Frauke HeiligenstadtSPD - Hinzuverdienstgrenzen für Rentner
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf den Antrag der AfD eingehe, nur so viel, sehr geehrte Frau Huy:
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Jetzt kommt „Hass und Hetze“!)
Von den 3,9 Millionen Bürgergeldempfängerinnen und -empfängern sind ganze 1,7 Millionen erwerbsfähig.
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Ich finde das ganz schön viel!)
Die anderen pflegen Angehörige, betreuen Kinder, nehmen an Qualifizierungsmaßnahmen teil, gehen noch zur Schule oder erhöhen als Aufstocker ihr Einkommen, sehr geehrte Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
So viel zu den alternativen Fakten dieser Partei.
Aber herzlichen Glückwunsch! In Sachen Realitätsverweigerung ist der Antrag, der hier vorliegt, wirklich einer der Höhepunkte. Anstatt auf die Expertinnen und Experten zu hören,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Beispiel Raffelhüschen!)
die beim Thema Fachkräftemangel alle auf die Einwanderung von Fachkräften und die Verbesserung von Arbeitsbedingungen setzen, wollen Sie Rentnerinnen und Rentner und Witwen und Witwer weiter schuften lassen. Menschen, die 45 Jahre oder noch länger Tag für Tag gearbeitet haben, sollen jetzt die Fachkräftelücke schließen.
Es gibt mindestens vier große Themenfelder beim Fachkräftemangel. Mit denen beschäftigt man sich natürlich nur, wenn man nicht ausländerfeindlich ist und tatsächlich ein Interesse an der Attraktivitätssteigerung von Arbeitsplätzen hat.
Erster Themenbereich: Bildung und Qualifizierung.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: SPD und Bildung! Das haben wir lange nicht gehabt!)
Man kann sie verbessern durch Ausbildungsprogramme, durch die Stärkung der dualen Berufsausbildung, durch Weiterbildung, durch MINT-Programme; ich könnte noch viel mehr nennen.
Der zweite Themenbereich betrifft die Arbeitsbedingungen und die Unternehmenskultur. Man kann sie verbessern durch flexible Arbeitszeitmodelle, durch Homeoffice, durch bessere Vergütung und mehr Tarifbindung. Auch dazu ist in dem AfD-Antrag nichts enthalten.
Ein großes Themenfeld – dritter Themenbereich – ist natürlich die Fachkräftesicherung durch Migration. Man kann die Fachkräftegewinnung durch das moderne Zuwanderungsgesetz verbessern,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Klappt ja super seit 2015!)
das dieses Parlament mit deutlicher Mehrheit beschlossen hat. Gut so, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall der Abg. Dr. Ann-Veruschka Jurisch [FDP])
Wir erleichtern die Verfahren. Wir erkennen die im Ausland erworbenen Abschlüsse eher an.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Und dann staunen wir über die Qualität!)
Wir unterstützen bei der Integration durch Sprachkurse.
Der vierte Themenbereich im Hinblick auf die Fachkräfte sind Maßnahmen zur Förderung von Diversität und Inklusion.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Ui!)
Dazu gehören zum Beispiel Geschlechtergerechtigkeit
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Genau! Die Geschlechtergerechtigkeit bei Einwanderern aus Syrien und Afghanistan vor allen Dingen!)
durch Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber auch mehr Vielfalt in Unternehmen durch Inklusionsinitiativen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und was sagt die AfD zu diesen in der Fachwelt unstrittigen besten Maßnahmen?
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Unstrittig beste Maßnahmen? Ist das Ihr Ernst? – Dr. Götz Frömming [AfD]: Na, wenn mehr Frauen einwandern würden, wäre das gar nicht so schlecht! Sind ja fast nur Männer!)
Sie will nicht mehr Fachkräfte aus dem Ausland haben. Deshalb will sie auch keine Anerkennung ausländischer Abschlüsse.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Die Fähigkeiten für eine Anerkennung muss man erst mal besitzen!)
Im Gegenteil: Mit Ihrer Politik des Hasses, der Hetze und der Ausgrenzung von Menschen mit Migrationsgeschichte schrecken Sie sogar Fachkräfte und auch Investitionen aus dem Ausland ab.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Götz Frömming [AfD]: Ah! Jetzt haben Sie einen Sündenbock gefunden! – Norbert Kleinwächter [AfD]: Die echten Fachkräfte kommen doch wegen Ihrer Einwanderungspolitik nicht! Schauen Sie sich doch mal die Zahlen, Daten und Fakten an!)
Das sagen im Übrigen nicht nur die SPD und ich als Vortragende, sondern auch der BDI und jüngst die „New York Times“, eine Zeitung,
(Norbert Kleinwächter [AfD]: … die sehr links ist!)
die übrigens jedem Investor vorliegt.
Und hat die AfD Ideen zum Thema „Geschlechtergerechtigkeit und Verbesserung der Beschäftigungsquote von Frauen“?
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Die Frauen schaffen das auch so!)
Natürlich nicht. Man könnte ja auf Ideen kommen wie zum Beispiel die Verbesserung der Kinderbetreuung, den Ausbau von Ganztagsschulen
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Genau! Wir schieben die Kinder nur noch ab!)
oder auch Beratungsangebote zum Wiedereinstieg nach längerer Pause in den Beruf. Sie wollen stattdessen lieber Witwen länger arbeiten lassen. Kein Wunder! Ihre Politik hat nichts mit Geschlechtergerechtigkeit zu tun.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Die würden doch gerne noch arbeiten!)
Auch zum Thema „Bildung und Qualifizierung“ findet sich in dem Antrag keine einzige Silbe. Die Verringerung der Schulabbrecherquoten könnte dazugehören.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das wäre doch Ihre Aufgabe!)
Weiterbildungsmaßnahmen, arbeitsmarktpolitische Maßnahmen – all das wäre notwendig,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Tun Sie es doch!)
um zu einem guten Antrag zum Fachkräftemangel zu kommen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Alles Ihre Aufgabe! – Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Ja, dann machen Sie es doch! Sie hatten doch Zeit! Sie haben es nicht gemacht!)
Diese Bundesregierung und die Koalition erarbeiten schon längst entsprechende Maßnahmen. Gibt es Maßnahmen im AfD-Antrag zum Thema Fachkräftemangel? Fehlanzeige!
Was macht die AfD stattdessen? Ich zitiere aus dem Antrag – hören Sie gut zu! –:
„Um dem“
– Fachkräftemangel –
„entgegenzuwirken, liegt es nahe … verstärkt auf die Rentner im eigenen Land zurückzugreifen.“
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja!)
Ja, herzlichen Glückwunsch, liebe Rentnerinnen und Rentner! Laut AfD sind Sie es also, die die Fachkräftelücke schließen sollen. Oder anders ausgedrückt: Der 68-Jährige, der vor drei Jahren in Rente gegangen ist und Zeit seines Lebens Dachdecker war, soll wieder aufs Dach klettern.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Nein! Er muss nicht! Er kann!)
Man kann sicherlich darüber nachdenken, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie man es älteren Arbeitnehmern leichter macht, länger im Erwerbsleben zu verbleiben. Viele Maßnahmen dazu habe ich bereits genannt.
Zum Schluss, sehr geehrte Damen und Herren: Ich könnte noch ergänzen, dass man die Einkommensteuer – es geht hier um die Freibeträge – immer nach der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Steuerschuldners berechnet. Rentnerinnen und Rentner, die eine hohe Rente bekommen, sollen laut AfD aber denselben steuerfreien Pauschbetrag erhalten wie Rentnerinnen und Rentner, die nur 800 Euro Rente bekommen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Sonst wäre es ja auch kein Anreiz!)
Ist das gerecht? Auch dazu sagt der Antrag nichts aus.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Sie haben das System der Freibeträge nicht verstanden!)
Sehr geehrte Damen und Herren, selbstverständlich steht es jedem Rentner und jeder Rentnerin frei, in Rente nebenher noch Geld dazuzuverdienen. Möglichkeiten dazu gibt es reichlich. Wir haben die Hinzuverdienstgrenzen längst aufgehoben.
Für diesen AfD-Antrag gilt allerdings: Es ist erneut ein überflüssiger Antrag, mit dem Sie das Parlament behelligen und der nur Steuergelder verschwendet.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Norbert Kleinwächter [AfD]: Hinzuverdienstgrenzen für Rentenbezieher verschwenden also Steuergelder! Danke für die Deutlichkeit!)
Olav Gutting für die Unionsfraktion ist der nächste Redner.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7613623 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 179 |
Tagesordnungspunkt | Hinzuverdienstgrenzen für Rentner |