28.06.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 179 / Tagesordnungspunkt 27

Johannes FechnerSPD - Änderung des Abgeordnetengesetzes

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Gerade in diesen herausfordernden Zeiten ist es wichtig, dass wir als Abgeordnete den Bürgerinnen und Bürgern unsere Entscheidungen erklären und sie mitnehmen. Genau dafür braucht es Fraktionsöffentlichkeitsarbeit, und für diese gibt es Steuermittel. Wir regeln heute mit diesem Gesetz, dass ganz klar ist, dass diese Mittel, die wir für die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen bekommen, auch nur für diese Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung stehen und nicht etwa zweckentfremdet werden dürfen, etwa für die Parteienfinanzierung. Das ist ein ganz wichtiges Gesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Wir freuen uns auch, dass es gelungen ist, diese Regelung auf eine breite Basis – über die Ampelfraktionen hinaus mit der CDU/CSU geeint – gestellt zu haben und heute hier in erster Lesung beraten zu können.

(Stephan Brandner [AfD]: Das ist doch immer so, wenn es um Staatskohle geht, Herr Fechner! Da halten Sie alle zusammen!)

Der Bundesrechnungshof kritisiert schon seit Langem, dass eine solche präzise Regelung über mögliche Rückforderungen bei Zweckentfremdung der Öffentlichkeitsmittel fehlt. Darauf reagieren wir heute und nehmen diese langjährige Kritik des Rechnungshofes auf.

In einem Punkt – das will ich gleich zu Beginn sagen – folgen wir dem Bundesrechnungshof aber nicht. Wir finden, dass der Bundesrechnungshof eine zu enge Auffassung hat, was denn Öffentlichkeitsarbeit und vor allem Fraktionsarbeit ist.

(Stephan Brandner [AfD]: Das glaube ich, dass Sie da Angst bekommen!)

Es muss zum Beispiel möglich sein, dass ein Fraktionsvorsitzender einen Kommentar zu einer Wahl in einem ausländischen Staat abgibt und dass wir auch auf Social Media ohne Einschränkungen Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen machen können.

(Stephan Brandner [AfD]: Hört! Hört!)

Diese Auffassung des Rechnungshofes halten wir für zu eng, und deswegen regeln wir ganz klar, dass die Vermittlung allgemeiner politischer Standpunkte, und zwar insbesondere auch über Social Media, ein berechtigtes Interesse einer Fraktion ist und dass dafür die Fraktionsmittel verwendet werden dürfen.

Ganz wichtig: Wir schlagen eine klare Regelung vor, was denn passiert, wenn die Fraktionsmittel zweckwidrig verwendet werden, etwa zur Parteienfinanzierung in Wahlkampfzeiten.

(Stephan Brandner [AfD]: Apropos Parteienfinanzierung: Was ist denn mit den 100 Millionen? Die sind auch nicht zurückbezahlt!)

Da wird es zukünftig so sein: Wenn ein solcher Verstoß vorliegt, dann wird der Ältestenrat diesen Missbrauch feststellen und dann ist es Sache der Bundestagspräsidentin, die Mittel von der Fraktion, die die Mittel zweckentfremdet hat, zurückzufordern oder auch mit ihr noch anderweitig zustehenden Mittel aufzurechnen. Das ist eine klare Regelung. Denn wir wollen sichergehen: Wenn Steuermittel für die Öffentlichkeitsarbeit einer Fraktion und damit für die Information der Bürgerinnen und Bürger aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt werden, dann dürfen diese Mittel nicht zweckwidrig verwendet werden. Das regeln wir heute ganz klar, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir haben noch weitere Regelungen im Abgeordnetengesetz zur Änderung vorgesehen. Wir wollen es den Kolleginnen und Kollegen ermöglichen, wie jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin einen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung zu bekommen. Das ist keine neue Regelung. Wofür wir aber jetzt sorgen, ist, dass auch denjenigen Kolleginnen und Kollegen, die sich erst im Laufe der Wahlperiode für diese Variante entscheiden, diese Möglichkeit eingeräumt wird.

Wir sehen, dass unsere Regelung, Interessenkollisionen von Abgeordneten in den Ausschüssen zu veröffentlichen, nicht praktikabel war. Sie war zu kompliziert und hat damit den Zweck, mehr Transparenz zu schaffen, nicht erfüllt. Deswegen fokussieren wir uns auch weiterhin auf die Berichterstatter. Wenn ein Berichterstatter einer Interessenverknüpfung, Interessenkollision ausgesetzt ist, dann muss er im Ausschuss vor der Beratung mitteilen, dass diese Interessenverknüpfung besteht. Es sollen alle Bürgerinnen und Bürger vor einer Diskussion im Ausschuss wissen, ob möglicherweise eine Interessenkollision besteht.

Die übrigen Mitglieder im Ausschuss müssen sich bezüglich einer Interessenverknüpfung nur dann offenbaren, wenn sie es nicht schon angegeben haben. Wenn also beispielsweise die Erhöhung der Vergütung in einem Berufsstand zur Beratung ansteht, dann müssen die Berichterstatter, die diesem Berufsstand angehören, diese Interessenverknüpfung darlegen. Die anderen Ausschussmitglieder müssen es nur dann, wenn sie es nicht schon bei den Nebentätigkeiten angegeben haben. Auch das dient einer klaren Regelung. Wir sorgen dafür, dass es transparent ist und dass ganz klar ist, dass wir Abgeordnete für das Allgemeinwohl und nicht für den eigenen Geldbeutel arbeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Wir hatten zu dieser Zeit, am Freitagvormittag, sicherlich auch schon spannendere und bedeutendere Themen als diese kleineren Regelungen im Abgeordnetengesetz,

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber sehr wichtige! – Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Dann müssen Sie mal was machen, was interessanter ist!)

die sich zugegebenermaßen vielleicht etwas trocken anhören, auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Tribüne. Theoretisch hätten wir das auch ohne Debatte machen können. Aber uns war wichtig – da kann ich für die Ampelfraktionen und die Union gemeinsam sprechen –, uns nicht im Ansatz dem Vorwurf auszusetzen, still, leise, heimlich während der Fußballeuropameisterschaft, wo die Bürgerinnen und Bürger vermeintlich anderes im Sinn haben, als unsere Parlamentsdebatten zu verfolgen, hier Regelungen für unseren Abgeordnetenstatus zu treffen. Deswegen gibt es ganz klar zu diesem Zeitpunkt eine öffentliche Debatte, in der es darum geht, was die Rechtsgrundlagen unserer Abgeordnetentätigkeit hier sind. Ich freue mich auf die Beratungen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Fechner. – Nunmehr spricht zu uns der Kollege Dr. Hendrik Hoppenstedt, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Frieser [CDU/CSU]: Historisch! Wegweisend!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7613584
Wahlperiode 20
Sitzung 179
Tagesordnungspunkt Änderung des Abgeordnetengesetzes
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