05.07.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 182 / Tagesordnungspunkt 25

Maja WallsteinSPD - Strukturwandel in ostdeutschen Regionen

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Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Schön, dass Sie da sind! Lieber Herr Kollege Czaja, ich als Lausitzerin bin immer sehr dankbar, wenn mir die Berliner Kollegen erklären, wie wir uns in den Revieren fühlen.

(Beifall des Abg. Hannes Walter [SPD])

Normalerweise bin ich ja hier an diesem Rednerpult sehr freundlich und versuche, auch mit Blick auf die Opposition, möglichst ausgleichend zu sein. Es tut mir leid, dass mir das heute wahrscheinlich nicht ganz so gut gelingen wird; denn dieser Antrag der Union, in dem sie sich über die ostdeutschen Kohleregionen auslässt, triggert mich einfach von vorne bis hinten.

Ich komme, wie gesagt, aus der Lausitz, aus der Niederlausitz, aus einem Braunkohlerevier in Brandenburg. Wenn bei uns die Braunkohle geht, dann ist es so, dass einfach sehr viel geht, nämlich Wirtschaftskraft und auch ein wesentlicher Teil unserer Identität.

Genau darum ist es so wichtig, dass wir das nicht einfach so geschehen lassen, sondern dass wir diesen Kohleausstieg politisch von allen Seiten begleiten – übrigens anders als nach der Wende. Das tun wir seit Jahren. Und es braucht dafür eben Leute, die Bock haben auf ein Gelingen des Wandels, die Bock haben auf Strukturentwicklung. Was es nicht braucht, sind Leute, die – wider besseres Wissen im Übrigen – alles schlechtreden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gerade der zweite Absatz im Unionsantrag ärgert mich massiv. In einer meiner letzten Reden habe ich die Kolleginnen und Kollegen der Union in die Lausitz eingeladen und mir – mit Verlaub, Frau Präsidentin – von unserem hochgeschätzten Präsidenten Wolfgang Kubicki eine Rüge eingefangen, der nämlich sagte, es sei doch gegen die Gleichbehandlung, wenn ich nur die Kollegen der Union einladen würde. Aber nach der Lektüre des Antrags bin ich wirklich überzeugt, dass Sie es am nötigsten haben. Es geht nämlich richtig was bei uns in der Lausitz, und das haben Sie offensichtlich noch nicht mitbekommen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Sepp Müller [CDU/CSU])

In den ostdeutschen Revieren passiert sehr viel, übrigens auch dank der Entscheidungen von vielen – von Ihnen von der Union in Bund und Land, die diese Entscheidungen ja auch mittragen.

Sie schreiben, Sie wollen die Verunsicherung beenden. Dann malen Sie in Ihrem Antrag ein Bild unserer Region, das fernab von der Realität ist und natürlich auf fruchtbaren Boden fällt; denn überall da, wo Wandel ist, da ist auch Verunsicherung.

(Kay Gottschalk [AfD]: Meistens Armut! Gucken Sie mal ins Ruhrgebiet!)

Bestes Beispiel: Hast du im Fußball eine neue Mannschaft, dann wettet erst mal vielleicht nicht jeder auf dich. Aber als Team musst du daran glauben. Als Team musst du richtig ackern, und gemeinsam klappt das auch. Ich finde, das zeigen unsere Männer bei der Europameisterschaft auch sehr schön.

(Kay Gottschalk [AfD]: Bleibt abzuwarten!)

Also, hört bitte auf, die Leute zu verunsichern! Bleibt bitte bei der Realität!

Die Realität sieht zum Beispiel bei mir in Brandenburg richtig gut aus. Es gibt einen funktionierenden Werkstattprozess, bei dem übrigens alle Akteure in die Projektplanung des Strukturwandels miteinbezogen werden. Es passiert wirtschaftlich sehr viel: Innerhalb weniger Monate wurde das modernste Bahnwerk in Cottbus gebaut, und es bietet nun 1 200 zusätzliche Arbeitsplätze.

(Kay Gottschalk [AfD]: Alles subventioniert! Die Bahn hat Hunderte von Milliarden Euro Schulden! Das ist Staatswirtschaft! – Gegenruf der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat Hunderte von Milliarden Euro Schulden? – Gegenruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die AKW-Betreiber!)

Wir haben eine Unimedizin, die jetzt in Cottbus gegründet wurde. Wir haben die Gründung des Forschungszentrums chesco, das am Antriebssystem der nächsten Generation forscht. Wir haben den Lausitz Science Park. Wir investieren viel Geld in Wasserstoffbusse in Spree-Neiße. Es gibt unzählige Beispiele; mir reicht gar nicht die Zeit dafür.

Reicht mir das insgesamt? Nein. Ich hätte insgesamt gerne noch mehr Investitionen – übrigens überall dort in Deutschland, wo gerade Transformationen in der Wirtschaft stattfinden. Aber klar: Es war wieder die Union, die genau wusste, was sie tat, als sie gegen den KTF, den Klima- und Transformationsfonds, geklagt hat.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ihr wusstet, was ihr tatet, als ihr einen verfassungswidrigen Haushalt aufgestellt habt!)

Diese Millionen hätten jetzt sehr, sehr viel für unsere Wirtschaft, für unser Land bedeutet. Sie haben es gewusst, und Sie haben es trotzdem gemacht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jens Spahn [CDU/CSU]: Genau! Richtig! – Sepp Müller [CDU/CSU]: 7 Prozent!)

Kann man so machen, hilft aber nicht dem Wohle unseres Landes.

Ihr Antrag ist jetzt schon ein bisschen älter und deshalb auch ein bisschen überholt. Wir schreiben keine Anträge, wir handeln. Wir haben gekämpft, und jetzt kommt sehr viel dafür. Theoretisch hätten Sie Ihren Antrag zurückziehen können. Das haben Sie nicht gemacht. Aber – ich will mit etwas Positivem enden – Sie haben mir dafür die Möglichkeit gegeben, wieder über die Lausitz zu reden, wo wieder was geht, wo die Zukunft gemacht wird, wo die Luft vibriert, wo unzählige Menschen anpacken. Deshalb glaube ich: Künftig wird es nicht mehr nur die Lausitz sein, sondern die Wowsitz.

(Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Allen, die daran mitwirken – im Übrigen auch den Kollegen Knut Abraham und Lars Rohwer von Ihrer Fraktion –, möchte ich sagen: Vielen herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Enrico Komning [AfD]: Ich glaube, es wird die Blausitz sein!)

Als Nächster hat das Wort für die Gruppe Die Linke Dr. Gregor Gysi.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7614225
Wahlperiode 20
Sitzung 182
Tagesordnungspunkt Strukturwandel in ostdeutschen Regionen
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