Nadine HeselhausSPD - Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir alle konsumieren: Wir tragen Kleidung, essen und trinken, brauchen auch mal Medikamente. Das betrifft auch unsere Kleinsten, also diejenigen, die gar keine eigenen Entscheidungen treffen können. Es gibt deshalb kaum einen anderen Bereich, der so nah am Menschen ist, und zwar ohne Ausnahme, wie der Verbraucherschutz.
Als verbraucherpolitische Sprecherin meiner Fraktion finde auch ich es deshalb gut, dass wir hier heute über den Verbraucherschutz reden. Die CDU/CSU beschreibt in ihren Antrag ganz richtig ein Dilemma; denn Verbraucherschutz an sich betrifft alle Bereiche, damit auch alle Ministerien. Somit kann zwangsläufig das Ministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz nur zu einem Teil selbst zuständig sein.
Es stimmt, dass dem Verbraucherschutz dadurch nicht die notwendige Wertschätzung entgegengebracht werden kann. Falsch ist allerdings, dabei den Eindruck zu erwecken, das habe etwas mit dem Umzug vom Justiz- zum Umweltministerium zu tun, sei neu und ein von dieser Regierung verursachtes Problem. Richtig ist: Es gab noch nie ein eigenes Verbraucherschutzministerium.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch, unter Renate Künast!)
Der Verbraucherschutz war schon immer Anhängsel anderer Ministerien: des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und zuletzt des Justizministeriums.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Aber es geht doch um die ideologische Überlagerung!)
– Jetzt hören Sie doch einfach mal ein Momentchen zu. Vielleicht werden Ihre Fragen ja noch geklärt.
(Beifall bei der SPD – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Sie wollen es doch gar nicht verstehen!)
– Jetzt warten Sie doch einfach mal! Ich erkläre Ihnen das noch. Momentchen!
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Nein, weil das Quatsch ist, was Sie erzählen!)
Die Zuordnung war also nie ganz falsch, aber eben auch nie vollständig richtig. Das können wir an den über 20 Maßnahmen, die Sie in Ihrem Maßnahmenkatalog aufführen, sehr gut sehen. Denn Sie sprechen darin folgende Ministerien an
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Welche Ideologie gab’s denn im Bundesjustizministerium? So ein Käse!)
– nein, eben nicht nur das Justizministerium –: ganz oft das Ministerium für Digitales und Verkehr –
(Stephan Brandner [AfD]: Was schreien Sie denn so? Ruhig bleiben!)
– ich muss ihn ja übertönen; das ist in Ordnung –, häufig das Finanzministerium, ja, auch das Justizministerium, aber eben auch die Ministerien für Bildung und Forschung, des Innern, für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, für Ernährung und Landwirtschaft, für Wirtschaft und Klimaschutz und für Umwelt, also die komplette Palette. Für eine echte Verbesserung bräuchte es also eine grundsätzlich andere Struktur. Ein Verbleib beim Justizministerium hätte dieses Dilemma also ebenfalls überhaupt nicht gelöst. Ihre Unterstellung ist deshalb vollkommen haltlos.
(Beifall bei der SPD – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Was ist mit der Ideologie im Umweltministerium? – Zuruf der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])
Grundsätzlich listen Sie in Ihren Anträgen ja gerne Maßnahmen auf, die bereits geplant sind, deren Umsetzung gerade läuft oder bereits erfolgt ist oder die Sie früher selbst verhindert haben, so auch hier; das ist in anderen Redebeiträgen ja auch schon aufgegriffen worden.
Dazu auch von mir ein paar Beispiele: Die EU-Richtlinie zum Recht auf Reparatur wird nicht nur umgesetzt, sondern durch weitere Maßnahmen unterstützend flankiert. Sie wissen auch ganz bestimmt, dass wir gerade das Bundesdatenschutzgesetz ändern, um Verbraucherinnen und Verbraucher beim Bonitätsscoring, zum Beispiel durch die Schufa, vor diskriminierenden Praktiken zu schützen.
(Johannes Schraps [SPD]: Hört! Hört!)
Die Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel haben wir gerade erst ausgeweitet. Und die im Antrag ebenfalls angesprochene Außer-Haus-Verpflegung mit Fokus auf regionale und saisonale Lebensmittel nimmt eine zentrale Rolle in der Ernährungsstrategie der Bundesregierung ein.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es ist schon interessant, dass Sie gerade den Bereich Ernährung anführen; denn in der Vergangenheit waren Sie es ja auch, die hier auf der Bremse standen.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
In vielen Punkten fordern Sie die Bundesregierung ganz unkonkret auf, sich einzusetzen oder auf etwas hinzuwirken, weil Sie ganz genau wissen, dass diese an der Stelle selbst überhaupt nicht zuständig ist, zum Beispiel dafür, dass die BahnCard – Sie haben es ja angesprochen – seit knapp einem Monat nur noch in digitaler Form ausgegeben wird. Eine wichtige Sache? Ja. In der Zuständigkeit der Regierung selbst? Nein. Denn das operative Geschäft obliegt der Geschäftsführung.
(Zurufe von der CDU/CSU)
Mehrere Verbände haben die Deutsche Bahn um Korrektur dieser Entscheidung gebeten, das Ministerium auch. Und auch ich habe entsprechende Gespräche mit der Bahn geführt.
(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Wem gehört denn die Bahn?)
Es geht hier um eine ganz generelle gesellschaftliche Frage: Dürfen Menschen bei zunehmender Digitalisierung von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen werden? Produkte und Dienstleistungen ausschließlich digital anzubieten, macht eben genau das; denn 3 Millionen Menschen in unserem Land nutzen das Internet nicht, darunter viele, die es einfach nicht können. Meine Damen und Herren, ja, wir müssen die Digitalisierung vorantreiben, und gleichzeitig muss gesellschaftliche Teilhabe für alle möglich sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben es eben schon gehört: Sie fordern, auch zukünftig mit Bargeld zahlen zu können. Ich habe da eine gute Nachricht für Sie: Bargeld ist in Deutschland nach wie vor das Zahlungsmittel Nummer eins und muss als Zahlungsmittel angenommen werden.
(Armand Zorn [SPD]: So ist es!)
Dagegen hinkt Deutschland bei der Kartenzahlung und bei der Zahlung per Handy hinterher, was auch viele Fußballfans aus anderen Ländern während der EM in unseren Kneipen erfahren mussten.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! Sie haben uns belächelt! Genau!)
Die Menschen sollen selbst entscheiden können, wie sie zahlen. Wahlfreiheit, das ist es, was wir brauchen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das habe ich doch gerade gesagt!)
– Dann schreiben Sie es doch einfach in Ihren Antrag.
Die in Ihrem Antrag geäußerte Generalkritik an der Verbraucherpolitik der Ampel weise ich entschieden zurück. Wir haben Verbraucherinnen und Verbraucher erfolgreich vor den schlimmsten Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine geschützt, vor ausufernden Energiekosten zum Beispiel. Wir tun mehr als jede andere Bundesregierung gegen Verbraucherüberschuldung. Wir haben eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur besseren Koordinierung der Verbraucherbildung eingerichtet und eine Finanzbildungsstrategie auf den Weg gebracht. Wir haben die Unabhängige Patientenberatung neu aufgestellt und die Verbraucherforschung gestärkt.
Damit Verbraucherinnen und Verbraucher besser zu ihrem Recht kommen, haben wir die Verbandsklage umgesetzt. Sie haben dagegengestimmt.
(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das war auch schlecht gemacht!)
Und erst in der letzten Sitzungswoche haben wir das Postgesetz reformiert und dabei der Bundesnetzagentur Möglichkeiten des Durchgreifens bei Mängeln verschafft. Sie haben dagegengestimmt.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)
Unsere Bilanz dagegen kann sich sehen lassen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat Dr. Markus Reichel für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7614101 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 181 |
Tagesordnungspunkt | Verbraucherschutz |