10.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 183 / Einzelplan 10

Franziska KerstenSPD - Ernährung und Landwirtschaft

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Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Haushaltsdebatten sind das Kerngeschäft der parlamentarischen Demokratie, und nach dieser populistischen Märchenstunde wollen wir jetzt wieder ein bisschen zu den Fakten zurückkommen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Das waren leider nur fünf Minuten! – Frank Rinck [AfD]: Ach, Frau Kersten! Das ist doch lächerlich!)

Wir müssen eine verantwortungsvolle Politik machen, gerade weil es um die Steuergelder unserer Bürger geht. Beim Agrarhaushalt geht es vor allem um Landwirtinnen und Landwirte, aber auch um den ländlichen Raum. Wir dürfen den ländlichen Raum nicht abhängen, sondern müssen dort möglichst gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Bernd Schattner [AfD]: Der ist euch doch scheißegal!)

Das funktioniert aber nur, wenn wir zusammen mit den Ländern eine zielgerichtete Förderung einrichten.

(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Eines der wichtigsten Förderinstrumente ist die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz, die GAK. Ich freue mich, dass diese Mittel nicht gekürzt worden sind, sondern wir stellen mit dem Haushaltsentwurf wieder 907 Millionen Euro zur Verfügung. Damit kann der Hochwasser- und Küstenschutz auf hohem Niveau weiterbetrieben werden.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Bernd Schattner [AfD]: Inflationsausgleich fehlt!)

Seit diesem Jahr ist der Mittelabruf durch den Bund außerdem deutlich flexibilisiert worden. Bisher gab es viele einzelne Fördertöpfe, sogenannte Sonderrahmenpläne. Die haben wir jetzt in einem Plan zusammengefasst, damit der Verwaltungsaufwand reduziert wird und es den Ländern leichter gemacht wird, die Mittel abzurufen. Übrigens war das eine Forderung aus dem Koalitionsvertrag, die wir jetzt umgesetzt haben. Jetzt kommt es auf die Länder an, die bereitgestellten Mittel mit 40 Prozent gegenzufinanzieren und auch wirklich auszugeben. Nur dann ist auf Dauer wirklich was für den ländlichen Raum geschafft.

Es kann doch nicht sein, dass 200 Millionen Euro übrig bleiben, weil die Länder das nicht hinkriegen! Der Haushaltsausschuss hat auch hier Abhilfe geschaffen und die Mittelumverteilung unter den Ländern in der zweiten Jahreshälfte ermöglicht. Außerdem warten wir immer noch auf eine Umsetzung durch den Bund-Länder-Planungsausschuss. Im Übrigen erwarten wir hier im Bundestag von den Ländern nach wie vor eine Herstellung von Transparenz über die Mittelverwendung. Denn auch der Bundesrechnungshof hat das schon kritisiert. Die Länder müssen da endlich ran!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Neben der GAK bewegt sich aber auch an anderer Stelle etwas: beim Dauerbrenner Pflanzenschutz. Im Haushalt 2025 stellen wir wieder Mittel zur Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes und zur Reduzierung des klassischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes bereit. Nachhaltiger Pflanzenschutz muss dem Grundsatz folgen: so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Wir müssen die Pflanzenbestände gesund halten; wir müssen sie vor Krankheiten und Schädlingsbefall schützen, um auch Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Das kann dauerhaft nur gelingen, wenn gleichzeitig die Böden, das Grundwasser und die Biodiversität geschützt werden. Eine Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes liegt somit im ureigensten Interesse der Landwirte.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Frank Schäffler [FDP]: Das machen die von alleine!)

Sie darf nur nicht so pauschalisiert und mit der Brechstange erfolgen, wie das bei der Sustainable Use Regulation, also der Novelle der EU-Pflanzenschutzmittelverordnung, geplant war.

Jetzt ist also das Zukunftsprogramm Pflanzenschutz vom BMEL veröffentlicht. Ich erwarte hier eine stringente Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes und eine verbindliche Umsetzung. Aktuell steht es verbindlich im Gesetz, aber es muss nicht dokumentiert werden und ist dann auch eigentlich nicht überwachbar. Das war ein wichtiger Kritikpunkt des EuGH bei der Prüfung der Umsetzung der Pflanzenschutzrichtlinie und damit auch ein echter Auslöser der SUR. Dabei geht es um das Prinzip, dass der Pflanzenschutzmitteleinsatz immer nur die Ultima Ratio ist.

Wir brauchen eine Förderung kooperativer Ansätze, wie sie in mehreren Bundesländern schon vollzogen worden ist. Ich denke hier zum Beispiel an den Niedersächsischen Weg. Denn eins ist doch klar: Eine reine Anwendung von Ordnungsrecht ist in diesem Bereich gescheitert; das haben wir bei der SUR gesehen. Außerdem ist ein solcher Weg auch praktisch nicht umsetzbar, führt zu bürokratischer Überbelastung bei Landwirten und Verwaltung und könnte im schlimmsten Fall auch die Ernährungssicherheit gefährden.

(Zuruf des Abg. Frank Rinck [AfD])

Für die kooperativen Ansätze brauchen wir einheitliche Grundsätze und einfache Regeln, um einen Flickenteppich beim Pflanzenschutz zu verhindern – Stichwort „Bürokratieabbau“. Da blickt doch draußen keiner mehr durch, was wirklich für Regeln gelten. Also, das zu vereinfachen, ist eine echte Aufgabe.

Wir brauchen eine wissenschaftsbasierte, rechtssichere und schnellere Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, auch für Sonderkulturen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich finde es deshalb wichtig, dass das BMEL die Bund-Länder-Arbeitsgruppe in diesem Bereich stärkt. Darüber hinaus muss das BMEL aber auch zügig handeln, um die Zulassungssituation insgesamt zu verbessern. Das Zukunftsprogramm Pflanzenschutz muss mit genug Geld ausgestattet werden, und die Offizialberatung durch Pflanzenschutzexperten muss gestärkt werden. Denn Landwirte sind nicht daran interessiert, Pflanzenschutzmittel zu verwenden, sondern sie wollen lernen, wie man mit weniger Pflanzenschutz dennoch Ertragssicherheit generieren kann.

Es existieren schon heute Programme, mit denen Landwirte ein Drittel der Herbizide in Getreide und Mais einsparen können. Die entsprechenden Algorithmen müssten allerdings eingekauft und unseren Landwirten zur Verfügung gestellt werden. So würde in Deutschland ein praxistaugliches System etabliert werden, was einen enormen Beitrag zur weiteren PSM-Reduktion leisten könnte.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Bernd Schattner [AfD]: Jawoll!)

Diesen Weg müssen wir jetzt gehen, und ich werde mich in den nächsten Wochen dafür einsetzen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Frank Schäffler für die FDP-Fraktion ist der nächste Redner.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7614826
Wahlperiode 20
Sitzung 183
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
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