Esther DilcherSPD - Ernährung und Landwirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Özdemir! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Einen Bundeshaushalt zu beschließen, bedeutet, Zukunftsentscheidungen zu treffen; das haben wir heute schon mehrfach gehört. In der Ampel müssen sich alle bewegen, und zwar aus unterschiedlichen Richtungen aufeinander zu. Die Kunst dabei ist, den Mittelpunkt zu treffen. Und das macht Demokratie stark: wenn sich verschiedene Interessen zu einem Kompromiss zusammenfinden.
Ja, wir streiten; aber genau das ist gut und wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das lassen wir uns auch nicht schlechtreden. Wenn wir uns nämlich nichts mehr zu sagen hätten, wäre das Stillstand, und den kann sich unser Land nicht leisten.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich war fest davon überzeugt, dass wir diesen Haushalt für 2025 ins Parlament einbringen werden. Wir kneifen hier nicht und haben unsere Hausaufgaben gemacht. Auch im Jahr 2025 müssen wir im Haushalt sparen, noch mehr als im Haushalt für das laufende Jahr 2024. Der Landwirtschaftsetat, der Einzelplan 10, sinkt um circa 68 Millionen Euro auf jetzt noch 6,8 Milliarden Euro. Das ist das Geld, das uns zur Verfügung steht.
Was mich an diesem Haushalt noch etwas enttäuscht – ich weiß nicht, ob wir da noch nachbessern können –, sind die Einnahmen aus den Versteigerungserlösen „Wind auf See“, die nach dem Gesetz 5 Prozent für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft betragen sollten und jetzt auf einen Festbetrag in Höhe von leider nur noch 100 Millionen Euro für nachhaltige Fischerei begrenzt wurden.
(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Aha!)
Können Sie, Herr Minister, den Fischern erklären, warum sie noch in der Zukunftskommission Fischerei mitarbeiten sollen, um Vorschläge für Maßnahmen zur nachhaltigen Fischerei zu unterbreiten,
(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Wird da etwa Kritik am Minister deutlich?)
wenn von diesen 100 Millionen Euro fast 75 Prozent im BMEL-Haushalt gebunden werden und nur 25 Prozent tatsächlich bei den Fischern ankommen? Ich kann es noch nicht, aber ich hoffe, Sie werden uns da bei den parlamentarischen Beratungen noch ein bisschen unterstützen. Es wird Ihre Aufgabe bleiben, in der Zukunftskommission mit den Fischern zusammenzuarbeiten.
(Beifall bei der SPD)
Die Ausgaben im Etat sinken aber auch, weil das Programm zur Bauernmilliarde jetzt ausläuft. Das gehört zur Wahrheit dazu: Die Ausgaben sinken insgesamt. Wir hatten ursprünglich 1 Bauernmilliarde vereinbart. Das Programm läuft aus. Deswegen ist der Landwirtschaftsetat im Jahr 2025 auch nicht mehr so hoch.
(Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Wo die Kosten im Ministerium steigen!)
Ich weiß, dass die konkreten Einsparmaßnahmen kaum jemandem gefallen: uns Haushältern nicht, dem betroffenen Ministerium nicht und vor allem den betroffenen Landwirten, den Waldbesitzenden und den Fischern nicht. Gleichwohl hat das Ministerium einen Entwurf vorgelegt, mit dem wir im parlamentarischen Verfahren gut arbeiten können. Danke dafür!
In wichtigen Bereichen wurden Einsparungen vorgenommen und parlamentarische Beschlüsse nicht umgesetzt. Es wurde etwas gekürzt beim „Chancenprogramm Höfe“, bei Alternativen zu Tierversuchen und bei nachhaltigen Rohstoffen, also der Holzbauinitiative, die uns allen doch sehr wichtig ist. Das sollte so nicht bleiben. Deshalb ist es für uns ein Arbeitsauftrag, uns das noch mal genauer anzusehen.
Bei der landwirtschaftlichen Sozialversicherung werden rund 60 Prozent des Etats des Ministeriums, der 6,8 Milliarden Euro, verausgabt. Nicht dort eingeplant sind aber die Kosten, die jetzt noch auf uns zukommen bzw. zukünftig entstehen werden durch die Anerkennung von Parkinson als Berufskrankheit bei Landwirten, verursacht durch den Kontakt mit Spritzmitteln. Auch dazu werden wir eine Lösung finden müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch wenn wir sparen, wollen wir für Land- und Forstwirte, Fischer und Gartenbaubetriebe Sicherheit schaffen. Das hat der Minister schon zugesagt, und das ist auch eine gemeinsame Aufgabe. Dabei darf aber nicht einfach alles so bleiben, wie es ist. Die Welt um uns herum verändert sich. Darauf müssen wir Antworten geben. Das werden wir unter anderem auch mit diesem Haushalt tun.
Der Vorsitzende des Kreisbauernverbands Waldeck – also aus meinem Wahlkreis –, Heiko Kieweg, und Kreislandwirt Martin Vollbracht kämpfen dafür – so ihre Aussage –, „dass es nicht zu einer überbordenden Auflagenflut kommt, um angehenden Landwirten nicht die Lust an diesem schönen Beruf zu nehmen“, wie ich neulich in unserer Zeitung, der „HNA“, lesen durfte. Ich war ganz angenehm überrascht, dass sie mich danach angerufen haben und wir wieder ins Gespräch gekommen sind.
Es geht gar nicht mehr so sehr um finanzielle Förderung für die Landwirte, sondern um vernünftige Arbeitsbedingungen. In meiner Heimatregion hat sich die Zahl der Milchviehbetriebe seit 2016 auf 800 fast halbiert, wie der stellvertretende Vorsitzende des Regionalbauernverbands Kurhessen, Jörg Kramm, berichtet. Gründe sind mangelnde Wirtschaftlichkeit, also steigende Kosten für Strom, Diesel und Maschinen, aber auch erzwungene Investitionen aufgrund neuer Auflagen, bürokratischer Aufwand, hohe Arbeitsbelastung und auch fehlende Tierärzte, die überhaupt noch Großtiere versorgen.
Ich denke, da können wir nicht nur mit dem Haushalt, mit Finanzen unterstützen, sondern wir werden zum Ende dieses Jahres ein weiteres Bürokratieentlastungspaket vorlegen, bestimmt auch mit Vorschlägen aus unserem Bereich „Ernährung und Landwirtschaft“, um entsprechende Entlastungen zu schaffen.
Herr Minister, Sie haben gestern beim Berichterstattergespräch gesagt, Sie hätten eine Nähe zur Landwirtschaft und stünden im Austausch, ebenso sei aber bekannt, dass Sie eine Nähe zum Naturschutz hätten, und sich das Ihrer Auffassung nach nicht ausschließe. Genau das ist der richtige Ansatz, den auch unsere Landwirte, die Waldbesitzenden und die Fischer verfolgen. Ich persönlich habe ein tiefes Vertrauen in den überwiegenden Teil unserer Landwirte, dass sie gut ausgebildet sind und viel besser als wir wissen, wie sie ihre Tiere halten und wie sie Grund und Boden nachhaltig bewirtschaften müssen, damit sie auch in Zukunft ihre Höfe und eine intakte Umwelt erhalten und unsere Lebensmittel produzieren können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vertrauen schafft Vertrauen, das soll Grundlage unseres Handelns sein. Ich denke, das steht auch hinter der Aussage, die Sie gestern im Berichterstattergespräch getroffen haben. Wenn wir den Landwirten, den Forstwirten und den Fischern zukünftig mehr Vertrauen entgegenbringen, werden diese auch wieder Vertrauen in unsere politische Arbeit haben.
Dasselbe gilt für unsere Forstwirte, die zur Kenntnis nehmen müssen, dass für den Aufbau unserer Wälder, der dringend notwendig ist, im Haushalt bei Weitem nicht das Geld zur Verfügung steht, das erforderlich wäre. Aber der Wald stirbt und schweigt. Hier besteht dringend noch Handlungsbedarf, nicht nur in finanzieller Hinsicht. Vielleicht werden wir durch das neue Waldgesetz noch Unterstützung leisten können.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich bin daher sehr gespannt auf die parlamentarischen Beratungen des Bundeshaushalts und auf die nachfolgenden Gesetze.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und für die AfD-Fraktion hat das Wort Peter Felser.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7614819 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 183 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |