Karsten KleinFDP - Gesundheit
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 30 Milliarden Euro hat der Bund in den letzten Jahren an die Krankenhäuser ausgegeben. Mit 30 Milliarden Euro ist er wieder in die Verantwortung gegangen, obwohl der Bund keine Finanzierungsverantwortung hat.
(Svenja Stadler [SPD]: Richtig!)
Das Resultat ist, dass es nach wie vor keine Reformbestrebungen, keine Anstrengungen innerhalb des Systems selbst gibt, dass über Jahre Reformen im Gesundheitssystem verschlafen worden sind, dass sogar in der letzten Legislaturperiode unter Jens Spahn noch etliche Leistungsgesetze beschlossen wurden, die die Kosten der GKV weiter in die Höhe treiben.
(Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: TSVG zum Beispiel!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Lage in den Krankenhäusern ist schlecht, in vielen sogar sehr schlecht. Der Anteil an Krankenhäusern mit Defizit steigt, die Zahl der Insolvenzen nimmt zu. Einige Häuser werden auch geschlossen.
Die Menschen in diesem Land erwarten von uns, dass wir eine Lösung auf den Weg bringen. Denen ist auch völlig egal, wer zuständig ist, ob Bund, Länder oder Kommunen, sondern sie erwarten von der Politik eine Lösung. Deshalb ist es richtig, Herr Minister, dass Sie heute noch mal aufgefordert haben, dass jetzt alle gemeinsam an dieser Lösung arbeiten müssen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Trotzdem, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss man sich natürlich, wenn man Lösungen erarbeiten will, die Probleme anschauen. Es bleibt einfach dabei: Der Druck im Bundeshaushalt ist da – durch den Zuschuss, den wir in die GKV zahlen. Es ist ein Thema im Bundeshaushalt, weil die Länder immer wieder vom Bund Geld fordern, damit wir ihre Aufgaben erfüllen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Nezahat Baradari [SPD]: So ist es!)
Und es bleibt dabei, dass die Länder in den letzten Jahrzehnten 30 Milliarden Euro an Investitionen in Krankenhäusern unterlassen haben und dass sie dafür auch in der Verantwortung stehen.
Ich finde es manchmal abenteuerlich, wenn dann von Länderseite, vor allem aus Bayern, aber teilweise auch vonseiten der Krankenhäuser gesagt wird, dass diese unterbliebenen Investitionen, die Krankenhausplanung, die nicht durchgeführt worden ist, und die fehlenden Krankenhausreformen keinen Einfluss auf die Betriebskosten hätten. Entschuldigen Sie, aber das ist eine Beleidigung für jeden Kaufmann.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb will ich die Länder, und zwar alle Länder, an der Stelle auch noch mal auffordern, sich endlich konstruktiv an den Debatten zu beteiligen.
(Zuruf des Abg. Dr. Andrew Ullmann [FDP])
Man sieht ja das große Interesse auch heute wieder.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Auf der anderen Regierungsbank auch nicht!)
Das steht nicht so ganz im richtigen Verhältnis zu den Milliardenbeträgen, die sie sonst hier abholen.
Der zweite Punkt, den ich in dem Bereich ansprechen möchte, sind die Personalkosten. Sie werden von den Krankenhäusern immer wieder als großes Problem genannt, weil das Personal nicht ausreicht und dann Personal über Serviceagenturen rangeschafft werden muss.
Aber wen wundert’s denn? Wir in Deutschland haben in Europa die höchste Krankenhausdichte, wir haben die höchste Anzahl an Krankenhausbetten pro Kopf, wir haben die höchste Zahl an stationären Aufnahmen, wir haben die meisten kleinen Krankenhäuser. Deshalb braucht es niemanden zu wundern, dass wir ein Problem bei der Personalanzahl und damit auch bei den Personalkosten haben. Deshalb muss diese Reform auch dieses Problem lösen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der letzte Punkt, den ich in dieser Sache ansprechen will, ist, dass viele Menschen bei den steigenden Ausgaben zum Beispiel im Krankenhausbereich, aber auch in anderen Bereichen des Gesundheitssystems einfordern: Es müssen dort mehr Mittel bereitgestellt werden; die Einnahmen in diesen Bereichen müssen hoch. – Aber man muss einmal feststellen: Diese Einnahmen müssen ja auch irgendwo erwirtschaftet und bezahlt werden.
(Dr. Andrew Ullmann [FDP]: So ist es!)
Hier ist ein Missverständnis aufgetaucht; denn noch mal: Der Bund hat keine Finanzierungsverantwortung im Gesundheitssystem, sondern in dem Fall die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler. Das heißt, jeder, der mehr Geld für die Krankenhäuser im System verlangt, der sollte so ehrlich sein, dann auch höhere Beitragssätze zu fordern. Das wäre ehrlich von den Landesgesundheitsministerinnen und -gesundheitsministern. Wir wollen keine weiter stark ansteigenden Beitragssätze, weil das den Wirtschaftsstandort Deutschland schwächt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Hubert Hüppe [CDU/CSU])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Corona als Pandemie ist eigentlich für beendet erklärt worden. Aber wir haben immer noch eine Vielzahl von Ausgaben in unserem Bundeshaushalt, zum Beispiel in den Bereichen „persönliche Schutzausrüstung“ und „Masken“; das wurde schon angesprochen. Das resultiert daraus, dass wir einen völlig unkoordinierten, undokumentierten und in Teilen auch chaotischen Beschaffungsprozess – verantwortet von Jens Spahn und der Union – in der Coronazeit hatten. 5,7 Milliarden Masken wurden beschafft; das bedeutete 5,9 Milliarden Euro für den Haushalt. 2,9 Milliarden Masken sind mittlerweile vernichtet worden oder stehen kurz vor der Vernichtung.
Und wir haben im Haushalt immer noch große Risiken. Aktuell müssen die Mittel höher angesetzt werden, um diese Risiken abzudecken. Über 100 Klagen mit einem Streitwert von 2,3 Milliarden Euro stehen noch an.
Deshalb ist es richtig, Herr Minister, dass Sie an dieser Stelle für Aufklärung im Haus sorgen und dass Sie dafür sorgen, dass es eine Sonderermittlerin gibt. Aber ich will auch sagen: Auch dieses Haus wird bei der Aufklärung weiter dranbleiben; denn es ist wichtig, dass wir hier Transparenz schaffen und sich die Fehler nicht wiederholen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es ist aber auch wichtig, zuzuordnen, wer in einer Phase, in der man es schon besser hätte wissen müssen, Fehler gemacht hat. Denn die Antwort auf die Frage, warum Jens Spahn, obwohl die Bundesregierung beschlossen hatte, Masken nicht mehr weiter zu beschaffen, immer noch Masken beschafft hat, ist er bei allen pathetischen Einzelerklärungen hier im Hause schuldig geblieben. Wir werden dieser Sache auf den Grund gehen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Denn wir wollen nicht, dass in Zukunft die Bürgerinnen und Bürger Steuermittel bereitstellen müssen, wenn es nicht nötig ist.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Klein. – Nächster Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Sepp Müller.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615033 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 185 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |