27.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 178 / Tagesordnungspunkt 14

Franziska KerstenSPD - Entlastung der Landwirtschaft

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Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

„Die Erzeugung von Lebensmitteln ist eine Aufgabe von gesellschaftlich fundamentaler und für alle Menschen existenzieller Bedeutung.“

So begann Professor Strohschneider sein Vorwort zum Abschlussbericht der ersten Zukunftskommission Landwirtschaft. Beteiligt war nicht nur der große Bauernverband, sondern die Mitglieder stammten aus allen Bereichen: Landwirtschaft, Wirtschaft, Umwelt-, Natur-, Tier- und Verbraucherschutz. Gemeinsam entwickelte die ZKL das Leitbild einer zukunftsfähigen, weil ökologisch, ökonomisch und sozial im gleichen Maß tragfähigen und gesellschaftlich breit anerkannten Landwirtschaft.

(Beifall bei der SPD)

Das ist auch das Leitbild meiner agrarpolitischen Arbeit. Ich hätte mir gewünscht, dass wir direkt daran weiterarbeiten.

Nach den Bauernprotesten im Januar haben wir die ZKL wieder einberufen. Gleichzeitig haben wir hier im Parlament monatelang intensiv verhandelt. Die Einigung beim Agrarpaket hat Dr. Matthias Miersch gerade ausführlich dargestellt; vielen Dank ihm, aber auch Susanne Mittag und Rolf Mützenich, die sich da sehr eingebracht haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind einen wichtigen Schritt vorangekommen, aber wir müssen dranbleiben. Es gibt eine große Zahl an guten Vorschlägen zum Bürokratieabbau von Ländern und Verbänden, an denen wir jetzt zielführend weiterarbeiten müssen; ich bin froh, dass unser Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir das heute auf dem Bauerntag in Cottbus eindeutig bestätigt hat.

Als Tierärztin liegt mir die Tiergesundheit besonders am Herzen; denn ohne Tiergesundheit gibt es kein Tierwohl. Bestes Mittel für eine gute Tiergesundheit ist die optimale Haltung. Der Tierhaltungsumbau hat weiter Priorität. Die Finanzierung kann gelingen, aber dafür müssen wir alle an einem Strang und möglichst in die gleiche Richtung ziehen, auch im Bundesfinanzministerium.

Wir wollen außerdem durch Digitalisierung eine Entlastung der Landwirte erreichen. Daher haben Anna Kassautzki und ich immer wieder Druck auf das BMEL gemacht, und das Ergebnis: Die Tiergesundheitsdatenbank ist jetzt auf dem Weg.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie soll Daten aus Bund und Ländern zusammenführen. Sie bündelt damit auch unterschiedliche Anwendungen bei einmaliger Dateneingabe. Das muss der erste Schritt einer Tiergesundheitsstrategie sein. Das ist Bürokratieabbau.

(Beifall bei der SPD)

Dazu gehört aber auch, dass wir die Vorgaben der EU zur Antibiotikareduktion eins zu eins umsetzen und nicht immer versuchen, etwas noch besser zu machen, was im Endeffekt zu noch mehr Bürokratie führt und nicht wirklich Sinn macht.

Beim Pflanzenschutz sieht es ähnlich aus. Alle wollen eine Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes, aber sie muss mit Sinn und Verstand erfolgen. Daher erwarte ich jetzt vom BMEL zügige Vorschläge, wie das Sammelsurium „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ in Form gebracht werden kann. Für essenziell halte ich eine Finanzierung der Beratung; denn die Landwirte wissen oft nicht, wie man Pflanzenschutzmittel reduzieren kann. Daher wäre eine Beratung sinnvoll.

Basis für eine gute Entwicklung der Landwirtschaft ist und bleibt aber die Gemeinsame Agrarpolitik auf europäischer Ebene. Die Flächenprämie wurde vor 30 Jahren eingeführt, aber sie hat sich inzwischen überlebt. Ich spreche ständig mit Agrarwissenschaftlern, zum Beispiel vom Julius-Kühn-Institut, vom Friedrich-Loeffler-Institut, von Agora Agrar – es sind sehr viele –, und alle sagen: Landwirte müssen in Zukunft mit Nachhaltigkeitsleistungen Geld verdienen können: Schutz von Umwelt, Klima, Boden, sauberem Wasser und frischer Luft und natürlich Tierschutz. Das sind gesellschaftlich erwünschte Leistungen, die wir einkommenswirksam honorieren müssen, und das können wir mit der Gemeinwohlprämie bürokratiearm umsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Aber ein Landwirt soll nicht nur Ökosystemleistungen erbringen, sondern er muss auch, wie schon Professor Strohschneider sagte, unsere Ernährung sichern. Mein konstruktiver Vorschlag dazu wäre eine massive Stärkung der Gemeinschaftsverpflegung und der öffentlichen Beschaffung nach Kriterien der Nachhaltigkeit und Regionalität. Das hätte mehrere entscheidende Effekte: Allen Kindern wird eine gute Ernährung ermöglicht, Mangelernährung wird vorgebeugt – dann haben wir auch weniger Kranke und entlasten damit das Gesundheitssystem, und zwar massiv –, und vor allem: Wir schaffen regionale Wertschöpfungsketten durch Produktion, Verarbeitung und Vermarktung vor Ort und sichern damit die Einkommen der Landwirte.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit würden wir die Strukturen im ländlichen Raum wirklich nachhaltig sichern und damit ein Kernanliegen der Gemeinsamen Agrarpolitik erfüllen. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen, aber bitte konstruktiv!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Ich grüße Sie alle herzlich, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wort geht an Ina Latendorf für die Gruppe Die Linke.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613410
Wahlperiode 20
Sitzung 178
Tagesordnungspunkt Entlastung der Landwirtschaft
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