11.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 184 / Einzelplan 04

Christiane SchenderleinCDU/CSU - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht weiter mit der Kulturpolitik, und ich freue mich, dass wir heute in dieser Debatte mal so ganz kompakt über Kulturpolitik sprechen.

Es gab zunächst sehr hohe Erwartungen, als Olaf Scholz kurz vor der Bundestagswahl in einem Gastbeitrag für einen neuen Schulterschluss in der Kulturpolitik warb. Es sollte ein Kulturplenum mit Künstlern, mit Politik und der Zivilgesellschaft organisiert werden. Nur, bis heute wurde dieses Kulturplenum noch nicht einmal eingerichtet. Dabei wäre der regelmäßige Austausch, das Gespräch, so wichtig. Stattdessen erhält Kulturstaatsministerin Claudia Roth einen Brandbrief nach dem anderen. Es gibt zu Teilen Kulturschaffende, die sich nicht mehr gehört fühlen.

Es gab beispielsweise nur ein Auftaktgespräch mit der Kultur- und Kreativwirtschaft. Aktuell steckt der Wirtschaftsstandort Deutschland in einer Krise. Dazu zählt auch die Kreativwirtschaft als drittgrößte Branche mit fast 2 Millionen Beschäftigten. Auch diese ist gefährdet.

Dazu gehört eben auch die Filmindustrie. Auch hier waren Sie, Herr Bundeskanzler, vor einem Jahr in Babelsberg und haben danach gefordert, dass das Studio Babelsberg erhalten bleiben muss. Jetzt erhielten auch Sie vor ein paar Wochen einen Brandbrief von den deutschen Filmstudios. Darin heißt es, Deutschland drohe von der Landkarte der internationalen Filmproduktionen zu verschwinden.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Unfassbar!)

Die Kulturstaatsministerin kündigt diese Reform seit drei Jahren an. Bis jetzt ist sie aber noch nicht umgesetzt. Die Länder sind noch nicht alle im Boot. Die Gespräche fanden viel zu spät statt. Dabei brauchen wir hier unbedingt Klarheit; denn sonst droht tatsächlich diese massive Abwanderung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Frühjahr löste Staatsministerin Roth eine beispiellose Protestwelle der Gedenkstätten aus, als ein sogenanntes Rahmenkonzept Erinnerungskultur aus der Tasche gezaubert wurde, ohne vorher mit den Fachleuten zu sprechen. Es war der Versuch, von oben herab eine geschichtspolitische Kehrtwende zu vollziehen. Alles sollte miteinander vermischt werden: der Naziterror, die DDR, die NSU-Morde, Rechtsextremismus, Kolonialismus, Einwanderungsgesellschaft. Dieses Konzept verabschiedete sich vom langjährigen Konsens, dass die nationalsozialistischen Verbrechen nicht relativiert werden dürfen. Erst nach der massiven Kritik haben Sie zurückgerudert. Aber es darf eben keine Ideologisierung unseres nationalen Gedenkens geben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die richtige Antwort wäre gewesen, die Gedenkstätten im Kulturhaushalt zu stärken. Das ist eben nicht erkennbar. Sie stehen vor substanziellen Herausforderungen, und gleichzeitig werden deren Mitarbeiter sogar aus dem rechtsextremen Milieu bedroht. Dem müssen wir uns gemeinsam entgegenstellen.

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Gleiches gilt für die zunehmenden antisemitischen Aktionen und Boykottaufrufe in unseren Bildungs- und Kultureinrichtungen. Das dürfen wir nicht zulassen. Ich bekräftige daher hier noch mal ganz klar unsere Überzeugung: Es dürfen keine Bundesmittel in Kulturprojekte fließen, die dieses Geld für Antisemitismus missbrauchen;

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

denn der Antisemitismus ist nicht von der Kunstfreiheit gedeckt. Als Union reichen wir Ihnen hierzu seit Monaten die Hand.

Vor zwei Wochen gab es dann wieder Protestschreiben gegen Mittelkürzungen, diesmal von der Freien Szene. Die Petition dazu hat schon über 40 000 Unterzeichner. Darin werden Sie aufgefordert, die kulturpolitischen Fehlentscheidungen zu korrigieren. Aber stattdessen sehen wir neue Preise, zum Beispiel für Plattenläden, in Höhe von 1 Million Euro. Auch der KulturPass wird von Ihnen immer wieder angepriesen. Aber er ist eben kein Erfolgsschlager. Gerade mal 25 Prozent der Jugendlichen – das ist schon aufgerundet – haben sich hier registriert, trotz der millionenschweren Werbekampagne. Dabei bräuchten wir dieses Geld zum Beispiel dafür, um unser kulturelles Erbe zu bewahren. Wir fordern für den Kulturbereich eine nationale Resilienzstrategie, um unsere Kulturgüter vor Naturkatastrophen, Terror und Sabotage zu schützen.

Nach drei Jahren grüner Kulturpolitik sind viele Vorhaben noch nicht erledigt. Es sind neue aufgetürmt worden, die aber noch nicht finanziert wurden. Grundsatzentscheidungen erscheinen in dem Lichte sehr widersprüchlich. Das ist ein Zickzackkurs und keine Kulturpolitik der Moderne. Die „FAZ“ spricht sogar von einem Scherbenhaufen; denn – so heißt es –:

„Claudia Roth versteht ihr Amt […] nicht politisch, sondern aktivistisch. Deshalb schmiedet sie immer neue Projekte und vernachlässigt ihre Kernaufgaben.“

Wir fordern daher Transparenz und Priorisierung. Das ist in dieser Haushaltslage zwingend notwendig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was auf keinen Fall passieren darf, ist, dass es wieder eine Haushaltssperre gibt,

(Otto Fricke [FDP]: Was heißt denn „wieder“?)

gerade im Kulturbereich, der von viel Engagement und von Projekten lebt. Das wäre katastrophal. Lassen Sie uns gemeinsame Fürsprecher für die Kulturschaffenden sein!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort Anja Troff-Schaffarzyk.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7614885
Wahlperiode 20
Sitzung 184
Tagesordnungspunkt Bundeskanzler und Bundeskanzleramt
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