12.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 185 / Zusatzpunkt 1

Konstantin von NotzDIE GRÜNEN - Innere Sicherheit, Migrationspolitik

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hätte uns gut angestanden, in dieser Woche genau an dieser Stelle eine gemeinsame Debatte zu dem entsetzlichen Terroranschlag von Solingen anzusetzen. Die Opfer und Hinterbliebenen, die ganze Stadt, die ganze Region, die Polizei und die Rettungskräfte: Sie alle haben unsere Aufmerksamkeit, unser Mitgefühl, unseren Dank und unsere volle Solidarität verdient.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Stattdessen führen wir seit Tagen eine vonseiten der Opposition völlig überhitzte Diskussion über Migration. Das passierte, weil die Union, weil Friedrich Merz und Markus Söder nach der schrecklichen Terrortat von Solingen dem Problem des islamistischen Terrors, Herr Merz, nicht über rechtsstaatliche Instrumente im Bereich der inneren Sicherheit begegnen wollen. Sie haben gesagt: Das Problem ist Migration. – Und diese Verknüpfung von Terror und Migration ist keine Petitesse,

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist doch offenbar! – Zuruf von der AfD: Das ist die Realität!)

das ist keine Undifferenziertheit, sondern das ist ein schwerer politischer Fehler.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Der Umgang mit den Herausforderungen durch irreguläre Migration beschäftigt uns und muss uns beschäftigen. Diese Bundesregierung hat es im Gegensatz zu den CDU-geführten Bundesregierungen der letzten eineinhalb Jahrzehnte nicht beim Diskutieren belassen. Wir haben gehandelt und mit der europäischen GEAS-Einigung mehr auf die Kette gebracht als die Union in all den Jahren zuvor, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU)

Das ist Realpolitik versus Maulheldentum, Herr Dobrindt.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Aber Sie wollten das doch gar nicht!)

Diese Realpolitik, diese realistische europäische Politik, diese Umsetzung von GEAS, all das interessiert Sie ja gar nicht, Herr Frei.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Aber Sie haben dagegengestimmt auf europäischer Ebene! – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Sie haben dagegengestimmt!)

Sie fingieren den Zusammenhang von islamistischem Terror mit Migrationspolitik. Und das ist einfach ein Akt des politischen Wahnsinns,

(Zuruf von der CDU/CSU: Und tschüs!)

ein Akt der Destruktion und der Spaltung in unserer von Migration geprägten Gesellschaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für die zwei großen Migrationsbewegungen – Herr Frei, jetzt wird es interessant, passen Sie auf –

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

der letzten Jahre in Syrien und der Ukraine gibt es einen Push-Faktor. Sie reden ja immer gerne von Pull-Faktoren, hier aber gibt es einen Push-Faktor. Wissen Sie, wie der heißt?

(Beatrix von Storch [AfD]: Krieg!)

Wladimir Putin heißt er, Wladimir Putin!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Auslöser ist der völkerrechtswidrige Angriffskrieg auf die Ukraine und seine grausame Unterstützung des menschenverachtenden Regimes von Assad. Dass die russischen Proxys hier im Haus, also Frau von Storch und ihre Partei, die AfD, und die Wagenknechts – Frau Wagenknecht fehlt, die schreibt wahrscheinlich gerade ein Buch –,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Arbeitet wieder nicht!)

nicht in der Lage sind, diese Fakten auszusprechen, offenbart Ihre ganze bigotte Verlogenheit bei diesem Thema, Herr Baumann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Diese Auswirkungen von Russlands militärischem Agieren und das in vielen Ländern längst erkannte Ziel Putins, über das Thema „Migration“ Europa und die westliche Welt zu spalten, das ist unmittelbar miteinander verknüpft. Und umso verrückter, Herr Merz, ist es doch, wenn Sie heute eins zu eins die Grenzabschottung von einem Putin-Fan wie Viktor Orbán propagieren.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Eijeijei!)

Das widerspricht nicht nur europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Regelungen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es legt auch die Axt an die Errungenschaften der Europäischen Union.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Sie wissen es doch viel besser, Herr von Notz!)

Und dass Ihnen Ihre eigenen Freunde aus dem Kreis der konservativen Parteien Europas jetzt allen Ernstes erklären müssen, was Sie europapolitisch gerade anrichten – Ihnen, der Partei von Helmut Kohl und Angela Merkel –,

(Beatrix von Storch [AfD]: Ja, Angela Merkel!)

das ist ein brutales Armutszeugnis, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Die Bedrohungslage im Bereich des islamistischen Terrors in Europa und in Deutschland ist ernst. Und ich kann Ihnen sagen: Sie ist sehr ernst. Sehr ernst!

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ach ja? – Beatrix von Storch [AfD]: Warum das denn?)

Und deswegen helfen uns unterkomplexe Debatten 0,0 Prozent weiter, und sie helfen auch unseren Sicherheitsbehörden 0,0 Prozent. Ausländerbehörden beklagen ein Vollzugsdefizit und massiven Personalmangel. Der Richterbund benennt glasklar die dramatischen Personalengpässe – auch in Bayern, Herr Dobrindt – bei den Staatsanwaltschaften.

(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Die Polizeien verweisen auf Überstunden, ungenügende Ausstattung, unangemessene Bezahlung. Wir brauchen in diesem Bereich endlich relevante Basisinvestitionen!

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Wir brauchen Prävention!)

Wir brauchen rechtsstaatliche, moderne Instrumente, damit Polizei und Nachrichtendienste ihre Arbeit machen können!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

All diese Regelungen gehen wir jetzt an: alles, wie der Bundeskanzler ganz zu Recht sagt, verfassungskonform und europarechtskonform. Ich freue mich auf die Verhandlungen.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ich freue mich auch!)

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Dr. Bernd Baumann.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7614979
Wahlperiode 20
Sitzung 185
Tagesordnungspunkt Innere Sicherheit, Migrationspolitik
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