12.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 185 / Einzelplan 17

Bettina WiesmannCDU/CSU - Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche es einfach nüchtern, ohne „Laune“.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: Ganz ohne Laune? Was ganz Neues!)

Vertrauen in die politischen Entscheidungsgremien, in das politische System, wird durch nachvollziehbares Handeln gestärkt. Dazu gehört neben verantwortungsvollem Umgang mit Steuergeld vor allem inhaltliche Verlässlichkeit, auch gemessen an den eigenen Zielen. Dazu will ich ein paar Punkte ansprechen; denn davon ist bei Ihnen, liebe Bundesregierung, im Bereich Familie nicht so viel zu spüren.

(Martin Reichardt [AfD]: Weil sie gar nicht wissen, was eine Familie ist!)

Sie agieren vielfach ohne erkennbares Ziel, widersprüchlich und auch ohne Verantwortung.

Ich beginne mit den 200 Millionen Euro – die sind heute schon angesprochen worden –, die Sie auch 2025 wieder für die Förderung demokratischen Bewusstseins und Handelns bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ausgeben wollen. Das Anliegen ist ehrenwert. Aber was kommt dabei heraus? Unsere Demokratie steht unter Druck. Wir müssen deshalb wissen, welche Initiativen zur Demokratieförderung und Extremismusprävention wirklich wirken. Die Wahlergebnisse und das Verhalten auf der Straße lassen uns da eher skeptisch werden. Deshalb fordern wir – ich freue mich, dass das eben schon in Ihren Ausführungen angeklungen ist –, dass die Programme „Demokratie leben!“ und „Menschen stärken Menschen“ grundlegend evaluiert werden.

(Stephan Brandner [AfD]: Die müssten abgeschafft werden!)

Dann können wir sie vielleicht auch mitverantworten. Wenn Ihnen dieses Anliegen wirklich wichtig ist, sollten Sie dem zustimmen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zweiter Punkt: Freiwilligendienste. Wieder haben Sie den Haushaltsansatz gegenüber dem Vorjahr abgesenkt, von 123 auf 106 Millionen Euro. Sie behaupten gerne, eine Erhöhung des Betrags käme nicht infrage, weil gar nicht alle Mittel abgerufen würden. Dabei wissen Sie doch, dass die monatelange Unklarheit darüber, ob einer Einrichtung nun Mittel zur Verfügung stehen werden oder nicht, im Zweifel eher zum Verzicht auf einen freiwilligen Helfer führt.

Es gibt den Bedarf – das wissen wir alle aus unseren Gesprächen in den Wahlkreisen –, und er könnte sogar noch größer sein, wenn Jugendliche ein Anrecht auf einen Einsatz besäßen, für den sie sich engagieren wollen – so viel zu einer Zukunftsperspektive. Denn viele Einrichtungen mit großem Personalmangel warten darauf: Pflegeheime, Krankenhäuser, Kitas, genauso Einrichtungen für Umweltschutz, Jugendarbeit und Bildung. Dabei geht es nicht darum, Fachkräfte zu ersetzen, sondern um horizonterweiternde Erfahrungen mit Chancen auf Ausbildung und, ja, natürlich auch um eine Entlastung für allerlei Dienste und gute Zwecke. Sorgen Sie doch endlich mit Ihren Möglichkeiten dafür, dass die Einrichtungen und möglichst viele Freiwillige zueinanderfinden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dritter Punkt: Frühe Hilfen für junge Familien in belastenden Lebenslagen. Ihr Versprechen im Koalitionsvertrag – ich zitiere –: „Die Mittel der ‚Stiftung Frühe Hilfenʼ werden wir dynamisieren.“ Jetzt wollen Sie diese Mittel von 56 auf 51 Millionen Euro kürzen. Wir von der Union möchten, dass sie tatsächlich dynamisiert und auf Familien mit älteren Kindern ausgeweitet werden.

(Leni Breymaier [SPD]: Dann stellen Sie doch einen Antrag!)

Das steht in dem Antrag, den wir gemeinsam mit den Ampelfraktionen zur Unterstützung von Kindern mit psychisch oder suchtkranken Eltern eingebracht haben. Und was sagen Sie dazu? Die Bundesländer müssten dafür mit an Bord sein. Das ist nicht redlich; denn seit Juni 2022 liegt Ihnen ein Gesetzentwurf des Bundesrates vor, der eine Erhöhung der Mittel für den Fonds Frühe Hilfen vorsieht. Wer ist denn jetzt dagegen? Ich fürchte, nur die Bundesregierung. Stimmen Sie diesem Gesetzentwurf doch einfach zu! Familien und Kinder würden es Ihnen danken.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vierter Punkt: der Ganztag. 2026 soll der Rechtsanspruch für Schüler der ersten Klasse einlösbar sein. Ich muss feststellen: Sie haben dafür wichtige Jahre verschlafen. Bereits 2021 hatte die unionsgeführte Bundesregierung für den Ausbau der Schulen 3,5 Milliarden Euro im Haushalt etatisiert. Ihre Aufgabe war es jetzt, die notwendige Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern zur Umsetzung möglichst schnell auf den Weg zu bringen.

(Zuruf des Abg. Martin Gassner-Herz [FDP])

Erst nach zwei Jahren Regierungsverantwortung haben Sie das geschafft. Diese verschleppten Jahre fehlen jetzt. Es bleiben nur noch zwei Jahre, bis die ersten etwa 700 000 Schüler den Rechtsanspruch haben.

Sie aber haben stets gesagt: Es ist alles im Zeitrahmen für Länder und Kommunen, es besteht Planungssicherheit; kein Problem. Jetzt stellt sich heraus, dass von Kommunen Millionenbeträge zuzüglich Zinsen zurückgefordert werden, die diese zum Ausbau ihrer Schulen eingesetzt haben. Diese Schulen sind fertiggebaut. Wir haben schon vor einem Jahr gefordert, den Kommunen eine Fristverlängerung für den Mittelabruf zu gewähren. Sie haben das abgelehnt, obwohl Sie wussten, dass es schon Hilfegesuche gab, weil die Baufirmen wegen des Fachkräftemangels länger gebraucht haben und weil der russische Angriffskrieg die Materiallieferung aus Osteuropa erschwert hat. Im Regen stehen jetzt Städte und Gemeinden, die sich auf Ihre Zusage verlassen und frühzeitig den Schulausbau begonnen haben. Noch letzte Woche haben Sie es abgelehnt, auf diese Rückforderungen zu verzichten. Das Chaos ist perfekt. Ein Programm für Frustration der engagiertesten Kommunen und für Enttäuschung der Eltern – ich empfinde das als verantwortungslos.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Fünfter Punkt: Unterstützung bei ungewollter Kinderlosigkeit. Wieder ein Blick in den Koalitionsvertrag: Sie wollten – Zitat – „ungewollt Kinderlose besser unterstützen“ – Zitat Ende –, vor allem durch Kostenübernahme. Stattdessen senken Sie die Bundesmittel um über 40 Prozent auf nur noch 5,6 Millionen Euro ab. Klare Linie, klare Ziele, Verlässlichkeit, Familienpolitik? Fehlanzeige!

Ich will mit einem Lob schließen. Für das unsinnige Vorhaben einer Kindergrundsicherung steht nichts mehr im Etat. Wahrscheinlich ist auch bei Ihnen im Haus die Erkenntnis gereift, dass niemand dieses Bürokratiemonster braucht und dass wir besser bei den Erwerbsanreizen und Mechanismen des aktuellen Systems aus Kindergeld und Kinderzuschlag bleiben, das seit den Reformen Ihrer Vorgängerregierung über 1 Million bedürftiger Kinder erreicht. Das ist eine teure Erkenntnis in Bezug auf Zeit und Geld, aber immerhin.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Franziska Krumwiede-Steiner für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615016
Wahlperiode 20
Sitzung 185
Tagesordnungspunkt Familie, Senioren, Frauen und Jugend
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