Dunja KreiserSPD - Begrenzung und Humanität im Asylrecht
Sehr geehrter Herr Präsident! Herzlichen Dank für Ihre Glückwünsche! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Union, auch Sie müssen die Realität einfach anerkennen: Wir befinden uns in einer Zeit fundamentaler Veränderungen direkt vor unserer Haustür. In der Ukraine tobt ein brutaler Krieg, der Millionen Menschen zwingt, ihre Heimat zu verlassen. Dieser Krieg zeigt auch, dass es wichtig ist, dass wir in Europa zusammenhalten. Und wenn Herr Merz gestern hier sagt, er ist der Gewinner dieser Europawahl, dann hat er auch Verantwortung zu tragen – Verantwortung für die Frauen und Mädchen, für die Männer und Jungen, die hier in Deutschland sind. Verehrte Damen und Herren, da hilft es nicht – wie Sie, Herr Dobrindt –, kaum dass der Präsident Selenskyj hier seine Rede gehalten hat – eine bewegende Rede –, darüber zu diskutieren, das Bürgergeld für Ukrainerinnen und Ukrainer zu streichen oder sie gar abzuschieben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Sehr geehrte Damen und Herren, wir tragen als Teil der Europäischen Union eine gemeinschaftliche Verantwortung. Statt der einseitigen nationalen Lösung, die Asylsuchenden in Drittstaaten abzuschieben, brauchen wir ein solidarisches Europa, und das erreichen wir mit dem GEAS, Herr Frei. Unter der Führung der Bundesinnenministerin Nancy Faeser haben wir eine Einigung erreicht, die die gemeinsame Asylpolitik neu gestaltet.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Diese Reform legt den Grundstein für eine gerechte und solidarische Verteilung von Geflüchteten innerhalb der Europäischen Union. Das begrüßen im Übrigen auch die Innenministerinnen und Innenminister in der Innenministerkonferenz; denn sie erwarten Änderungen.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Die hätten aber gerne mehr!)
Diese sind abzusehen. Allein durch die EU-weite Schutzquote von unter 20 Prozent wird sich die Zahl der Geflüchteten ganz klar verringern. Denn Asylsuchende kommen zurzeit zum überwiegenden Teil aus der Türkei, wo die Schutzquote sogar unter 8 Prozent liegt.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Es gibt aber keine absolute Begrenzung der Migration!)
Die Idee der sicheren Drittstaaten, worauf Sie sich in Ihrem Antrag beziehen, ist nicht nur rechtlich problematisch, sondern auch praktisch schwer umzusetzen.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Stimmt überhaupt nicht!)
Die Erfahrungen von Großbritannien, Dänemark und Italien, die ähnliche Modelle mit Ruanda und Albanien verfolgt haben, zeigen, dass diese Ansätze nicht die erhofften Effekte haben. Allein das von Ihnen gelobte Türkei-Abkommen zeigt, dass in der Zeit gerade einmal 2 140 Fälle von geflüchteten Illegalen bearbeitet wurden. Insgesamt sind danach 37 397 Geflüchtete wieder in die Europäische Union zurückgeführt worden. Das kostet Milliarden – knapp 4 Milliarden Euro. Es ist also unterm Strich eines der erfolglosesten Modelle.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Detlef Seif [CDU/CSU]: Gehen Sie von denen aus, die nicht gekommen sind! Das ist nämlich der Effekt!)
Das GEAS ist da, und es wird wirken. Wir agieren, und Sie reagieren. 2019 war ich zum Beispiel als Innenpolitikerin in Bayern. Ich habe mir da Ihre kurzfristigen Erfolge angeguckt: AnkER-Zentren, in denen man keine Geflüchteten gesehen hat, die aber auf jeden Fall nicht zu mehr Abschiebungen geführt haben, Ringfahndung und Grenzkontrollen – alles kurzfristige Maßnahmen, sage ich mal. Was Sie hinterlassen haben, ist nicht eine Verbesserung der Rechtslage, sondern sind nur erschöpfte Ehrenamtliche und überlastete Polizistinnen und Polizisten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der CDU-Fraktion?
Nein, ich möchte keine Zwischenfrage. – „Satire live“, was Sie gesagt haben, machen Sie, nicht Herr Hartmann. Das ist ja wohl an diesem Beispiel am besten zu sehen.
Herr Ernst, zu Ihrem Beitrag. Der größte Teil des BSW hat Migrationshintergrund. Das ist ja von Satire kaum zu toppen.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Na und? Auch wenn man Migrationshintergrund hat, kann man vernünftige Politik machen! Was soll denn das hier?)
Wir sind in der Lage, große Herausforderungen zu bewältigen und die Menschen in Not zu unterstützen. Die bloße Überstellung in ein Drittland erfüllt diese Kriterien eben nicht; das hat gerade auch meine Kollegin der FDP, Dr. Jurisch, gesagt.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Das ist nicht die „bloße“, sondern das ist eine rechtsstaatliche Überführung!)
Rennen Sie bitte nicht den Populisten hinterher!
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Lassen Sie doch mal eine Zwischenfrage zu! Dann können wir mal sachlich diskutieren!)
Stellen Sie uns nicht täglich vor das Ratespiel, ob es ein AfD- oder ein Unionsantrag ist! Es ist wichtig, dass wir zusammenstehen. Wir müssen unsere Werte von Menschlichkeit und Solidarität hochhalten.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Das steht bei uns im Antragstext! – Martin Hess [AfD]: Das ist ein reines Survival of the Fittest und hat nichts mit kommunaler Verantwortung zu tun!)
Wir haben die Kommunen mit Finanzspritzen unterstützt. Wir haben den größten Haushalt in der Integrationspolitik. Wir haben auch Bundesliegenschaften zur Verfügung gestellt.
Frau Kollegin, trotz des Geburtstages müssen Sie zum Schluss kommen, bitte.
Sie müssen schon mal überlegen, was Sie hier vortragen und in welchem Wortlaut. Frau Wittmann, –
Frau Kollegin Kreiser, bitte!
– wir rüsten in unseren Wortbeiträgen vor allen Dingen ab und nicht auf.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7613290 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 178 |
Tagesordnungspunkt | Begrenzung und Humanität im Asylrecht |