11.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 184 / Einzelplan 04

Andreas AudretschDIE GRÜNEN - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir starten in diese Haushaltsverhandlungen hier im Deutschen Bundestag, an einem Ort der freien Rede, einem Ort der Demokratie, der zumindest den Demokratinnen und Demokraten mit diesen Werten von hoher Bedeutung ist. Gleichzeitig merken wir, dass in unserer Gesellschaft, aber auch weltweit etwas ins Rutschen gerät und etwas ins Rutschen gebracht werden soll.

Anfang September hat die US-Regierung Strafmaßnahmen gegen mehrere Personen und Organisationen in Russland erlassen. Gezielt soll Moskau versucht haben, mit Millionen Dollar die Debatte in den USA zu vergiften. Auch wir in Deutschland stehen im Zentrum einer gefährlichen Propagandaoffensive aus Moskau.

Was will Wladimir Putin? Wladimir Putin will das Europa starker, liberaler Demokratien kaputtmachen. Das ist sein ausgemachtes Ziel. Er will, dass wir zu einer verunsicherten, zu einer abgeschotteten Gesellschaft werden. Er will, dass mitten in Europa Zerstörung herrscht. Er will, dass die Stärken des eigenen Landes von Politikern kaputtgemacht werden, um kurzfristig populistische Gewinne zu erzielen. Das möchte er in unsere Gesellschaften tragen. Man kann das nicht anders sagen. Herr Merz, man muss Ihnen den Vorwurf machen, dass Sie genau das tun. Sie machen das Drehbuch von Wladimir Putin zur Realität.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Eine selten dümmliche Argumentation!)

Sie nehmen die Spaltung Europas in Kauf, und Sie betreiben bewusst oder unbewusst das Geschäft dieses Diktators: Notlagen ausrufen, Unsicherheit schüren, in Kauf nehmen, dass wir wieder über Schlagbäume mitten in Europa sprechen, in Kauf nehmen, dass wir Konfrontation zwischen Deutschland und Polen haben, in Kauf nehmen, dass wir Konfrontation in der eigenen Parteienfamilie zwischen Deutschland und Österreich haben. Sie säen Zwietracht. Sie spalten Europa. Genau das ist es, was sich der Diktator im Kreml wünscht. Das muss man Ihnen sagen, ob Sie es wollen oder nicht: Das ist unverantwortlich, und Sie sollten einen anderen Kurs einschlagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So viel Unsinn!)

„Achtet auf die Sprache“, das hat Angela Merkel gesagt. Wenn man Ihnen zuhört, Herr Merz, dann muss man den Eindruck gewinnen, dass Sie genau das Gegenteil tun: dass Sie nicht darauf achten, wie man mit Sprache eine Gesellschaft auseinandertreiben will. Man muss es sagen: Sie haben weder den Charakter einer Angela Merkel, noch haben Sie den europapolitischen Kompass eines Helmut Kohl, und Sie sind, so wie Sie mit dieser Angelegenheit umgehen, offensichtlich charakterlich nicht geeignet, ein Land zu führen. Man muss es so sagen, Herr Merz: Sie sind der Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir können den Angriffen auf unsere liberale Demokratie nur dann etwas entgegensetzen, wenn wir das stärken, was uns in Deutschland, was uns in Europa immer starkgemacht hat. Darum werden wir immer für ein geeintes Europa ohne Grenzen eintreten. Deswegen werden wir immer dafür eintreten, dass es in Europa keine Schlagbäume gibt. Deswegen werden wir immer dafür eintreten, dass wir nicht Zwietracht säen zwischen den Ländern in Europa. Deswegen werden wir immer dafür eintreten, dass Rechtsstaatlichkeit an allererster Stelle steht. Deswegen werden wir immer dafür eintreten, dass Grundrechte und dass Menschenrechte in Deutschland, in Europa eine große Bedeutung haben. Auch wenn Sie das nicht mehr tun: Wir tun es. Es wäre gut, wenn die Union auf diesen Pfad zurückkehren würde.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Einer zweiten Aufgabe sollten Sie sich widmen, nämlich Deutschland endlich wieder auf den Weg zu bringen, ein funktionierendes Land zu sein. In der Nacht von gestern auf heute ist in Dresden die Carolabrücke eingestürzt. Es grenzt an ein Wunder, dass kein Mensch zu Tode gekommen ist, dass niemand verletzt wurde.

(Zuruf des Abg. Christian Görke [Die Linke])

Der Zustand dort ist nichts, was singulär ist. In Dresden war die marode Brücke schon lange Thema. Das ist ein Zustand, den wir insgesamt in Deutschland sehen. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Herr Wegner, hat gesagt: Wir werden diesen Zustand nicht beenden können, ohne dass wir die Schuldenbremse reformieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie stellen sich hierhin und sagen: Das wird nicht passieren. – 70 Prozent der Brücken in Berlin sind renovierungsbedürftig, sanierungsbedürftig. In NRW sind 1 000 Brücken nicht saniert. Ich möchte nicht erleben, in welche Gefahren wir womöglich Menschen bringen. Es geht darum, dass wir dieses Land zum Funktionieren bringen, und es geht darum, dass wir Menschenleben schützen. Genau dazu werden Sie sich eines Tages bekennen müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das, was bei Ihnen vorherrscht, ist Leere, keine Antwort. Das wird Dresden nicht gerecht. Das wird der Carolabrücke nicht gerecht. Das wird Berlin nicht gerecht, es wird NRW nicht gerecht, und das wird vor allem der Zukunft dieses Landes nicht gerecht. Beziehen Sie eine Position, und bekennen Sie sich endlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden Deutschland und Europa, was die Infrastruktur und was das Zusammenhalten angeht, nach vorne bringen. Während Sie Europa auseinandertreiben, legen wir Wert darauf, es zusammenzuführen.

(Zuruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU])

Die Kulturhauptstadt Europas wird im kommenden Jahr Chemnitz sein. Wir stellen 10 Millionen Euro zur Verfügung, um dort, mitten im schönen Sachsen, vielfältige internationale Begegnungen zu ermöglichen, Festivals, Ausstellungen, damit Europa zusammenwächst und stärker wird. Sie treiben Europa auseinander. Wir führen Europa zusammen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat nun das Wort Bijan Djir-Sarai.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7614878
Wahlperiode 20
Sitzung 184
Tagesordnungspunkt Bundeskanzler und Bundeskanzleramt
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta