinem Vertrauten Ngoso Din. Die beiden wurden im Jahr 1914 im heutigen Kamerun von der deutschen Kolonialregierung hingerichtet. Dem vorausgegangen war der friedliche Protest von König Douala gegen die Zwangsumsiedlung und die Enteignung seines Volkes. Da er die deutsche Bürokratie gut kannte, stellte König Rudolf unter anderem eine Petition an den Deutschen Reichstag. Daraufhin wurde ihm von der deutschen Kolonialverwaltung der Prozess gemacht. Die Anklage lautete Hochverrat. Bereits in der zeitgenössischen Presse wurde von einem Scheinprozess gesprochen.

Staatsministerin Katja Keul hat 2022 in Douala klargemacht, dass es sich bei dem Urteil gegen Rudolf Manga Bell und Ngoso Din um ein Unrechtsurteil handelte. Ein kleiner Schritt auf dem Weg zur Wiedergutmachung, aber ein wichtiger!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Er zeigt, dass nicht nur die demokratischen Fraktionen hier im Parlament, sondern die ganze Bundesregierung mit großem Ernst und Bedauern auf die Verbrechen der deutschen Kolonialherrschaft blicken. In einem Berichterstattergespräch, das wir anlässlich der eingereichten Petition angesetzt haben, konnten wir uns von diesem Bemühen der Bundesregierung überzeugen. Doch auch wir als Parlament sind gefragt, uns Gedanken darum zu machen, wie wir unseren Anteil zur Aufarbeitung des kolonialen Unrechts leisten können.

Dem unablässigen Engagement der Familie Manga Bell ist es zu verdanken, dass die Schicksale von König Rudolf und Ngoso Din auch in Deutschland mehr in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP])

In Ulm, Aalen und in meinem Wahlkreis Berlin-Mitte gibt es inzwischen nach Manga Bell benannte Plätze. Am 8. August dieses Jahres jährt sich der Todestag von Rudolf Douala Manga Bell und Ngoso Din zum 110. Mal. Ich lade Sie alle ein, sich über das Schicksal von König Rudolf und die vielen weiteren zu informieren, die friedlichen Widerstand gegen die deutsche Kolonialherrschaft geleistet haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Erinnerung an sie zu bewahren, ist das Mindeste, was wir tun können. Ich danke den Petentinnen und Petenten für ihr Engagement und hoffe, zu ihrem Anliegen durch meine Rede einen Beitrag geleistet zu haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Gereon Bollmann.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613262
Wahlperiode 20
Sitzung 178
Tagesordnungspunkt Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2023
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine