28.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 179 / Tagesordnungspunkt 26

Fritz GüntzlerCDU/CSU - Modernisierung des Unternehmensteuerrechts

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Im dritten Jahr der Ampelkoalition steckt die deutsche Wirtschaft in einer tiefen Krise. Der Wirtschaftsstandort Deutschland hat in den letzten Jahren substanziell an Attraktivität verloren, wie alle Indizes zeigen. Wir nehmen nur mal den Länderindex der Stiftung Familienunternehmen, wo wir Platz 18 von 21 Ländern einnehmen. Das heißt, wir sind Konjunkturschlusslicht, wie es auch der Internationale Währungsfonds wieder festgestellt hat. Die Weltwirtschaft wächst in diesem Jahr um 3,2 Prozent. Das Wachstum in den OECD-Staaten wird prognostiziert mit 2,9 Prozent, und in Deutschland liegen wir bei mageren 0,3 Prozent.

Aber auch andere Signale sind verheerend. Wir haben einen dramatischen Anstieg der Insolvenzen: 30 Prozent mehr als im Vorjahr; der höchste Stand der letzten zehn Jahre. Wir erleben eine Riesenkapitalflucht in Deutschland: 2022 ein Negativsaldo von 125 Milliarden Euro. Die Zahl der Patentanmeldungen geht zurück. Die Unternehmensgründungen und die Industrieproduktion gehen zahlenmäßig zurück. Alles Zeichen dafür, dass unser Wirtschaftsstandort schlecht dasteht. Das kann und darf nicht unser Anspruch sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das können wir uns schlicht nicht leisten; denn nur eine florierende Wirtschaft schafft die notwendigen Steuereinnahmen und die finanziellen Spielräume, die wir brauchen. Es wird allzu häufig vergessen: Vor dem Verteilen kommt das Verdienen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist in Gefahr. Eine schleichende Deindustrialisierung hat eingesetzt. Wir drohen wieder der kranke Mann Europas zu werden. Wir müssen also handeln. Wir müssen wieder wettbewerbsfähig werden, und wir dürfen nicht weiter Zeit verlieren.

Es gibt verschiedenste Gründe, die dazu geführt haben. Ich nenne nur drei: Wir haben die höchsten Arbeitskosten in Deutschland im Vergleich zu anderen Nationen. Wir haben die höchsten Energiekosten. Ja, und wir haben auch die höchsten Steuern.

Deutschland ist Hochsteuerland. Wenn man sich die Unternehmensteuersätze anguckt, liegen wir mittlerweile bei über 30 Prozent, in der OECD bei 23 Prozent, im EU-Schnitt bei 21 Prozent. Während andere Staaten ihre Steuern gesenkt haben – ich nenne nur Frankreich, Großbritannien, USA –, ist bei uns die Steuerlast gestiegen. Die letzte Reform kommt aus dem Jahre 2008. Wir brauchen endlich wieder eine Steuerpolitik, die Investitionen und Innovationen anreizt. Wettbewerbsfähige Steuern für Unternehmen ermöglichen höhere Löhne, bessere Beschäftigung und stabiles Wachstum, was wir wieder brauchen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wirtschaftsminister Habeck, dem ich ja nicht in allen Punkten zustimme, hat gesagt: Unser Unternehmensteuerrecht ist international nicht mehr wettbewerbsfähig und investitionsfeindlich. – Wenn das aber so ist, verstehe ich nicht, warum die Ampel hier nicht handelt.

Damit Sie handeln können, haben wir heute einen Antrag vorgelegt, der aufbaut auf einem Papier der CDU/CSU-Fraktion aus dem Jahre 2019 – damals haben wir das mit der SPD leider nicht mehr umsetzen können; aber daran sieht man, dass der Handlungsdruck schon damals bestand –, einen Antrag, der für Sie – so ist Serviceopposition – ein Baukasten für ein modernes und effizientes Unternehmensteuerrecht sein könnte. Von daher: Nehmen Sie das an! Wir brauchen in Deutschland einen Steuer-Wumms; so würde es wohl der Kanzler sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Um was geht es? Es geht um die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit; wir müssen die Strukturen im Steuerrecht verbessern, und wir müssen Bürokratie abbauen. 19 Maßnahmen haben wir Ihnen aufgelistet; ich kann hier jetzt nicht alle nennen. Es gibt vielleicht sogar noch weitere Ideen, die das Konzept noch verbessern können.

Wir müssen endlich wettbewerbsfähige Steuern schaffen mit einem Steuersatz von 25 Prozent für thesaurierte Gewinne. Wir müssen den Unternehmen bei Investitionen die Möglichkeit geben, schneller abzuschreiben. Wir brauchen eine verbesserte Verlustverrechnung. Verluste sind betriebswirtschaftlich schon mal bezahlt. Es ist völlig unverständlich, dass ich dann, wenn ich nach einer Verlustsituation wieder Gewinne mache, diese nicht vollständig verrechnen kann.

Wir müssen das Steuerrecht auf den Kopf stellen. Nach der Einführung der Mindestbesteuerung müssen wir uns Missbrauchsbekämpfungsvorschriften angucken, die ihren Sinn verfehlt haben, aber die Unternehmen mit viel Bürokratie belasten. Also, wir brauchen einen wirtschaftlichen Aufbruch, und dafür kann dieses Steuerrecht einen wichtigen Impuls setzen.

Ich kann mir jetzt schon vorstellen, was Sie gleich wieder sagen werden: Das ist alles nicht finanzierbar; das geht alles nicht. – Da bin ich aber ganz beim Bundesfinanzminister Lindner, der immer wieder sagt – zuletzt auch auf dem Steuerberaterkongress, wenn ich mich richtig erinnere –: Deutschland hat kein Einnahmeproblem, sondern Deutschland hat ein Ausgabeproblem.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Jörn König [AfD] – Manfred Todtenhausen [FDP]: Recht hat er! – Katja Mast [SPD]: Machen Sie mal Vorschläge! Einfach Vorschläge machen! – Armand Zorn [SPD]: Dann machen Sie doch mal Vorschläge! Was schlagen Sie denn vor?)

Und wenn das so ist, dann gibt es auch die Spielräume für so eine Steuerreform. Wir haben bald Steuereinnahmen von über 1 Billion Euro in diesem Land, das ist ein Anstieg von über 60 Prozent in den letzten zehn Jahren.

(Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie hin und wieder auch mit den Ländern? – Katja Mast [SPD]: Einfach Vorschläge machen!)

Von daher können wir sehen, dass die Ausgaben überproportional zu den Einnahmen gestiegen sind.

Ich will Ihnen auch sagen: Alle Studien – jedenfalls die seriösen –

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Katja Mast [SPD])

zeigen, dass jede Steuerreform nicht zu Steuermindereinnahmen, sondern sogar zu Steuermehreinnahmen geführt hat, weil sie Investitionsimpulse ausgelöst hat. Von daher ist es richtig, dass wir hier handeln.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn die Frage ist ja – der Betriebswirt würde von Opportunitätskosten sprechen –: Was ist denn hier die Opportunität? Was ist denn die Alternative? Nichts tun? Dann sage ich Ihnen: Dann brechen die Steuereinnahmen irgendwann mal ein, weil wir vor leeren Fabrikhallen stehen und die deutsche Industrie nicht mehr erwirtschaften kann, was wir brauchen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Von daher müssen wir jetzt handeln.

Das alles, meine Damen und Herren – das will ich deutlich sagen; auch das wird wahrscheinlich nachher wieder gesagt –, ist kein Steuergeschenk für Unternehmen,

(Heiterkeit des Abg. Markus Herbrand [FDP])

sondern das legt das Fundament für Wachstum, Wohlstand und den Erhalt von Arbeitsplätzen.

Von daher: Lassen Sie uns das gemeinsam anpacken – für den Wirtschaftsstandort Deutschland!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Güntzler. – Nächster Redner ist der Kollege Parsa Marvi für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613563
Wahlperiode 20
Sitzung 179
Tagesordnungspunkt Modernisierung des Unternehmensteuerrechts
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