Johannes FechnerSPD - Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Geschichte wiederholt sich. 1980 gab es in Deutschland zwei herausragende Ereignisse: Der Bundestag hat eine grundlegende Reform der Geschäftsordnung beschlossen, und die deutsche Fußballnationalmannschaft wurde Europameister. Geschichte wiederholt sich: Wir werden, so meine Prognose, 2024 unsere Geschäftsordnung hier im Bundestag grundlegend reformieren, und Deutschland wird Fußballeuropameister, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
In den letzten Jahrzehnten haben wir unsere Geschäftsordnung immer wieder einmal an der einen oder anderen Stelle geändert. Das war auch notwendig. Aber jetzt wollen wir eine grundlegende Reform. Wir wollen unsere Geschäftsordnung moderner gestalten, wir wollen unsere Abläufe transparenter gestalten, und wir wollen nicht, dass verfassungsfeindliche Parteien Unklarheiten in der Geschäftsordnung für ihre verfassungsfeindlichen Ziele ausnutzen können. Das werden wir verhindern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Stephan Brandner [AfD]: Verfassungsfeindliche Parteien sind verboten, Herr Fechner!)
Und das beginnt mit einer Präzisierung zur Wahl des Präsidiums. Wir stellen klar, dass immer nur eine Fraktion wahlvorschlagsberechtigt ist, und wenn nach drei erfolglosen Wahlverfahren einer Fraktion keine Mehrheit für diesen Wahlvorschlag gefunden werden konnte, dann darf diese Fraktion nur noch einen weiteren Vorschlag machen, wenn ein Viertel des Bundestages dem zustimmt. Damit verhindern wir, dass wir mehr oder weniger alle Monate lang über einen Wahlvorschlag einer Fraktion abstimmen, der offensichtlich keine Mehrheit findet,
(Fabian Jacobi [AfD]: Pfui!)
weil es ein unqualifizierter Personalvorschlag ist. Das werden wir abstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Fabian Jacobi [AfD]: Antidemokrat! – Martin Reichardt [AfD]: Die SPD hat überhaupt keine Qualifizierung!)
Wir werden auch unsere Abläufe lebendiger gestalten. Zum Beispiel werden wir auch in den Aktuellen Stunden zukünftig Zwischenfragen zulassen. Das wird die Debatten zu den Aktuellen Stunden deutlich lebendiger gestalten.
Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind im Parlament Vorbild für ein respektvolles Miteinander.
(Fabian Jacobi [AfD]: Ha! Das wüssten wir aber!)
Deswegen schreiben wir einen Satz in unsere Geschäftsordnung, der eigentlich selbstverständlich sein sollte, der aber dringend erforderlich ist und lautet, dass die Rede von gegenseitigem Respekt und Anstand geprägt sein sollte.
(Martin Reichardt [AfD]: Das sagt eine der anstandslosesten Fraktionen, die ich überhaupt je gesehen habe!)
Ich finde, das ist ein wichtiger Grundsatz, der hier allzu oft missbraucht wird.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir werden es also nicht länger hinnehmen, dass hier insbesondere die AfD-Fraktion reihenweise Ordnungsrufe für fehlendes Benehmen kassiert
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Von Ihren Vizepräsidenten, die sehr parteiisch sind!)
und die Sanktionen, die wir hier verhängen, mit dem Ordnungsruf verpuffen. Zukünftig wird es einen Automatismus geben: Wer drei Ordnungsrufe kassiert, der bekommt ein Ordnungsgeld. Und das Ordnungsgeld wird auch saftiger ausfallen: Wir werden es verdoppeln von 1 000 Euro auf 2 000 Euro beim ersten Ordnungsgeld und von 2 000 Euro auf 4 000 Euro beim zweiten. Ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind hier im Bundestag Vorbild
(Martin Reichardt [AfD]: Wofür sind Sie denn Vorbild? Sie sind in Ihrem ganzen Leben noch kein Vorbild gewesen!)
für ein respektvolles Miteinander in politischen Debatten. Genau deshalb ist es wichtig, dass wir die Sanktionen für Fehlverhalten hier verschärfen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Martin Reichardt [AfD]: Gucken Sie doch mal da drüben in die Reihen! Wer taugt denn da als Vorbild?)
Wir werden des Weiteren dafür sorgen, dass wir die Abwahlmöglichkeiten von Personen, die ungeeignet für ihre Ämter sind, einführen.
(Lachen bei der AfD)
Das haben wir uns für den Herbst vorgenommen. Wir wollen zunächst das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes abwarten. Wir haben keinen Zweifel, dass wir den Rechtsstreit gewinnen werden, was die Abwahlmöglichkeit von Ausschussvorsitzenden angeht. Aber wir meinen, eine so wichtige Frage sollten wir auf jeden Fall eindeutig in der Geschäftsordnung geregelt haben. Das gilt dann auch für die Schriftführer. Wir haben – der Kollege sitzt dort in der AfD-Fraktion – einen verurteilten Straftäter, der Schriftführer ist. Das darf nicht sein. Das Amt des Schriftführers ist zu wichtig, als dass ein wegen Betrugs verurteilter Straftäter diese wichtige Aufgabe hier im Bundestag wahrnehmen dürfte.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Besser, als einen Kinderschänder in den eigenen Reihen zu haben, Herr Fechner!)
Auch dafür werden wir im Herbst eine Regelung schaffen.
Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stärken auch die Mitwirkungsrechte der nationalen Minderheiten. Ich weiß, der Kollege Seidler wird möglicherweise gleich bemängeln, dass das nicht weit genug geht, dass er gerne mehr Möglichkeiten hätte. Aber ich finde, wir schaffen doch einige ganz wichtige Mitwirkungsmöglichkeiten. Die Abgeordneten der nationalen Minderheiten können zukünftig Tagesordnungspunkte auf die Tagesordnung ihres eigenen Ausschusses setzen lassen, sie haben nach unserem Vorschlag beratende Stimme in allen anderen öffentlichen Ausschüssen, und sie können Entschließungsanträge einbringen. All das steht immer unter der Voraussetzung, dass die Belange der von ihnen vertretenen nationalen Minderheit betroffen sind. Ich finde, das ist eine wichtige Verbesserung, weil uns die nationalen Minderheiten wichtig sind, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich an der Stelle ganz herzlich bei den Berichterstattern der Ampel, Filiz Polat und Stephan Thomae, bedanken. Ich hätte jetzt gerne Patrick Schnieder miteinbezogen, aber leider sind wir auf der Zielgeraden nicht zusammengekommen. Ich sage ausdrücklich: noch nicht. Ich halte es für sinnvoll, dass wir die Geschäftsordnung, die Basis unserer parlamentarischen Zusammenarbeit, hier mit einer breiten Mehrheit – mit der größten Oppositionsfraktion und gerne auch mit den Gruppen – gemeinsam verabschieden. Ich glaube, wir liegen bei gar nicht mal so vielen Punkten auseinander. Es ist gut, dass Sie im Verfahren, das jetzt ansteht, schon Gesprächsbereitschaft signalisiert haben. Es wäre gut, wenn wir hier noch zusammenkämen. Ich freue mich insofern auf die weiteren Beratungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Fechner. – Der soeben angesprochene Kollege Patrick Schnieder, CDU/CSU-Fraktion, hat jetzt das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7613801 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 180 |
Tagesordnungspunkt | Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages |