27.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 178 / Tagesordnungspunkt 9

Thomas DietzAfD - Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man über die Krankenhausversorgung spricht, dann sollte man das deutsche Krankenhauswesen nicht nur von Schönwetterbesuchen oder Sektempfängen her kennen. Ich habe das Innenleben von Grund- und Regelversorgung durch mehr oder weniger unfreiwillige Selbstversuche ganz gut kennengelernt. Wir haben in den Krankenhäusern, die ich selbst kenne, hochmotiviertes medizinisches Personal – Ärzte, Schwestern, Pfleger –, Verwaltungspersonal und weitere Mitarbeiter, die für ihre Arbeit brennen und die mit Herz und Verstand ihren Beruf ausüben. Doch bei praktisch jeder dieser Begegnungen schütten mir die Mitarbeiter, sobald sie mich erkannt haben, die Krankenschwestern, Pfleger und auch Ärzte, ihr Herz aus. Sie klagen über zu wenig Personal, schlechte Arbeitsbedingungen und Bürokratie. Das ist ganz sicher nichts absolut Neues. Das haben auch Sie hier schon gehört.

Das Schlimme ist jedoch, dass sich in der realen Welt nichts zum Positiven ändert, nein, es wird gefühlt bei jedem Kontakt noch etwas verzweifelter. Man doktert mit neuen unzähligen Vorschriften und Gesetzen an den Symptomen herum, die den ganzen Irrsinn noch unübersichtlicher machen.

Ich lese zu den Gesetzesvorlagen zuerst die Stellungnahmen der Betroffenen, wie hier zum Beispiel der Deutschen Krankenhausgesellschaft, und dann frage ich mich: Warum hören diejenigen, die diese Gesetze schreiben, den Betroffenen nicht wirklich zu?

(Beifall bei der AfD)

Wenn über 80 Prozent der Krankenhausstandorte dauerhaft Defizite einfahren, dann liegt das nicht nur an der Organisation oder dem jeweiligen Management, nein, dann werden von der Politik ganz einfach die falschen Rahmenbedingungen gesetzt.

(Beifall bei der AfD)

Dazu kommt noch eine gehörige Portion Ignoranz.

Doch zum Positiven. Die Bundesregierung hat die Probleme der Personalbeschaffung und insbesondere der Fehlsteuerungen durch das DRG-System erkannt. Diese sollen durch die Einführung von Vorhaltepauschalen behoben werden. Die AfD-Fraktion fordert übrigens seit Langem Vorhaltepauschalen statt DRGs.

Auch der Hinweis darauf, dass die meisten Bundesländer ihrer Verpflichtung bei den Krankenhausinvestitionen nicht nachkommen, ist richtig.

Die angestrebte Überwindung der Sektorengrenze stationär-ambulant ist im Sinne der Patienten und wird von der AfD ebenfalls bereits lange gefordert. Allerdings bleiben die Ansätze im Gesetzentwurf weit hinter dem zurück, was es bräuchte, um hier wirklich zu Erfolgen zu kommen.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hat auf ihrer Internetseite eine Defizituhr eingerichtet. Diese Uhr zeigt einen derzeitigen Verschuldungsstand von fast 11 000 Millionen Euro an. Ich habe jetzt extra diese Ausdrucksweise gewählt, weil Milliarden hier sowieso niemanden mehr interessieren. Das aktuelle Defizit aller Krankenhäuser in Deutschland beträgt zusammen genau 10 999 000 000. Pro Stunde kommen 590 000 Euro dazu. Was sollen die Krankenhäuser jetzt tun, die mit dem Rücken zur Wand stehen? Gibt es dafür einen Notfallfonds? Wie konnte es passieren, dass die medizinischen Einrichtungen, die für die Daseinsvorsorge der Menschen im Land zur Verfügung stehen und von den Krankenkassenbeiträgen von Millionen gesetzlich und privat versicherter Patienten finanziert werden, mit ihrer Tätigkeit am Menschen ein extrem hohes Defizit einfahren?

Es ist nichts anderes als der totale politische Kontrollverlust, den wir inzwischen in vielen Bereichen Deutschlands feststellen müssen.

(Beifall bei der AfD – Heike Baehrens [SPD]: Was ist das für ein Unsinn?)

Während der links-grüne Mainstream allenthalben noch lauthals verkündet, dass Deutschland ein reiches Land sei und mit seinen Ressourcen verpflichtet sei, die halbe Welt zu finanzieren, bricht im Land eine Säule nach der anderen weg, zum Beispiel die Fach- und Hausärzteversorgung auf dem flachen Land. Unter Einberechnung der voraussichtlichen Inflation und trotz der Berücksichtigung der dritten Tranche zusätzlicher Energiehilfen in Höhe von 833 Millionen Euro wächst das Defizit der Krankenhäuser auch in 2024 monatlich um weitere 500 Millionen Euro an.

Ein weiteres Beispiel für das planlose, unzureichende Handeln der Regierung finden wir in den Maskengeschäften während der Coronapandemie. Der Bund hat Rechnungen für vertraglich zugesicherte Maskenkäufe in Milliardenhöhe nicht bezahlt, wie aus aktuellen Berichten hervorgeht; darüber werden wir heute noch in einer Aktuellen Stunde ausführlich sprechen. Diese vollkommen planlosen Bestellungen zu Ihren Bedingungen zeigen die Überforderung, aber auch die Überheblichkeit im Gesundheitsministerium. Deutschland war einst für seine Geschäfte mit Handschlagsqualität bekannt, für seine Zuverlässigkeit und Integrität bei den Geschäftspraktiken. Doch welchen Grund sollten wirtschaftliche Akteure haben, mit dem deutschen Staat unter diesen Bedingungen noch Geschäfte abzuschließen? Damit ruiniert man auch den internationalen Ruf.

(Beifall bei der AfD)

Die Krankenhäuser und deren engagierte Mitarbeiter haben Besseres verdient als eine Regierung, die unfähig ist, grundlegende wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu schaffen und ihre Versprechen zu halten. Die geplante Vorhaltevergütung, die eigentlich zur Entlastung beitragen sollte, darf deshalb auf keinen Fall zusätzlichen bürokratischen Aufwand erzeugen. Die wesentlichen Ziele wie die Entökonomisierung des Gesundheitswesens, die Sicherung der Existenz der Krankenhäuser, die Entlastung von unnötiger Bürokratie und die Förderung von Spezialisierung werden so nicht erreicht. Stattdessen werden mit dem vorliegenden Entwurf lediglich bestehende Mittel umverteilt, die schon heute die tatsächlichen Kostenstrukturen nicht abdecken.

Die Finanzierungsvorhaben sind schlichtweg unzureichend. Der reale Aufwand der geplanten regionalen Gesundheitszentren wird völlig unrealistisch abgebildet. Das enorme Potenzial sektorübergreifender Versorgungseinrichtungen, die unsere Gesundheitsversorgung effizienter und patientenfreundlicher gestalten könnten, wird dabei völlig verschenkt.

(Beifall bei der AfD)

Die geplanten Maßnahmen sind nicht nur unzureichend, sondern gefährden auch die dringend benötigte finanzielle Ausstattung und strukturelle Qualität in unseren Krankenhäusern. Wir fordern eine umfassende und nachhaltige Reform, die die wirklichen Bedürfnisse der Krankenhäuser und ihrer Mitarbeiter berücksichtigt und eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung sicherstellt.

Es wird höchste Zeit, dass wir nachhaltige Lösungen umsetzen. Politik mit Vernunft: Dafür stehen wir von der AfD.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dietz. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Dr. Andrew Ullmann, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613300
Wahlperiode 20
Sitzung 178
Tagesordnungspunkt Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz
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