Franziska KerstenSPD - Land- und Forstwirtschaftspolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörende!
(Zuruf der AfD: Boah! Das tut ja schon weh!)
Ich habe schon in meiner letzten Rede mit einem Zitat aus dem Abschlussbericht der Zukunftskommission Landwirtschaft begonnen. Das mache ich heute einfach noch mal; denn ich finde, dass man die ZKL im Rahmen einer agrarpolitischen Diskussion gar nicht oft genug zitieren kann. Also:
„Von landwirtschaftlich Tätigen wird verbreitet die Tendenz zu sehr kleinteiliger Regulierung und zunehmende bürokratische Belastung festgestellt.“
Die Bürokratie belastet also nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Verwaltung. Aus meiner Erfahrung als Amtstierärztin kann ich das nur bestätigen. Diese teilweise sehr detaillierten Regelungen erfordern sehr viel Schreibaufwand.
(Dieter Stier [CDU/CSU]: Lassen Sie mal das Tierschutzgesetz weg!)
Ich habe erlebt, dass man bei einer CC-Kontrolle 30 Seiten zur Rinderhaltung ausgefüllt hat, und dann das Ganze in den Mist gefallen ist – na ja, denken Sie sich Ihren Teil.
Zusammen mit dem Fachkräftemangel führt Bürokratie dazu, dass Kernaufgaben wie Betriebskontrollen nicht in den nötigen Intervallen vorgenommen werden können.
(Zuruf des Abg. Bernd Schattner [AfD])
Das geht zulasten des Tierschutzes oder auch der Lebensmittelhygiene. Das mindert auch das Vertrauen in gleiche Wettbewerbsbedingungen und in uns als handlungsfähigen Staat. Daher fordere ich seit Beginn meiner Abgeordnetentätigkeit einen zielgerichteten Bürokratieabbau.
(Zuruf des Abg. Frank Rinck [AfD])
Das ist lange ungehört verhallt; aber seit einem halben Jahr geht es Schritt für Schritt voran. Wir haben zum Beispiel den elektronischen Rinderpass eingeführt, und Praxischecks zum Abbau der bürokratischen Hürden werden jetzt für alle Ministerien verbindlich gefordert.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])
Bürokratieabbau geschieht aber nicht nur im luftleeren Raum, sondern wir müssen auch vielfältige europarechtliche Verpflichtungen einhalten. Und in Brüssel wurden ja bei der Gemeinsamen Agrarpolitik einige Erleichterungen beschlossen. Das betrifft vor allem die Konditionalität, also die Voraussetzungen für den Bezug von Direktzahlungen. Ich meine die dauerhafte Aussetzung der Pflichtbrache, die deutlichen Vereinfachungen beim Fruchtwechsel, den Erhalt des Ackerstatus bei Dauerkulturen und vieles mehr.
Übrigens haben wir im Konditionalitäten-Gesetz keine Eins-zu-eins-Umsetzung des EU-Rechtes vorgenommen. Ich will Ihnen auch erklären, warum: Wir wollen damit noch mehr Bürokratieabbau für die Landwirtschaft umsetzen. Das betrifft zum einen die Umwandlung von Dauergrünland, aber auch von Feuchtgebieten in nichtlandwirtschaftliche Flächen. Dafür war bislang neben einer baurechtlichen auch eine förderrechtliche Genehmigung notwendig. Das macht aber keinen Sinn und ist deshalb abgeschafft worden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Niklas Wagener [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Für die Anlage von Spargelfeldern in Feuchtgebieten ist eine Bodenwendung von mehr als 30 Zentimetern unumgänglich. Da der Anbau dieser und anderer Dauerkulturen aber nicht unmöglich gemacht werden soll, wurde das entsprechende Verbot gestrichen.
Dieser Bürokratieabbau muss sich jetzt in den Verordnungen fortsetzen, die wir heute mit unseren Gesetzen beschließen. Erleichterungen bei gekoppelten Zahlungen für Muttertiere, bei der Einrichtung von Agroforstsystemen sowie die Aufhebung von detaillierten Vorgaben zu Größe und Form von Blühstreifen sind nur einige weitere Beispiele. Auch die soziale Konditionalität, eine weitere EU-Vorgabe, muss bürokratiearm umgesetzt werden.
Das sind alles Forderungen der Landwirtschaft und der Bundesländer, und diesen Weg müssen wir konsequent gemeinsam weitergehen. Vor allem bei Melde- und Dokumentationspflichten ist noch einiges abzuräumen. Und auch die Einwirkungen des Wetters und des Klimas müssen wir mitbedenken.
(Dieter Stier [CDU/CSU]: Möglichst schnell!)
Dazu gehört für mich auch, auf europäischer Ebene an einem deutlich einfacheren Fördersystem für die Landwirtschaft zu arbeiten und dabei Einkommenssicherung, Umweltwirkungen und gesellschaftliche Ansprüche zu integrieren. Da bin ich wieder beim Thema Gemeinwohlprämie.
Wir dürfen aber jetzt nicht leichtfertig das Kind mit dem Bade ausschütten, wie es beim Düngerecht geschehen könnte, wenn wir jetzt nicht aufpassen. Die Stoffstrombilanzverordnung verursacht Bürokratie, das ist klar. Um aber die EU-Nitratrichtlinie und die Wasserrahmenrichtlinie dauerhaft zu erfüllen, brauchen wir eine belastbare Datengrundlage. Nur so können wir zum Verursacherprinzip kommen. Für das entsprechende Monitoring könnte die Verordnung doch die Basis sein. Hier wird Vermittlung notwendig sein.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat die Kollegin Ina Latendorf für die Gruppe Die Linke.
(Beifall bei der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7614260 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 182 |
Tagesordnungspunkt | Land- und Forstwirtschaftspolitik |