Markus ReichelCDU/CSU - Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben das ja heute schon alle festgestellt: Es ist gut, dass dieses Gesetz heute so verabschiedet wird. Allerdings stelle ich mir schon die Frage: Wenn eine Sache, die so unstrittig ist wie der heute vorliegende Gesetzentwurf, so lange braucht, um von Ihnen durch das Parlament gebracht zu werden: Wie lange werden Sie denn dann für den Haushalt 2025 brauchen?
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Gute Frage!)
Herr Minister, Sie hatten in Ihrer Rede ein Thema angeführt, worauf ich etwas genauer eingehen will, nämlich die Frage: Wie kommen wir denn dahin, dass die betriebliche Mitbestimmung in unserem Land tatsächlich ausgeweitet wird?
Ich möchte dabei auf eine Gruppe eingehen, über die wir meines Erachtens viel zu selten sprechen, nämlich die kleinen und mittleren Unternehmen, die hier eine Schlüsselrolle einnehmen. Hier arbeiten immerhin mehr als die Hälfte aller Beschäftigten. Wenn man sich die Gruppe der Unternehmen mit 21 bis 50 Beschäftigten anschaut, dann stellt man fest, dass nur 17 Prozent von ihnen gegenwärtig einen Betriebsrat haben.
Wieso ist das so? Bei den Kleinstunternehmen, glaube ich, ist es klar: Da liegt es praktisch an der Minimalgrenze bei der Zahl von Arbeitnehmern. Dann gibt es natürlich eine große Gruppe von Unternehmen – Pascal Kober hat das angesprochen –, wo sich Mitarbeiter und Unternehmensführungen sehr gut abstimmen können, ohne dies über einen Betriebsrat formalisieren zu müssen.
Und dann ist es natürlich – auch das muss der Fairness halber angesprochen werden – in einigen eigentümergeführten Unternehmen eben doch so, dass häufig oder zumindest nicht selten die Einführung eines Betriebsrats als Eingriff in die Verfügungsrechte, in die Entscheidungsprozesse gesehen wird. Wir sollten das allerdings nicht kriminalisieren, sondern wir sollten uns die Frage stellen: Wie gehen wir die Ursachen an?
Natürlich werden Gründe, die für Betriebsräte sprechen, zu Recht angeführt: Betriebe, die einen Betriebsrat haben, zeigen im Durchschnitt eine höhere Produktivität, geringere Mitarbeiterfluktuation, bieten bessere Löhne.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Innovativer sind sie!)
Allerdings, Bernd Rützel, ist die Frage: Ist das eine Ursache-Wirkungs-Beziehung, oder ist das einfach eine Korrelation? Korrelation heißt, dass das eben zusammen auftritt. Darüber sollten wir mal nachdenken.
Die Politik versucht auch häufig mit der – ich würde mal sagen – Holzhammermethode, weitere Vorteile zu schaffen, zum Beispiel indem mangelnde Mitbestimmung ausgesprochen unattraktiv gemacht wird; Carl-Julius Cronenberg hat das ja angeführt beim Thema der Arbeitszeitregulierung. Das halte ich wirklich für den falschen Weg.
Es ist doch klar: Eine gute Abstimmung zwischen Mitarbeiterschaft und Unternehmensführung ist entscheidend für den Unternehmenserfolg. Zu klären sind vor Ort ganz konkrete Dinge: Gesundheitsschutz, Arbeitsschutz, Arbeitszeitregelung, betriebliche Veränderungsprozesse.
Diese über einen Betriebsrat zu institutionalisieren, kann ein sinnvoller Weg sein. Die Vorteile müssen aber für Unternehmer und für Beschäftigte in kleineren und mittleren Unternehmen klarer und deutlicher werden und klarer und deutlicher gemacht werden. Was ist deswegen aus meiner Sicht konkret zu tun?
Erstens. Die Gewerkschaften sollten sich konkreter um die Anliegen der kleinen und mittleren Unternehmen und ihrer Beschäftigten kümmern. Mir wurde von Handwerkskammern gesagt, dass nur noch wenige Spartengewerkschaften zum Beispiel den Kontakt mit der Handwerkerschaft suchen.
Zweitens. Akteure wie das BMAS, der DBG und natürlich auch die BDA müssen konkrete, gute Beispiele vermitteln, wie kleine und mittlere Unternehmen durch betriebliche Mitbestimmung produktiver und sicherer werden, ohne dabei in eine Überregulierung zu verfallen. Solche Bemühungen, das darzustellen, kann ich aktuell nicht erkennen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Drittens. Mitbestimmung – Axel Knoerig hat das vorhin angesprochen – muss moderner, flexibler, digitaler werden. Sie wird sich nur dann in den Unternehmen durchsetzen, wenn sie attraktiv ist und keine überzogenen Eingriffe und keine überbordende Bürokratie nach sich zieht; denn davon haben die Unternehmen und ihre Beschäftigten wahrlich genug.
Kommen Sie zum Schluss, bitte.
Das muss sich ändern.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Mathias Papendieck, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7613556 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 179 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes |