Norbert KleinwächterAfD - Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes
Werte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute führen Sie eine Notoperation am Herzen der Demokratie durch. Sie wollen zwei Einschnitte bei einem der ältesten Gesetze der Bundesrepublik Deutschland durchführen. Das Betriebsverfassungsgesetz wurde im Bundestag unter der Drucksache 1/1546 vorgestellt und 1952 beschlossen.
In der Tat hilft am heutigen Tag ein Blick in die Geschichte. Damals wollte man die Demokratie in die Gesellschaft tragen, nicht nur Parlamentarismus betreiben, sondern eben auch Mitbestimmung in den Betrieben durchsetzen. Und deswegen: Herzlichen Dank an alle Betriebsräte in Deutschland, die diese wertvolle und edle Aufgabe übernehmen!
(Beifall bei der AfD)
Im Zentrum der Einführung des Betriebsverfassungsgesetzes stand aber die Neuordnung der Wirtschaft als soziale Marktwirtschaft mit Existenzmöglichkeiten für die Menschen, kräftigen Löhnen, Freiheit, Eigentum für den Arbeiter. Der Abgeordnete Even führte in der dritten Lesung aus:
„Das, was er nicht als Konsumlohn erhalten kann, muß dem Arbeitnehmer in Form von … Miteigentum gewährt werden.“
Das Ziel war eine wirklich soziale Wirtschaftsordnung. Und soziale Marktwirtschaft bedeutete damals: Alle machen Marktwirtschaft und profitieren davon. Durch Arbeiten schafft man sich eine Existenz, durch Eigentum Wertbeständigkeit. Mitbestimmung ging damit automatisch mit Mitverantwortung und Mithaftung einher.
Und heute? Weniger Menschen arbeiten, und alle anderen profitieren von ihnen, vor allem, wenn „Asyl“ gerufen wird. Nicht-Arbeiten und Bürgergeld sichern die Existenz. Eigentum wird durch diese Regierung verunmöglicht. Mitbestimmung passiert ohne Mithaftung. Das ist keine soziale Marktwirtschaft, das ist eine asoziale Abwirtschaft, meine Damen und Herren,
(Beifall bei der AfD)
eine Abwirtschaft, die mittlerweile absurde Züge angenommen hat.
Die Prämisse des Betriebsverfassungsgesetzes ist ja völlig richtig: Betriebsräte arbeiten unentgeltlich und ehrenamtlich. Sie dürfen nicht benachteiligt oder bevorzugt werden. Das war schon 1952 so. Aber gedacht war eigentlich, dass die Betriebsräte durch Miteigentum an der guten Arbeit profitieren können. In der asozialen Abwirtschaft ist kaum ein Betriebsrat oder Arbeitnehmer Miteigentümer seines Unternehmens – DAX-Unternehmen gehören mehrheitlich Ausländern –, und der Betriebsrat darf gar nicht mehr profitieren. Nur noch das wird von den Gerichten wie ein Mantra vor sich hergetragen: dass sie nicht mehr verdienen dürfen. Anlass sind natürlich die Ausschweifungen unter anderem von Peter Hartz und anderen VW-Vorständen, die Betriebsräten mal eben sechsstellige Boni ausgezahlt haben. Peter Hartz wurde zur Untreue verurteilt. Er wurde auch SPD-Arbeitsminister.
(Jens Peick [SPD]: Er war nie Arbeitsminister! So ein Quatsch! Der Mann war nie Arbeitsminister!)
Man braucht ja einen Apologeten für die asoziale Abwirtschaft. Offensichtlich macht man in den etablierten Parteien nur noch mit krimineller Energie Karriere.
(Beifall bei der AfD)
Der Kanzler macht es vor. Die EU-Kommissionspräsidentin macht es vor. Peter Hartz hat es auch vorgemacht. Er ist wegen Untreue verurteilt worden: Verstoß gegen das Bevorzugungsverbot.
Nun kam am 10. Januar 2023 das Hammerurteil des Bundesgerichtshofs, und das führte folgende Kette ein: Wer Betriebsräte bevorzugt, der verstößt nicht nur gegen das Betriebsverfassungsgesetz, sondern auch gegen die Vermögensbetreuungspflicht gemäß § 93 Absatz 1 Aktiengesetz. Der macht sich nach § 266 Strafgesetzbuch der Untreue schuldig, und zwar völlig egal, in welcher Höhe oder in welcher Absicht diese Mehrbezahlung vorgenommen wurde – ich zitiere aus Randnummer 21 –:
„Steht fest, dass gegen § 93 Abs. 1 AktG verstoßen worden ist, bleibt kein Raum für die Prüfung, ob dieser Verstoß gravierend oder evident ist …“
Die Folgen: Verdient ein Betriebsrat auch nur einen Cent zu viel, steht der Vorstand mit einem Bein im Gefängnis. Verdient er weniger, ist es absolut ungefährlich; dann kann der Betriebsrat ja nur vor dem Arbeitsgericht auf Lohnerhöhung klagen. Was ist passiert? Vollkommen klar: Die Vorstände haben die Gehälter der Betriebsräte massiv gekürzt. Wer geht schon gerne dafür ins Gefängnis, dass er die deutsche Wirtschaft unterstützt und aufbaut?
Diese Gesetzesänderung tut im Falschen das Richtige. Von dieser Regierung wäre es ja zu viel erwartet, die soziale Marktwirtschaft wieder zu stärken. Von Arbeitsminister Heil haben wir das Gegenteil gehört. Es geht um sozialökologische Transformation, nicht um soziale Marktwirtschaft. Sie will die soziale Marktwirtschaft nicht, sie kann sie nicht, sie steht nicht dafür. Es fällt ihr auch nicht ein, verantwortliche Unternehmer zu schützen. Nach wie vor gilt: Wer seine Betriebsräte auch nur leicht überbezahlt, kann ins Gefängnis kommen. Die Unternehmer bleiben die Bösen; die Linken haben das ja in ihrem völlig unterirdischen Antrag auf den Punkt gebracht.
Sie schaffen Rechtssicherheit darüber, wann ein Betriebsrat richtig bezahlt sein soll. Das, was Ihnen dazu einfällt, ist, dass Sie den Betriebsrat zum Mittelmaß des Mittelmaßes machen. Er kann sich nur noch im Rahmen seiner Vergleichsgruppe entwickeln und vollzieht die Entwicklung des durchschnittlichen Arbeitnehmers. Herzlichen Glückwunsch! Der Betriebsrat ist für Sie also das absolute Mittelmaß. Diese Bewertung wirft jede Menge Fragen auf: Wer ist denn die richtige Vergleichsperson? Wie agieren Sie bei dynamischen Entwicklungen? Kann die Vergleichsgruppe ausgedehnt werden?
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Das ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts!)
Was ist bei langjährigen Betriebsräten? Für Personaldokumente gilt ja eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren. Muss man eine Neubestimmung vornehmen, wenn jemand älter ist? Benötigt man eine Betriebsvereinbarung für die Vergleichsgruppe? Was, wenn es keine Vergleichspersonen gibt, etwa in kleinen oder mittleren Unternehmen? Eine außerbetriebliche Betrachtungsweise verletzt ja die Betriebsbezogenheit; aber wenn ich keine Vergleichsperson habe, habe ich als Betriebsrat keine Aufstiegsmöglichkeit mehr. Ein Aufstieg ist nur noch bei einer tatsächlich höheren Stelle möglich. Was ist mit den tätigkeitsbezogenen Leistungsprämien, die andere Arbeitnehmer bekommen? Kann der Betriebsrat diese auch beanspruchen? Fragen über Fragen, neue Rechtsunsicherheit über neue Rechtsunsicherheit.
Meine Damen und Herren, das Prinzip, dass Betriebsräte absolut niemals überbezahlt werden dürfen, ist ein bisschen übertrieben. Wir als AfD stehen auch dafür, dass Betriebsräte ehrenamtlich und unentgeltlich arbeiten sollen. Aber jeder Trainer im Sportverein, jeder Gemeinderat kriegt eine kleine Entschädigung. Bei Betriebsräten sagt man: „Bloß keine Zulage!“ Dieses Prinzip möchte ich mal bei Bundestagsabgeordneten sehen. Dann kriegen die Ingenieure und die Promovierten der AfD schön ihr Gehalt weiter. Und die Grünen? Na ja, die sind ja meistens unqualifiziert und kriegen nichts.
(Beifall bei der AfD – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Saskia Esken [SPD]: Ist das peinlich!)
Den Aufschrei möchte ich sehen. Sie wollen Anerkennung für sich, aber alle anderen drücken Sie aufs Mittelmaß. Sie erkennen den Fehler, ja?
Ich glaube, wir müssen ein bisschen weiter denken. Diese Änderung ist eine Notoperation aufgrund der verfahrenen Rechtslage. Deswegen stimmen wir auch zu.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Aha, das ist ja merkwürdig! Wie kommt das denn jetzt?)
Aber sie behebt die grundlegenden Probleme nicht. Sie schaffen neue Rechtsunsicherheiten bei dem Versuch, alle aufs Mittelmaß zu drücken. Sie machen nichts bezüglich der Strafbarkeit der Vorstände, selbst bei einem geringfügigen Fehler. Sie fördern die soziale Marktwirtschaft nicht, obwohl wir Eigentum brauchen, die Wirtschaft stärken müssen, kräftige Löhne brauchen und Mitarbeiter, die stolz Aktien ihres Unternehmens besitzen und so profitieren. Davon sind Sie ganz weit weg, und das müssen wir in Zukunft angehen, meine Damen und Herren.
Die Menschen, die in unserem Land hart arbeiten und Wohlstand schaffen, die Arbeitnehmer, die Unternehmer, die Betriebsräte, verdienen keine Rechtsunsicherheit, sie verdienen nicht das Gefängnis. Sie verdienen Wohlstand, den sie hier erarbeiten.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Ich hoffe, dass die Leute den Widerspruch erkennen!)
Denken Sie mal darüber nach!
(Beifall bei der AfD)
Als Nächster hat das Wort für die FDP-Fraktion Carl-Julius Cronenberg.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7613548 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 179 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes |