Sebastian BrehmCDU/CSU - Allgemeine Finanzdebatte, Haushaltsbegleitgesetz 2025, Nachtragshaushaltsgesetz 2024
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren ja den Nachtragshaushalt 2024, den Haushaltsentwurf 2025 sowie die Finanzplanung 2026 bis 2028. Und das war heute, Herr Bundesfinanzminister, schon ein denkwürdiges Schauspiel. Sie reden von Wachstum, von Leistung, von Wohlstand, von Wettbewerbsfähigkeit, von Entbürokratisierung und sagen: Politik muss liefern. – Das Problem ist: Sie liefern überhaupt nicht und setzen sich in dieser Bundesregierung auch null Komma null durch.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das war ein Wahlwunschzettel der FDP; die Bürger sehen das ganz genau. Und dieser Wahlwunschzettel wurde bei den letzten Wahlen mit einem Denkzettel goutiert, und zwar mit 1,2 Prozent, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unnötig! – Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])
Kommen wir nun zu den Fakten. Ich will Ihnen mal ganz kurz ein paar Punkte aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs zu diesem Haushalt vortragen: Ausgaben und Neuverschuldung des Bundes bleiben im Planungszeitraum 2024 bis 2028 weiterhin expansiv. Beim Umgang mit der Schuldenregel werden weiterhin auch zum Teil erhebliche rechtliche Risiken in Kauf genommen. Die Zinsausgaben bleiben hoch, sie sollen zukünftig heruntergerechnet und teilweise in die Zukunft verschoben werden. Die Dimension der globalen Ansätze im Haushalt 2025 ist mit dem parlamentarischen Budgetrecht nicht vereinbar. Die Finanzplanung für die Jahre 2026 bis 2028 offenbart erhebliche Tragfähigkeitslücken. Und: Mit der von der Bundesregierung vorgelegten Planung wird die Rückkehr Deutschlands zu finanzieller Stärke und Resilienz nicht gelingen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der Bundesrechnungshof empfiehlt dem Bundestag, sich auf diesen Haushalt nicht einzulassen.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Tja!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vernichtender kann ein Urteil über einen Haushaltsentwurf überhaupt nicht sein. Also kommen Sie zur Vernunft in den Beratungen!
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Thorsten Rudolph [SPD]: Machen Sie doch Vorschläge!)
Vor der Coronazeit hatten wir Ausgaben in Höhe von 357 Milliarden Euro. Im laufenden Haushalt haben Sie 488 Milliarden Euro veranschlagt, zuzüglich der 50 Milliarden Euro aus den Sondermögen. Das sind 200 Milliarden Euro mehr in dieser Legislaturperiode.
(Zurufe von der SPD)
Das sind 50 Prozent mehr. Sie geben das Geld aus, als gäbe es kein Morgen mehr. Und das werden wir nicht mitmachen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und zusätzlich kommen 2024 50,3 Milliarden Euro an Verschuldung hinzu. Die tatsächliche Verschuldung liegt sogar bei 112 Milliarden Euro, wenn man alles mit hineinrechnet. 2025 sind es 51,3 Milliarden Euro Schulden, mit Sondervermögen belaufen sich die tatsächlichen Schulden auf 86,9 Milliarden Euro. Und Sie haben vorhin gesagt: Wir wollen Generationengerechtigkeit!
(Dr. Thorsten Rudolph [SPD]: Was sind das für Berechnungen?)
– Schauen Sie in den Rechnungshofbericht. Den haben Sie wahrscheinlich nicht gelesen; das würde ich Ihnen empfehlen. – In den Jahren 2026 bis 2028 fehlen 100 Milliarden Euro, weil nämlich 2027 das Bundeswehrsondervermögen ausläuft. Und die Nachfinanzierung – Sie haben von Verpflichtungsermächtigung gesprochen – ist eben nicht sichergestellt, sondern da ist noch eine klaffende Lücke im Haushalt für die nächsten Jahre.
(Zuruf der Abg. Frauke Heiligenstadt [SPD])
Hinzu kommen Haushaltstricks: 12 Milliarden Euro globale Minderausgabe. Die Einsparungen, die Sie planen, sind noch gar nicht klar: Wer ruft Mittel ab und wer nicht? In den Einzeletats: 4,3 Milliarden Euro Minderausgaben. Sie verschieben 7,3 Milliarden Euro Zinslasten, die in 2025 getragen werden müssen, in die nächsten Jahre, als sogenannte periodengerechte Verbuchung. Übrigens hat es das noch nie gegeben.
(Zuruf des Abg. Peter Boehringer [AfD])
Sie nehmen sich 1,5 Milliarden Euro von der KfW, die eigentlich zur Tilgung von Verbindlichkeiten verwendet werden müssen, und schieben die in den laufenden Haushalt.
Und das Größte von allem ist: Sie buchen in der Summe 6 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen ein aus einer Wachstumsinitiative, über die Sie sich selber noch überhaupt nicht im Klaren sind. Sie sprechen immer von 42 bis 45 Maßnahmen. Einigen Sie sich mal in der Regierung, dann legen Sie es uns vor, und dann kann man auch darüber diskutieren. Aber Sie können doch keine Einnahmen in den Haushalt einbringen, wo Sie noch gar nicht wissen, welche Maßnahmen Sie dazu konkret umsetzen. Das ist unseriös, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und dann reduzieren Sie das Bürgergeld um 5 Milliarden Euro. Kollege Middelberg hat ja schon darüber gesprochen, dass auch das ein unseriöser Ansatz ist. Wenn schon, dann müssten Sie im Bürgergeld wirklich etwas tun. Aber im aktuellen Nachtragshaushalt geben Sie ja mehr Geld aus.
Zu den Einsparungen, die Sie vornehmen, sage ich: Wenn Sie Bürger in Arbeit bringen wollen, wenn Sie Bürgergeld reduzieren wollen, dann streichen Sie doch nicht 1 Milliarde Euro für Eingliederungsmaßnahmen in Arbeit.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Linken)
Und wenn Sie sagen, dass wir für Integration Geld ausgeben müssen, dann dürfen Sie doch nicht 50 Prozent bei den Integrationskursen und 10 Prozent beim Bundesamt für Migration streichen. Sie streichen an den genau falschen Stellen, um die Probleme in unserem Land zu lösen. Das ist der Punkt.
(Dennis Rohde [SPD]: Geben wir jetzt zu viel oder zu wenig aus?)
Lieber Herr Rohde, Sie haben gesagt: „Wir wollen Demokratie, wir wollen Menschenrechte achten“, doch Sie streichen 1 Milliarde Euro bei der Humanitären Hilfe im Auswärtigen Amt. Das ist einfach unseriös, Ihre Streichungen, die Sie machen.
(Beifall bei der CDU/CSU] – Dennis Rohde [SPD]: Also sollen wir jetzt mehr ausgeben?)
Herr Brehm, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung von Otto Fricke?
Selbstverständlich. Ich freue mich immer darauf.
Sie haben das Wort.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Brehm, dass Sie die Frage zulassen. – Wir stehen jetzt ja am Anfang der Haushaltsberatungen. Da ich bisher von der CDU/CSU eher nur Copy-and-paste-Aussagen vom Rechnungshof gehört habe,
(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
bin ich umso dankbarer, dass Sie konkrete Vorschläge, wenn auch Erhöhungsvorschläge, gemacht haben. Darf ich davon ausgehen, dass von Ihren Haushältern – Sie selber sind, glaube ich, nicht Haushälter – im Haushaltsverfahren Vorschläge und entsprechende Anträge zum SGB zu den Punkten, wo Sie gesagt haben: „Da dürft ihr nicht kürzen“, auch kommen?
Und darf ich Ihnen gleichzeitig noch den Hinweis geben, dass bei einem Punkt, den Sie angesprochen haben, es ja kompensiert wird durch ein Umlageverfahren?
Schauen Sie, lieber Herr Kollege Fricke, wichtig wäre, in diesem Haushalt klarzumachen, dass sich Leistung wieder lohnt. In unserem Land lohnt sich Leistung nicht.
(Otto Fricke [FDP]: Stellen Sie die Anträge?)
Deswegen bräuchten wir diese Wachstumsinitiative, die der Bundesfinanzminister ankündigte.
(Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beantworten Sie doch mal die Frage, Herr Brehm! – Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bringen Sie doch mal Leistung im Haushaltsausschuss! – Zurufe von der SPD)
Und ich sage Ihnen: Diese Themen würden wir miteinander besprechen.
Zu Ihrer Forderung nach Anträgen bei den Kürzungen. Jetzt will ich schon einmal auf die letzten Haushaltsberatungen rekurrieren.
(Dennis Rohde [SPD]: Ja, null Anträge!)
Sie haben null Komma null Interesse daran, dass wir in diesem Parlament wirklich eine gute Zusammenarbeit hinkriegen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der SPD)
Die globale Minderausgabe von 12 Milliarden Euro und die Minderausgaben in den Ministerien, 4,3 Milliarden Euro, werden doch ohne Einbeziehung des Parlaments beschlossen. Das machen die Minister doch selber.
(Achim Post [Minden] [SPD]: Machen Sie doch Vorschläge!)
Das ist eine Aushöhlung des Parlamentsrechts, die Haushalte zu diskutieren. Deswegen: Angesichts Ihres Umganges können wir keine eigenen Anträge stellen, weil Sie eh jeden einzelnen ablehnen, ohne ihn zu prüfen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir beraten das doch jetzt! – Zurufe von der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind immer bereit, über Haushaltseinsparungen, Haushaltsklarheit und Haushaltwahrheit zu reden. Wir haben einen klaren Kurs.
(Christoph Meyer [FDP]: Gar keinen Kurs! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben zahlreiche Programme vorgelegt. Wir arbeiten gerne mit Ihnen zusammen, aber Sie müssen die Zusammenarbeit auch mal ernst nehmen. Schauen wir, was beim Thema Migration passiert.
Ich sage nur eines: Dieser Haushalt kann so nicht durchs Parlament gehen.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie doch bessere Vorschläge! Habt ihr bisher nicht! – Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Anträge! Anträge! Anträge!)
Diese Regierung hat einen abgewirtschafteten Haushalt vorgelegt. Das ist so nicht mittragbar, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Dr. Thorsten Rudolph.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7614778 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 183 |
Tagesordnungspunkt | Allgemeine Finanzdebatte, Haushaltsbegleitgesetz 2025, Nachtragshaushaltsgesetz 2024 |