Dieter StierCDU/CSU - Land- und Forstwirtschaftspolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gesplittet in drei Gesetze präsentiert uns die Ampel heute ihr vielgepriesenes Agrarpaket zur Abstimmung. Von den einst großspurigen Zusagen ist dabei – außer mageren Ergebnissen – nicht viel übrig geblieben.
Ihre selbsternannte Fortschrittskoalition, Herr Minister, hat, aufgeschreckt von den bundesweit größten Bauernprotesten dieses Landes – sie werden mit dieser Bundesregierung in die Geschichte eingehen –, mit großer Geste den Landwirten zahlreiche Entlastungen versprochen, ohne dass sich danach etwas Substanzielles getan hätte. Passiert ist monatelang nichts.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und jetzt, in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause, muss plötzlich alles ganz schnell gehen. Um überhaupt noch ein Ergebnis präsentieren zu können, haben Sie Ihr Agrarpaket in einem einwöchigen Gewaltakt durchs Parlament gedrückt, um sich der Sache schnell zu entledigen und um unangenehmen Nachfragen zu entgehen.
(Niklas Wagener [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen halt den Landwirten schnell unter die Arme greifen!)
Dieses Verfahren, meine Damen und Herren, ist zumindest kritikwürdig, und es ist auch kein redlicher Umgang mit dem Parlament.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Unabhängig vom Verfahren bleibt aber auch der Inhalt weit hinter allen Erwartungen der Branche zurück. Ich will Ihnen Beispiele nennen:
Erstens. Sie haben einen wirksamen Bürokratieabbau versprochen – erneut Fehlanzeige! Es gibt keinerlei echten Durchbruch, welcher den Alltag der Landwirte erheblich erleichtern würde. Stattdessen betreiben Sie Etikettenschwindel. Es werden Vereinfachungen aus Brüssel umgesetzt, die Ihre Koalition vorher selbst blockiert hat und die Sie jetzt als Ihre eigenen Ideen verkaufen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: So wie die Flächenstilllegung? – Niklas Wagener [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sind denn Ihre eigenen Ideen?)
Zweitens. „ Schutz vor unfairen Handelspraktiken“ klingt sicher vielversprechend. Doch die Stellung unserer Landwirte gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel wird kaum verbessert – eine Alibikonstruktion. Tatsächlich ignorieren Sie die Beschwerden der Landwirte bei der Vertragsgestaltung mit dem LEH.
Drittens. Nicht zuletzt findet sich auch ein sehr richtiger Schritt: die Tarifglättung, die in der Gesamtbetrachtung allerdings das Agrarpaket aus unserer Sicht nicht mehr retten kann. Selbst wenn man wohlwollend glaubt, dass der Spatz in der Hand besser ist als die Taube auf dem Dach, rechtfertigt dieses Detail noch keine Zustimmung durch uns. Wir werden uns nicht zum Steigbügelhalter Ihrer verfehlten Agrarpolitik machen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Niklas Wagener [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sind denn Ihre Vorschläge? Wie wollen Sie denn die Landwirte entlasten?)
Die Rückkehr zur Tarifglättung ist ohne die Streichung der Agrardieselrückvergütung nicht zu verstehen. Um es auf den Punkt zu bringen – es ist heute schon mehrfach gesagt worden –:
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können ja Haushaltsanträge machen! Da schreiben Sie rein, wo Sie kürzen und wo Sie den Bauern mehr geben! Mutig voran!)
Sie nehmen den Landwirten 450 Millionen Euro durch die Streichung der Rückvergütung weg, versprechen als Ausgleich lediglich 50 Millionen Euro über die Tarifglättung und behaupten dann einfach, das sei ein glattes Plus für die Bauern.
Es ist erstens falsch, dass alle Bauern von der Tarifglättung profitieren; gerade für die ostdeutschen Betriebe gilt das in den seltensten Fällen. Und zweitens, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es auch ein Taschenspielertrick, wenn man mehr nimmt als hinterher zurückgibt. Wie man da auf einen positiven Betrag kommt, auf „Überkompensation“, wie Sie, Herr Minister, es hier in der Regierungsbefragung behauptet haben, das bleibt für mich das ewige Rätsel grüner Mathematik.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Schielke-Ziesing [AfD])
Und noch eines zum Schluss: Einen wirklichkeitsnahen Eindruck, wie Ihr Agrarpaket in der Öffentlichkeit tatsächlich ankommt, meine Damen und Herren, konnte man letzte Woche beim Bauerntag in Cottbus erleben. Statt Beifall der Beglückten für die Rede des Ministers gab es nur peinliches Schweigen,
(Zuruf von der SPD: Das stimmt doch nicht! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war doch verabredet, das wissen Sie doch! Genauso wie verabredet war, dass Holzenkamp eine CDU-Rede hält! Alles verabredet, alles abgesprochen!)
statt Zustimmung in den Gesichtern der Landwirte nur herbe Enttäuschung.
Jetzt komme ich zu Ihnen, Frau Mittag. Beifall erntete in bemerkenswerter Weise Ihr SPD-Ministerpräsident Woidke. Er hat der Agrarpolitik der Ampel eine klare Abfuhr erteilt
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee!)
und Sie öffentlich zur Umkehr und Fehlerkorrektur aufgerufen. Ich glaube, deutlicher geht es wohl kaum.
(Niklas Wagener [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sind denn jetzt Ihre Vorschläge?)
Ich kann Ihnen nur nahelegen: Folgen Sie dem Rat des Ministerpräsidenten Woidke!
Mein abschließendes Fazit zu Ihrem Agrarpaket:
(Niklas Wagener [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also unkonkreter geht es ja nicht!)
Es gibt keine Entlastung in relevanter Größenordnung.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können ja nicht mal rechnen! Die Zahlen waren falsch!)
– Frau Künast, es fördert auch keine Zuversicht bei den Bauern, sondern es fördert Resignation.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, wenn Sie schon falsch rechnen beim Diesel!)
Und ich sage Ihnen: Nie war die Kluft zwischen Landwirten und Regierung so groß wie heute.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! Das reden Sie doch herbei!)
Ich sage Ihnen: Kommen Sie in der Sommerpause zur Besinnung!
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch! Sie lügen hier rum, Herr Stier!)
Beenden Sie diese Zumutungen für das Land, nicht nur in der Agrarpolitik! Und öffnen Sie bitte den Weg für einen Regierungswechsel!
(Zuruf von der SPD: Mit Sicherheit nicht!)
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war doch alles gelogen mit den 450 Millionen Euro! Sie können doch nicht rechnen! Das wissen Sie auch! – Gegenruf des Abg. Dieter Stier [CDU/CSU]: Rechnen und singen, das kann man nicht erzwingen!)
Das Wort hat Parsa Marvi für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7614251 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 182 |
Tagesordnungspunkt | Land- und Forstwirtschaftspolitik |