27.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 178 / Tagesordnungspunkt 11

Volker UllrichCDU/CSU - Bundeswehreinsatz EUFOR ALTHEA

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir verhandeln in diesen Tagen – und seit zweieinhalb Jahren, seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine – die Frage, was „Zeitenwende“ bedeutet und wie sehr wir aus der Geschichte gelernt haben. Die Überzeugung ist, dass sich mit dem russischen Angriff 2014 auf die Krim und 2022 auf die gesamte Ukraine die europäische Geschichte geändert hat. Die Periode des seit 1989 andauernden Friedens und der Freiheit in Europa ist vorbei.

Aber in der geschichtlichen Rückschau mag das gar nicht überzeugen, und das hat auch etwas mit unserem Thema zu tun. In den 90er-Jahren, die von Aufbruch und Freiheit gekennzeichnet sind, hat Europa einen grausamen Krieg erlebt, einen mehrere Jahre andauernden ethnischen Konflikt im ehemaligen Jugoslawien. Als Europa in Aufbruchstimmung war, ist Sarajevo vier Jahre lang belagert worden, nämlich von 1992 bis 1996. Als ich im Sommer 1995 Abitur gemacht habe,

(Ulrich Lechte [FDP]: Ich ein Jahr später!)

ist der furchtbare Völkermord von Srebrenica geschehen. Und das dürfen wir nicht vergessen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das bedeutet auch, dass mit Blick auf Bosnien-Herzegowina und den Westbalkan die Erkenntnis nicht richtig ist, dass die Geschichte wieder zurück ist, sondern die Erkenntnis muss sein, dass sie niemals weg war. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Geister der Vergangenheit nicht verschwunden sind, sondern drohen, wieder hervorzukommen. In der Republika Srpska gibt es nicht nur Bestrebungen, diesen brüchigen Frieden durch Nationalismus wieder aufzubrechen, sondern es spielt sich im Westbalkan der Konflikt unserer Tage auch im Kleinen ab, nämlich der Konflikt über die Frage: Welche Ordnung ist größer und stärker, die der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie und der Selbstbestimmung oder die des autoritären Nationalismus? Es muss unsere klare Antwort sein, dass der autoritäre Nationalismus niemals gewinnen darf; denn am Ende bedeutet er Krieg.

(Beifall bei der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Deswegen brauchen wir die Stabilisierung dieser Region. Eine Antwort auf die Fragen „Wie können wir den Westbalkan stabilisieren?“ und „Wie kann er eine hoffnungsvolle Zukunft für die Menschen bereithalten?“ lautet „Europa“. Wir brauchen eine europäische Perspektive für den Westbalkan. Wir brauchen auch eine Perspektive für die Einbettung im transatlantischen Bündnis. Es ist richtig, dass Montenegro bereits seit sechs Jahren Mitglied der NATO ist. Und wir brauchen ebenso einen schnellen Weg des Kosovos in den Europarat. Ich bedauere es, dass das Ministerkomitee des Europarats nicht die Kraft hatte, die Vollaufnahme des Kosovos bereits jetzt zu bewerkstelligen. Auch Kosovo braucht zur Stabilisierung der Region die Aufnahme in den Europarat.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es ist wichtig, dass diese gesamte Region stabilisiert wird. Dazu gehört auch, dass die Trennlinien in Bosnien-Herzegowina gekittet werden, dass Zusammenhalt entsteht, dass eine europäische Perspektive da ist. Genau dafür brauchen wir europäisches Engagement, europäisches Engagement nicht nur im Sinne einer Beitrittsperspektive, sondern auch durch aktuelles Handeln, um Stabilität herbeizuführen. Da ist die Bundeswehrmission Althea, die von der Europäischen Union geführt wird, der richtige Ansatz. Es entspricht unserer Verantwortung, dass die Bundesrepublik Deutschland wieder dabei sein muss, und es ist gut, dass wir dabei sind – vielleicht im Augenblick nur mit 50 Soldaten, aber diese leisten einen bedeutenden Beitrag. Im Sinne dieses Beitrags wollen wir uns auch recht herzlich bei den Soldatinnen und Soldaten bedanken, die in Bosnien-Herzegowina eine europäische Perspektive aufzeigen und für Frieden und Stabilität stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vor diesem Hintergrund werden wir diesem Mandat zustimmen, und wir bitten um Zustimmung des gesamten Hauses.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Wort hat der Kollege Josip Juratovic für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613361
Wahlperiode 20
Sitzung 178
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz EUFOR ALTHEA
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta