Jana SchimkeCDU/CSU - Strukturwandel in ostdeutschen Regionen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben unsere Anträge heute nicht ohne Grund mit den Worten „Fairness“ und „Erfolg“ überschrieben; denn beides ist eng miteinander verknüpft und bedingt einander. Eine Region wird dann nicht erfolgreich sein können, wenn Zusagen nicht eingehalten werden und Versprechen einer Beliebigkeit ausgesetzt sind.
Mit dem Kohleausstieg wurde ein Schritt gegangen, der zweifelsohne die prägendste Entscheidung für Ostdeutschland seit der Wiedervereinigung ist. Das macht man auch nicht einfach so. Hier geht es um ein zentrales Element unserer Energiegewinnung und um ein wirtschaftliches Standbein. Das Mindeste, was die Menschen deshalb von ihrer Regierung erwarten können, ist, dass sie weiß, wovon sie spricht, und dass sie die Folgen ihres Handelns bedenkt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Menschen wollen wissen, wie es danach weitergeht – energiepolitisch, wirtschaftlich und auch persönlich. Deshalb ist der Kohleausstieg auch nichts, was in der Region bejubelt wurde. Schließlich war die Antwort auf die Frage „Was kommt danach?“ völlig offen, und sie ist es eigentlich auch heute noch.
(Karsten Hilse [AfD]: Richtig!)
Und das ist auch keine ausschließlich ostdeutsche Frage, meine Damen und Herren, sondern eine ganz grundsätzliche. Damit ist im Wesentlichen beschrieben, was gute Politik ausmacht: Sie muss in der Sache überzeugend sein, sie muss funktionieren, und sie muss auch die Lage der Menschen verbessern.
Die Voraussetzungen dafür wurden in der Kohlekommission geschaffen, noch bevor sich dieses Parlament mit Gesetzen dazu befasste und der vorpolitische Raum in diesem Land eingebunden wurde. Ein langwieriger Prozess mit Abstimmungen, mit Verhandlungen und mit Untersuchungen startete, an dessen Ende das Jahr 2038 stand. Damit Sie sich das mal vorstellen können: Der Kohleausstieg ist nicht einfach mal irgendein Gesetz, mit dem man als spätere Bundesregierung nichts mehr zu tun hat und an das man nicht gebunden ist. Er ist ein Gesellschaftsvertrag, ein Vertrag der Politik mit den Menschen einer ganzen Region und auch darüber hinaus.
Und dann schreiben die Ampelkoalitionäre „idealerweise … 2030“ in ihren Koalitionsvertrag! Damit haben Sie einen absolut zentralen Wert im souveränen politischen Handeln verletzt, nämlich den Vertrauensschutz.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Gerade solche schwerwiegenden Entscheidungen, meine Damen und Herren, wie der Ausstieg aus dem wirtschaftlichen Meilenstein einer Region dürfen nicht behandelt werden wie eine Petitesse, erst recht nicht, wenn völlig unklar ist, wie es danach weitergehen soll. Wer 2030 in den Raum wirft, der muss sagen, woher dann der Strom kommt,
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
wo die Menschen dann arbeiten sollen, wie sie ihr Geld verdienen sollen,
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das passiert!)
und vor allen Dingen, wie die Perspektiven einer Region danach aussehen sollen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und jetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte keine Vorschläge für neue Behördenstandorte, die null Wertschöpfung bringen!
Im Übrigen ist auch klar, dass das Ziel 2030 zudem wasserwirtschaftliche Folgen mit sich bringt. Mit dem Braunkohleausstieg sinkt zum Beispiel der Wasserspiegel auch im Spreewald –
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit dem Bergbau sinkt der!)
UNESCO-Biosphärenreservat, weltweit einzigartig, jährlich mehr als 2 Millionen Übernachtungen, über 9 Millionen Tagesgäste und 500 Millionen Euro Jahresumsatz.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verdrehen die Ursachen gerade!)
Es ist jetzt schon eine maximale Herausforderung für Praktiker und Wissenschaftler, den steigenden Mehrbedarf an Wasser zu planen, und das wird noch einmal schwerer, wenn Sie das Ausstiegsdatum vorziehen.
Deshalb hoffe ich, meine Damen und Herren, dass Sie verstehen, worum es hier geht. Ich hoffe, dass Sie sich der Konsequenzen Ihres Handelns bewusst sind. Beim Kohleausstieg geht es nicht nur ums Klima. Es geht auch um Vertrauensschutz, um Vertragssicherheit und auch um Demokratie, und wenn Sie so agieren, wie Sie agieren – ideologisch, konzeptlos, respektlos –, dann brauchen Sie sich nicht über die Stimmung in unserem Land,
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Polemik!)
insbesondere auch in Ostdeutschland, zu wundern.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reine Polemik, Frau Schimke!)
Dem Osten, meine Damen und Herren, muss heute nicht mehr geholfen werden. Wir sind weder Demokratiefeinde noch der Sozialfall Deutschlands. Nein, wir stehen im Wettbewerb mit jeder anderen Region unseres Landes und jedem Standort in dieser Welt. Es geht angesichts der Berufsbiografien und der Identität einer Region um einen fairen Interessenausgleich am Ende einer langen Wirtschaftsgeschichte. Was wir wollen, ist Wettbewerbsgleichheit, und das treibt uns an. Aus diesem Grund bitte ich um Zustimmung zu unseren beiden Anträgen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Hannes Walter.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7614218 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 182 |
Tagesordnungspunkt | Strukturwandel in ostdeutschen Regionen |