05.07.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 182 / Tagesordnungspunkt 27

Kay GottschalkAfD - Abschöpfung von kriminell erlangten Vermögen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen der Union, wir sprechen heute über den Antrag „Kriminell erlangte Vermögen konsequent abschöpfen“. Fangen wir vielleicht – ich kann mir den Sarkasmus an dieser Stelle nicht ersparen – erst mal mit dem wunderbaren Bundesland NRW an. Inkriminierte Zahlungen und Schmiergelder sollen da an Ihren eben zitierten NRW-Innenminister geflossen sein, in einem anderen Fall an den Schatzmeister und seine Mitstreiter. Dafür braucht man in der Tat kein neues Verfahren; das könnten wir, wenn Sie es wollen, gleich erledigen.

(Zuruf des Abg. Sebastian Fiedler [SPD])

Kommen wir aber zu Ihrem Antrag. Dem stehen wir zunächst mal sehr offen gegenüber, weil viele Dinge drinstehen – Kollege Hauer hat es ausgeführt –, die ja auch wir fordern und auch die Gewerkschaft der Polizei; ich nenne da mal Herrn Buckenhofer.

Jachten, Villen, teure Autos, Schmuck und andere Vermögenswerte von Straftätern sollen in Zukunft leichter beschlagnahmt werden können – eine Ihrer Zielstellungen. So soll für Fälle, in denen unklar ist, wer die faktische Kontrolle über die Vermögenswerte ausübt, mittels des risikobasierten Ansatzes – wir gucken mit Staunen zur FIU: immer noch händische Auswertung der dort vorhanden Unterlagen –

(Carlos Kasper [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)

in Zukunft ermöglicht werden, die Herkunft und den Erwerb solcher Vermögenswerte entsprechend auszuwerten. Die Berechtigung an solchen Vermögenswerten soll aufgeklärt werden, also in einem In-rem-Verfahren. Bislang bezieht sich der Anfangsverdacht auf die Person.

Der Entwurf aus dem Hause Lindner liegt auf dem Tisch. Richtig erkannt hat die Union hier – und deswegen der Antrag –, dass das, was aus dem Hause Lindner und aus der Koalition kommt und als scharfes Schwert im Kampf gegen Finanzkriminalität unter der Bezeichnung „Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetz“ auf die Schiene gesetzt wurde, bestenfalls ein administrativer Popanz ist, meine Damen und Herren.

Im Zentrum soll nämlich stehen, eine weitere neue Bundesoberbehörde zu schaffen, das BBF, das Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität, wiederum üppig ausgestattet mit 102 Planstellen. Fachleute finden sich aber nicht auf dem Markt; das haben zahlreiche Anhörungen ergeben. Es gibt auch bei der FIU nach wie vor ein Planstellendefizit. Also, mit der Einstellung von Laien, die in der hauseigenen Akademie dann aufgewertet werden sollen, meine Damen und Herren, werden Sie, glaube ich, keine Kompetenz und Expertise auf die Reise bringen. Im Bahnjargon würde man sagen: bestenfalls eine Draisine.

Unter dem BBF hängen dann noch das Ermittlungszentrum für Vermögensverschleierung und das Ermittlungszentrum für Geldwäsche. Mit dem Mehrbedarf im BMF, in der GZD und im ITZ Bund landen wir dann in toto bei 977 Planstellen bis 2027. Kosten spielen offensichtlich bei dieser Koalition keine Rolle – so zumindest Lindners Vorstellung, Herr Kollege Toncar.

Sinn macht dagegen ein Aufstocken der Ressourcen dort, wo Kompetenz und Expertise bereits vorhanden sind, nämlich beim Zoll. Da gehen wir ja mit. Es war sicherlich ein Fehler, den die Union 2017 mit der Verlagerung der FIU ins Leben gerufen hat. Wir müssten also das Rad nicht neu erfinden. Hier könnten wir tatsächlich – ich glaube, das haben wir auch in der Anhörung gehört – nach Italien schauen. Ich glaube, dass mit der Finanzpolizei, die dort etabliert wurde – analog vielleicht zum Bundeskriminalamt –, ein sehr guter administrativer Schritt gegangen worden ist.

Was wann und warum verdächtig sein soll, das führen auch Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU, in Ihrem Antrag noch nicht aus. Schauen wir uns also die zwei im Entwurf definierten Risikofaktoren einmal an:

Zu den tatsächlichen Einkommensverhältnissen: Wie soll der Betroffene die vor Jahren erfolgte Schenkung der Tante nachweisen? Diese Frage bleibt bei Ihnen offen. Zur Zuordnung des Vermögensgegenstands zu einer Person mit Sitz im geografischen Risikogebiet: Personen mit Sitz im Finanzzentrum Dubai sollen dabei per se schon mal verdächtig sein. Ich finde das schon sehr sportlich.

Die Intention – das befürchten die Kollegen meiner Fraktion – könnte sein, hier wieder die EU-Kommission zu befriedigen: Das könnte nämlich die vorbereitende Maßnahme für ein sogenanntes Vermögensregister sein, meine Damen und Herren.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das ist Quatsch!)

So sind auch Ihre detaillierten Ausführungen zum direkten Zugang zu allen Finanzinformationen zu verstehen, wie Sie es fordern, Herr Hauer. Das machen wir als AfD-Fraktion an dieser Stelle nicht mit; das gilt auch für die willkürlich gesetzte Wertgrenze von 10 000 Euro, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Herr Bystron lehnt das ab!)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Also, insoweit betreten Sie auch hier rechtspolitisch Neuland; da bin ich beim Kollegen Fiedler. Wir werden das kritisch begleiten. Wenn was Gutes dabei rauskommt, dann würden wir im weiteren Fortgang hier auch mitgehen, Herr Kollege Hauer.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort hat Sabine Grützmacher für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7614270
Wahlperiode 20
Sitzung 182
Tagesordnungspunkt Abschöpfung von kriminell erlangten Vermögen
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