Marco Buschmann - Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Zuschauerinnen! Liebe Zuschauer! Wir arbeiten Tag und Nacht an der Digitalisierung des Rechtswesens – heute in Anbetracht der Zeit buchstäblich nachts –, und das ist auch dringend nötig. In der letzten Sitzungswoche haben wir das Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz beschlossen. Die Justiz wird dadurch ein Stück moderner, effizienter, bürgernäher. Wir fördern auch die Durchführung von Videokonferenzen in der Zivilgerichtsbarkeit.
Heute folgt ein weiterer Modernisierungsschritt, nämlich im Bereich der vorbeugenden Rechtspflege. Wir digitalisieren das Beurkundungsverfahren weiter. In der Variante der Videobeurkundung läuft das Verfahren bereits vollständig digital. Wir wollen jetzt aber auch für den statistischen Regelfall, nämlich die Beurkundung in Anwesenheit der Beteiligten vor dem Notar, die Digitalisierung vollziehen. Das können ganz unterschiedliche, aber sehr praxisrelevante Rechtsgeschäfte sein, etwa Immobilienkäufe, Schenkungsverträge, Eheverträge, Erbauseinandersetzungen, GmbH-Gründungen und vieles mehr.
Bisher haben wir folgende Situation: Notarinnen und Notare und andere Urkundenstellen müssen ihre Niederschriften nach heutigem Recht noch ganz überwiegend auf Papier anlegen, und die Beteiligten unterschreiben dann auch auf Papier. Diese Arbeitsschritte erfolgen vollständig analog. Und dann passiert etwas Kurioses. Sie müssen nämlich sowieso digitalisiert werden, weil diese Niederschriften ins elektronische Urkundenarchiv kommen. Das heißt, wir haben einen gesetzlich angeordneten Medienbruch, meine Damen und Herren. Das ist nun wirklich eine Kuriosität, die wir schnell beseitigen sollten.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Denn dieser staatliche Medienbruch kostet Zeit. Der Umweg über eine Scanstelle kann bei gewöhnlichem Arbeitsgang bis zu vier Arbeitstage dauern. Das kann man sich gar nicht vorstellen, ist aber so. Im Falle einer eidesstattlichen Versicherung, etwa zur Erwirkung eines Erbscheins beim Nachlassgericht, kann das echt zu Problemen führen; denn da kommt es auf jeden Tag, manchmal auf jede Stunde an. Dieser Medienbruch hat also nur Nachteile. Er gehört abgeschafft, und genau dafür sorgen wir mit diesem Gesetzentwurf, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Notare erhalten die Möglichkeit, öffentliche Urkunden künftig von Anfang an elektronisch aufzunehmen. Wir digitalisieren den gesamten Arbeitsprozess, sodass eben sofort, schon vom Zeitpunkt der Niederschrift an, die Urkunde versandt werden kann, quasi direkt aus dem Beurkundungszimmer heraus, zum Beispiel an die Gesellschafter bei einem Kaufvertrag. Wir ermöglichen so den Notaren, noch moderner und digitaler zu arbeiten. Sie müssen nicht erst siegeln und einscannen. Das ist wirklich lange überfällig, und ich bin froh, dass wir diesen Schritt jetzt gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Insgesamt ist das ein Beitrag zu dem Motto „Weniger Papier, mehr digitales Arbeiten“. So müssen und so werden wir auch weitermachen bei der Modernisierung der Justiz, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das ist ein weiterer Schritt dazu.
Ich will noch einmal unterstreichen: Das hat nichts mit einem Digitalisierungsfimmel zu tun. Das höre ich ja gelegentlich. Ich bin ja einer der wenigen Minister, die dafür kritisiert werden, dass sie manchmal zu viel und zu schnell digitalisieren. Ich glaube, es geht wirklich um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Denn Menschen, die in ihren Dienstleistungsberufen jeden Tag digitale Arbeitsweisen praktizieren, verlieren den Respekt vor der Justiz, wenn die nicht genauso modern arbeitet wie sie.
(Tobias Matthias Peterka [AfD]: Deswegen geht der Respekt vor der Justiz verloren?)
Zudem ist die Digitalisierung die notwendige Voraussetzung, um Daten zu produzieren, die in Zukunft als Trainingsdaten für KI zur Verfügung stehen. Deshalb ist das ein notwendiger Schritt auch für die Handlungsfähigkeit des Staates insgesamt.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Fabian Jacobi für die AfD-Fraktion ist der nächste Redner.
(Beifall bei der AfD – Stephan Brandner [AfD]: Fabian Jacobi für das gesamte Parlament! Sonst redet ja keiner!)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 20 |
Session | 178 |
Agenda Item | Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung |