05.07.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 182 / Zusatzpunkt 11

Gero Clemens HockerFDP - Land- und Forstwirtschaftspolitik

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Vielen Dank. – Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte den Blick kurz zurückrichten auf das Jahr 2019, als die letzten großen Demonstrationen von Landwirten hier in Berlin und in anderen Städten Deutschlands stattgefunden hatten. Damals wurde gegen die willkürlichen Regelungen der Düngeverordnung demonstriert. Die Stimmung war damals aufgebracht. Gleichzeitig hat Julia Klöckner das Auslaufen der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung zum 31. Dezember 2023 verkündet. Gleichzeitig hat Ursula von der Leyen ihren Green Deal angekündigt inklusive all der hochproblematischen Regelungen, die er für die Landwirtschaft vorgesehen hatte, inklusive 4 Prozent Flächenstilllegung per annum.

Um es mal in aller Deutlichkeit an die Kolleginnen und Kollegen der Union zu sagen: Diese seinerzeit völlig berechtigten Sorgen der Landwirte aus dem Jahre 2019 wurden in den letzten zweieinhalb Jahren bereits teilweise überwunden und werden fast endgültig überwunden werden mit dem Gesetzespaket, das jetzt zur Abstimmung steht:

(Beifall bei der FDP)

Überwindung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung statt pauschaler Auflagen beim Düngegesetz, endlich tatsächlich Verursachergerechtigkeit

(Hermann Färber [CDU/CSU]: 2,5 Milliarden netto mehr Belastung!)

und die Perspektive, die Pflanzen auch wieder umfänglich zu 100 Prozent mit Nährstoffen versorgen zu können, und die Flächenstilllegungen sind auch vom Tisch.

Meine Damen und Herren, da haben Sie sich nie rangetraut, ganz im Gegenteil: Sie haben viele dieser Herausforderungen erst herbeibeschlossen in den letzten 16 Jahren. Wir beseitigen diese Fehler der Vergangenheit, und das ist ein großer Erfolg, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hermann Färber [CDU/CSU]: Sie haben doch zugestimmt! Das glauben Sie doch selber nicht!)

– Doch, das glaube ich selber, Herr Kollege Färber.

Die Union hat jahrelang erklärt, all diese Dinge seien ja nicht möglich gewesen mit dem Koalitionspartner SPD. Die Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokraten seien es, die diese Vorhaben blockiert hätten. Ich sage: nein. Wir regieren seit zweieinhalb Jahren mit den geschätzten Kolleginnen und Kollegen der SPD

(Hermann Färber [CDU/CSU]: 2,5 Milliarden netto!)

und zusätzlich mit einem weiteren geschätzten Koalitionspartner, der teilweise diametral andere Vorstellungen in der Landwirtschaftspolitik hat. Trotzdem kriegen wir das alles hin.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das zeigt vor allem eins, meine Damen und Herren von der Union: Sie haben sich nie wirklich für unternehmerisch denkende Landwirte eingesetzt. Sie haben jahrelang die Hände in den Schoß gelegt

(Hermann Färber [CDU/CSU]: 2,5 Milliarden netto Belastung seit eurem Anfang!)

und haben eine ganze Branche immer abhängiger gemacht von der Politik und den Zuwendungen, die von der Politik kommen sollen. Deswegen sage ich Ihnen: Ihr Gemoser von heute ist vor allem eins: Es ist unglaubwürdig, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen ist – damit meine ich die Machtungleichverteilung zum Beispiel zwischen dem Handel auf der einen Seite und den Erzeugern auf der anderen Seite –, dann ist es gar nicht so einfach, das wieder aufzulösen oder sozusagen Machtgleichheit wiederherzustellen. Es hat in den letzten Wochen und Monaten Vorschläge gegeben, man müsste Konzerne zerschlagen, man müsste den Handel verstaatlichen. Kein Instrument davon wäre irgendwo wirkungsvoll oder sinnvoll, sondern das wäre Planwirtschaft. Man würde sozusagen Feuer mit Benzin löschen wollen; das wäre das Ergebnis gewesen.

Richtig und wichtig ist, dass das AgrarOLkG vorsieht, dass tatsächlich aus sich selbst heraus eine Stärke des Erzeugers möglich ist, dass es leichter wird, sich zu Erzeugergemeinschaften zusammenzuschließen, dass die Bürokratie in diesem Bereich abgebaut wird. Das sind Instrumente abseits von Planwirtschaft und bietet tatsächlich Möglichkeiten, wieder Waffengleichheit herzustellen zwischen denjenigen, die Verträge auszuhandeln haben.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gestatten Sie mir bei der Gelegenheit, bei der Diskussion über das Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz, noch einen Rückblick auf den vergangenen Montag. Da hat eine öffentliche Anhörung im Deutschen Bundestag stattgefunden, bei der auch ein geschätzter Vertreter des Deutschen Bauernverbandes dabei gewesen ist. Er hat zum Erstaunen wahrscheinlich aller erklärt, dass in den letzten zweieinhalb Jahren das Verhältnis von Belastungen zu Entlastungen bei Landwirten mit einem Faktor von zehn zu eins zu bewerten ist. Ich habe ihn in der zweiten Fragerunde gefragt, wie man denn eigentlich auf diese Zahl, auf dieses Verhältnis, gekommen ist. Da wurde sehr freimütig erklärt, dass in die Belastungen auch Maßnahmen oder angebliche Gesetzesvorhaben eingeflossen sind, die dieser Deutsche Bundestag aber zu keinem Zeitpunkt jemals diskutiert hat. Da hat sich vielleicht mal irgendjemand geäußert, was alles nett oder schön wäre. Das ist konkret eingeflossen in diese Belastungsrechnung.

(Hermann Färber [CDU/CSU]: Das ist alles schon bei euch auf dem Tisch!)

Demgegenüber wurden Dinge, die wir heute aller Voraussicht nach beschließen werden, zum Beispiel das Agrarentlastungspaket, das erarbeitet wurde, einfach rausgelassen und sind in diese Berechnung nicht mit eingeflossen. Ich will mal ganz deutlich sagen, auch in Richtung der geschätzten Kolleginnen und Kollegen vom Deutschen Bauernverband: Das hat mit Wissenschaft und Nachhaltigkeit überhaupt nichts zu tun,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Mathematik auch nicht!)

sondern das sind komplett unseriöse Berechnungen, verehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben den Pflanzenschutz weiterhin ermöglicht, Flächenstilllegung verhindert, die Verhandlungsposition der Erzeuger gegenüber dem Handel gestärkt, zusätzlich die Gewinnglättung wieder eingeführt, die es schon einmal gegeben hat. In den vergangenen zweieinhalb Jahren –

Herr Kollege.

– ich komme zum Schluss – sind viele Fehler der vergangenen 16 Jahre korrigiert worden,

(Zuruf von der CDU/CSU: Eijeijei!)

und in den zweieinhalb Jahren ist es trotz eines grünen Ministers gelungen,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wegen, Gero! Wegen!)

die unternehmerische Landwirtschaft wieder in den Fokus zu rücken.

Kollege Hocker.

Tatsächlich ist in den letzten zweieinhalb Jahren mehr für unternehmerische Landwirtschaft in diesem Lande geschehen als in den 16 Jahren zuvor.

(Hermann Färber [CDU/CSU]: Der glaubt das selber!)

Vielen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es bleibt dabei: Die Ankündigung ersetzt nicht den Schlusspunkt. Ich bitte wirklich, sich an die verabredeten Redezeiten zu halten. – Das Wort hat der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7614244
Wahlperiode 20
Sitzung 182
Tagesordnungspunkt Land- und Forstwirtschaftspolitik
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