27.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 178 / Tagesordnungspunkt 11

Dietmar BartschDIE LINKE - Bundeswehreinsatz EUFOR ALTHEA

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Frau Präsidentin! Frau Wehrbeauftragte! Meine Damen und Herren! Nächstes Jahr feiert die Präsenz der NATO- und der EU-Staaten in Bosnien-Herzegowina ihren 30. Geburtstag. Und ich frage mich natürlich: Wie lange noch? Noch 30 Jahre? Das kann keine Daueraufgabe sein. Ich bin sehr gespannt auf die Evaluierung der Bundesregierung und darauf, wie wir dann in diesem Hause zu diesem Einsatz stehen.

Meine Damen und Herren, für viele Menschen in dem südosteuropäischen Land gibt es wenig zu feiern: Sie leben in einem teilsouveränen Staat, über dessen politischem System ein De-facto-Gouverneur thront. Wir alle hier im Saal wissen, dass dieses Amt seit mehr als drei Jahren ein deutscher Politiker einnimmt: Christian Schmidt von der CSU. Und natürlich wissen wir auch alle, dass das kein Versorgungsposten ist.

(Anhaltender Signalton)

– Es ist nett, dass es dazu klingelt.

(Beifall bei der Linken)

Ich will das kurz begründen: Zu den Wahlen 2022 setzte Christian Schmidt dank seiner aus meiner Sicht undemokratischen Kompetenzen nach dem Ende der Stimmabgabe rückwirkend Änderungen am Wahlgesetz durch. Das müsste man sich einmal bei uns vorstellen: Nach Abgabe der Stimmen wird rückwirkend das Wahlgesetz geändert.

Kollege Bartsch, ich halte die Uhr an; das ist kein Thema.

Am besten noch einmal neu starten.

(Heiterkeit bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Schon klar! – Ich bitte, mir ein Zeichen zu geben, ob man den Signalton abstellen kann.

In der Zwischenzeit erkläre ich das denjenigen, die nicht so oft bei uns sind. Das, was Sie gerade hören, ist das Zeichen, das in allen Liegenschaften des Deutschen Bundestages ertönt, wirklich in allen Winkeln – aber es soll eigentlich nicht im Plenarsaal ertönen –, um die Abgeordneten, die nicht im Plenarsaal sind, darauf aufmerksam zu machen, dass in wenigen Minuten die namentliche Abstimmung über das Bundeswehrmandat beginnt, über das wir hier die ganze Zeit gesprochen haben. Dann müssen die Kolleginnen und Kollegen es schaffen, innerhalb von 20 Minuten – das ist die Zeit, die sie haben, um ihre Stimme abzugeben – hier zu sein, was für manch einen schwierig ist, wenn er die Absperrung wegen der Fußballeuropameisterschaft und dem Fest, das dort draußen stattfindet, überwinden muss. Also, dieses Signal ist eigentlich nicht für uns hier gedacht, sondern für die Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht da sind.

Ich hatte schon gedacht, dass alle kommen sollen, weil ich rede. Aber da habe ich mich geirrt. Schade eigentlich.

Wir sind wir noch nicht so weit. Eine Sekunde noch, Herr Bartsch, ich versuche bloß herauszufinden – –

Frau Präsidentin, selbstverständlich.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Dem Bartsch macht das nichts aus! Der macht weiter!)

Wenn die Uhr stehen bleibt, kann ich trotzdem noch reden. Also ich würde gerne länger reden, auch für dich, Andreas.

(Ulrich Lechte [FDP]: Jetzt ist die Möglichkeit, einfach was zu erzählen!)

– Ja, mich stört das Klingeln nicht so sehr.

Ich war gerade beim Kollegen Schmidt und will das noch ergänzen.

Gut. Kollege Bartsch, Sie sind einiges gewohnt, Sie sind ein erfahrener Parlamentarier. Wir sind auch einiges gewohnt. Daher würde ich vorschlagen: Ich schlage die Sekunden, die wir verloren haben, auf die angezeigte Zeit drauf.

(Der Signalton wird abgestellt)

– Ah, sehen Sie!

(Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)

So, gehen Sie davon aus, dass Sie jetzt noch anderthalb Minuten haben.

Danke schön. – Ich will beim Kollegen Schmidt anschließen. Das ist nur einer seiner diplomatischen Fehltritte gewesen. Es ist kein Zufall, dass im Auswärtigen Amt ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ihm, frühere Diplomatinnen und Diplomaten, aber auch Balkanexperten darum gebeten haben, dass Deutschland seinen Einfluss ausübt und sich für eine Absetzung von Christian Schmidt einsetzt. Ich meine, das ist doch kein Zufall. Das ist nicht Die Linke! Das will ich ausdrücklich sagen.

Meine Damen und Herren, die Bosnien-Herzegowina-Politik der letzten 30 Jahre ist gescheitert. Der Kollege Juratovic hat eben eindrucksvolle Beispiele genannt, wie es nach 30 Jahren in diesem Land aussieht. Ein System von westlichen Militäreinsätzen, einem De-facto-Gouverneur mit undemokratischen Rechten und einem aufgeblähten Staatsapparat, der die politischen Eliten des Landes versorgt, und zwar gleichmäßig – Serben, Kroaten, Bosniaken werden gleichmäßig versorgt –, ist ein Unding.

(Beifall bei der Linken)

Wir müssen dafür sorgen, dass bei den Menschen etwas ankommt.

Deshalb: Die Linke wird gegen den Einsatz der Bundeswehr in Bosnien-Herzegowina stimmen.

(Ulrich Lechte [FDP]: Überraschung!)

Sparen wir dieses Geld für den Auslandseinsatz und investieren wir lieber in wirtschaftlich sinnvolle sozialökologische Projekte in Bosnien-Herzegowina, die den Menschen vor Ort wirklich zugutekommen!

(Beifall bei der Linken)

Dies im Übrigen gerne für Minenräumaktionen. Das wäre eine viel bessere Maßnahme.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613367
Wahlperiode 20
Sitzung 178
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz EUFOR ALTHEA
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