27.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 178 / Zusatzpunkt 10

Simone BorchardtCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Aufarbeitung der Corona-Masken-Beschaffung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns mal kurz zurückblicken: Große Koalition mit der SPD, Herr Scholz ist Finanzminister. Er hätte die Anschaffung mit seinem Vetorecht durchaus blockieren können.

(Martina Stamm-Fibich [SPD]: Boah!)

Herr Lauterbach, unser jetziger Gesundheitsminister, war damals stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD mit dem Schwerpunkt Gesundheit – hört! hört! –, und auch die Kollegen der SPD haben diese Entscheidungen damals im Gesundheitsausschuss mitgetragen.

(Stephan Brandner [AfD]: Das belegt nur eins: dass Sie alle schuld sind! – Zuruf der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und soll ich Ihnen was sagen? Ich bin ihnen sogar richtig dankbar, dass sie das getan haben. Ich bin ihnen dankbar dafür, zumindest den Kollegen, die dazu stehen, und ich erkläre Ihnen auch, warum.

(Zuruf der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wechseln wir doch mal bitte den Blickwinkel. Ich bin jetzt drei Jahre Mitglied des Deutschen Bundestages und bringe 33 Jahre Berufserfahrung mit. Als Berufspraktikerin berichte ich Ihnen mal, wie ich das als Geschäftsführerin einer Pflegeeinrichtung mit 120 Betten und 130 Mitarbeitern erlebt habe. Und Frau Lütke, entschuldigen Sie bitte; aber ich habe einen anderen Blick auf die Dinge als Sie. Vielleicht sind Sie nicht nah genug an Ihren Mitarbeitern dran.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das Niveau sinkt aber sehr! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der FDP: Oh! – Zuruf der Abg. Heike Baehrens [SPD])

Keiner wusste, was mit diesem Virus auf uns zukommt. Mein einziges Ziel war es, Mitarbeiter und Bewohner zu schützen. Falls es irgendjemand nicht mitbekommen hat: Es gab, nachdem wir unsere Reserven aufgebraucht hatten, am Markt keine Masken zu kaufen. Und sich jetzt über die Preise aufzuregen, obwohl man am Ende doch welche bekommen hat, finde ich ein bisschen armselig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Bei mir im Wahlkreis mussten oder durften die Landfrauen Masken für uns nähen und haben das dann netterweise für uns gemacht – Stoffmasken, weil es keine anderen Masken gab, meine Damen und Herren.

(Stephan Brandner [AfD]: Ja, das war ganz schön albern! – Gegenruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU]: Von Ihrem Kollegen Seitz die Maske, die war am besten!)

Herzlich willkommen in der Realität!

Dann gab es ein Bestelltool vom Landkreis. So konnten wir zwar eine Bestellung auslösen, aber nur einen Bruchteil der Bestellung habe ich erhalten. Ich bin dann zur Feuerwehr gefahren und habe 200 Masken für 14 Tage erhalten. Ich weiß nicht, ob Sie eine Vorstellung davon haben, wie viel Masken man am Tag braucht.

Irgendwann – jetzt löse ich das auf – kamen mal mehrere Kisten mit FFP2-Masken aus dem BMG. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen sagen: Ich war dankbar, ob Sie es glauben oder nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: Direkt aus dem BMG? Warum schickt das BMG denn Ihrer Firma kistenweise Masken?)

Es wurde unkompliziert und schnell geholfen; das ist die richtige Art von Politik. Wenn Sie in Krisensituationen immer überlegen: „Was könnte mir drohen, wenn ich hier eine falsche Entscheidung treffe?“, dann, liebe Kollegen, sind Sie alle hier fehl am Platz; denn wir müssen hier durchaus schnell wichtige Entscheidungen treffen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und da es gerade in Zeiten von großer Unsicherheit umso wichtiger ist, mussten Entscheidungen getroffen werden, und sie wurden getroffen. Es wurde Verantwortung für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger übernommen und nach dem damaligen besten Wissen und Gewissen gehandelt.

Diese Aktuelle Stunde verkennt vollkommen, in welchem zeitlichen Kontext wir uns hier befinden. Die Realität war eben, dass die FFP2-Masken vorher für horrende Summen verkauft wurden. Nicht mal ich in der Pflegeeinrichtung war in der Lage, überhaupt welche zu bestellen, und wenn doch, dann nur zu einem Preis, über den Sie sich heute aufregen.

China, der damalige Produzent von rund 80 Prozent der Masken, also der Hauptproduzent – nur mal zur Erinnerung –, war im Lockdown und hatte den Export gestoppt. Global haben alle Länder angefangen, sich eigenständig zu bevorraten. In Deutschland haben wir sogar Richtlinien entwickelt, wie wir Masken mehrmals benutzen können und ob man die waschen darf. So irre war das damals.

(Stephan Brandner [AfD]: Ja, so albern!)

Alles in allem – wir können es nicht anders in Worte fassen –: Es war eine Ausnahmesituation.

(Stephan Brandner [AfD]: Die Sie nicht bewältigt haben! – Zuruf des Abg. Dr. Rainer Rothfuß [AfD])

Jetzt komme ich zurück zur Praxis. In der Pandemie haben wir uns nicht hinter der Bürokratie versteckt und haben bewiesen, dass eine handlungsfähige Bundesregierung in Krisenzeiten durchaus in der Lage ist, Verantwortung zu tragen und eine schnelle und gute Entscheidung zu treffen. Das ist gut so, und dafür bin ich dem damaligen Bundesgesundheitsminister sehr dankbar.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Vorwürfe, die wir hier heute hören, sind eindeutig parteipolitisch motiviert und werden der damaligen Notlage und ihrer erfolgreichen Bewältigung in keinster Weise gerecht. Es gibt keine Belege für Ihre ständigen Behauptungen einer Überbeschaffung. Das Verfahren war transparent, und der Ausschuss war beteiligt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, auch wenn Sie immer alles vergessen: Sie sollten sich mal daran erinnern, wie die Zeit damals wirklich gewesen ist, und vielleicht auch mit den damaligen Leistungserbringern ins Gespräch gehen.

Ob Fehler passiert sind? Natürlich passieren Fehler, wenn man schnelle Entscheidungen trifft, wenn man helfen will. Wir müssen in der Lage sein, diese Entscheidungen zu prüfen. Wir müssen in der Lage sein, das vernünftig aufzuarbeiten. Das ist unsere Aufgabe.

(Zuruf der Abg. Martina Stamm-Fibich [SPD])

Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Politik, die aus Angst, Fehler zu begehen – wie Sie es jetzt forcieren –, uns handlungsunfähig macht und somit schlecht für unser Land ist.

Also: Hören Sie auf, diese Nebelkerzen zu werfen, und stecken Sie Ihre Energie endlich mal in wirkliche Verbesserungsprozesse!

(Zuruf der Abg. Heike Baehrens [SPD])

Schauen Sie sich an, was mit dem Gesundheitswesen los ist! Ich glaube, da können Sie sich genug austoben, und zwar richtig.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Föhr [CDU/CSU]: Sehr gut! Sehr gute Rede! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie leichtfertig Sie darüber hinweggehen, dass Milliarden an Steuermitteln fehlen!)

Das Wort hat Dr. Paula Piechotta für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613349
Wahlperiode 20
Sitzung 178
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Aufarbeitung der Corona-Masken-Beschaffung
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