Helge BraunCDU/CSU - Gesundheit
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe dem Bundesgesundheitsminister und den Vertreterinnen und Vertretern der Regierungskoalition zugehört und stelle fest, dass schwierige Haushaltsberatungen vor uns liegen werden.
Ich will mit der Krankenhausreform beginnen. Heike Baehrens hat gesagt: Man darf nicht die Kosten allgemeinpolitischer Reformvorhaben den GKV-Versicherten aufbürden.
(Heike Baehrens [SPD]: Nicht allein! Ja!)
– Richtig, nicht allein. – Und Karsten Klein hat gesagt: Der Bund darf nicht immer die Verantwortung für die Länder übernehmen, und schon gar nicht die GKV-Versicherten.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat Tradition, Herr Braun!)
Genau das ist aber mit der Krankenhausreform vorgesehen. Im Bundeshaushalt stehen für die Krankenhausreform null Euro.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Genau!)
Der Vorsatz ist, 25 Milliarden Euro aus der GKV zu mopsen und sie zu verwenden, um einen 50-Milliarden-Euro-Fonds mit den Ländern für die Krankenhausreform zu befüllen. Damit ist genau das erfüllt, was Sie vermeiden wollen. Deshalb ist meine Erwartungshaltung, dass Sie im parlamentarischen Verfahren und insbesondere in den Haushaltsberatungen einen anderen Weg zur Finanzierung der Krankenhausreform vorschlagen. Denn Sie haben recht: Das ist so politisch und rechtlich nicht in Ordnung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Zweites Thema ist das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das mittlerweile keine Wirkung mehr zeigt, weil viele Einmaleffekte darin enthalten waren. Deshalb liegen Zusatzbeiträge schon bei 1,7 Prozent. Wenn man Krankenversicherung und Pflegeversicherung zusammennimmt, dann stellt man fest, dass uns im nächsten Jahr ein ganzer Prozentpunkt Beitragssatzsteigerung droht. Das relativiert ein bisschen das, was Christian Lindner in seiner Eingangsrede gesagt hat, nämlich wie sehr diese Ampelregierung die Menschen entlastet. Da hat er über Steuern gesprochen. Aber wenn wir uns die Sozialsysteme angucken, stellen wir fest, dass eine erhebliche Mehrbelastung der Bürgerinnen und Bürger zu erwarten ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Da ist es wichtig, dass wir einmal darüber reden, was mit den Reformen alles gemacht wird.
Das dritte große Thema, die Prävention, wurde angesprochen. Hier ist oft gesagt worden, wie wichtig Prävention ist; ich teile das. Wir haben deshalb im parlamentarischen Verfahren das letzte Mal, gerade auch bei der Suchtprävention, die Mittel deutlich erhöht. Positiver Nebensatz: Beim Thema „Long Covid“ hat die Regierung reagiert und die Mittel, die wir zusätzlich für Long Covid bereitgestellt haben, im Haushalt so verstetigt, wie es das Parlament das letzte Mal vorgesehen hat.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber zu dem wichtigen Thema der Prävention sagt die Regierung einfach: Es ist schön, dass ihr das letztes Jahr gemacht habt.
(Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und vorletztes Jahr!)
Dieses Jahr machen wir es nicht, und dann könnt ihr euch im Parlament wieder darum kümmern, woher ihr neben der Auflösung einer riesigen globalen Minderausgabe genügend Geld für die Prävention bekommt. – Da muss ich ehrlich sagen: Das ist kein besonders respektvoller Umgang mit dem Haushaltsgesetzgeber, liebe Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Eine Sache aus dem GKV-Finanzierungsgesetz, die übrig geblieben ist, ist die Reform des AMNOG, die eine ganz erhebliche Verunsicherung und die Problematisierung des Markteintritts neuer Arzneimittel zur Folge hatte. Deshalb – Paula Piechotta hat es angesprochen – stehen jetzt im Bundeshaushalt Mittel dafür bereit, dass wir Anreize für den Erhalt der Wirkstoffproduktion in Deutschland geben. Ich glaube, das ist ein ehrlich gemeintes Unterfangen. Aber ich glaube nicht, dass wir die von uns schlecht gesetzten Rahmenbedingungen auf unserem Markt mit Förderprogrammen seitens des Bundes wieder aufwiegen können. Lieber ein funktionierender Markt als ein kompliziertes Förderprogramm!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD)
Ich gebe Paula Piechotta recht. Sie hat es in eine Frage gekleidet. Ich kann ihr schon die Antwort geben: Ein Förderprogramm über mehrere Jahre, verteilt auf drei Ministerien, auszugestalten, ist die sichere Garantie für Doppelförderungen, für Bürokratie und für Ineffizienzen. Deshalb: Wenn man es macht, dann bitte nicht so!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Heike Baehrens hat gesagt: Wir schaffen ein Institut für öffentliche Gesundheit. – Ich schaue in den Haushalt und sage: Nein, wir schaffen kein Institut für öffentliche Gesundheit; denn im Haushalt ist nicht ein Euro dafür vorgesehen. Strukturell ist nichts vorgesehen, dass dieses Institut gegründet werden oder arbeiten kann; im Haushalt finde ich nichts.
Ich stelle fest: Durch die Ankündigung im Koalitionsvertrag herrschte beim RKI und bei der BZgA große Verunsicherung in den letzten Jahren. Was ändert sich? Wie sieht die gesundheitliche Aufklärung aus? Was ändert sich für das RKI? Passiert ist bisher nichts. Deshalb ist außer Verunsicherung nichts gewesen. Es gibt kein Geld für ein Institut für öffentliches Gesundheitswesen im Haushalt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Heike Baehrens [SPD]: Aber die Bündelung halten Sie doch politisch auch für richtig, oder?)
Große Aufregung gab es nach den Urteilen rund um das Thema Schutzausrüstung. Auch hierzu sind Beträge genannt worden. Etwa 2,5 Milliarden Euro kommen an Kosten auf den Bund zu. Wenn wir im Haushalt danach suchen, welche Vorsorge die Bundesregierung trifft und wie sie die Risiken im Kontext der Schutzmaskenbeschaffung und deren Abwicklung einschätzt, dann sehen wir, dass im Haushalt 60 Millionen Euro eingestellt sind. Das sind völlig andere Dimensionen.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Wer hat uns das eigentlich eingebrockt, Herr Kanzleramtsminister a. D.? – Zuruf des Abg. Karsten Klein [FDP])
Da müssen Regierung und Regierungsfraktionen wie aus einem Mund sprechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Koalition könnte sich aber die Frage stellen: Wenn nächstes Jahr – was niemand hofft – wieder eine Pandemie auftritt und wir brauchen wieder Schutzmasken, kämen wir dann wieder in eine Situation,
(Zuruf des Abg. Jürgen Pohl [AfD])
in der wir an den Weltmärkten beschaffen müssen, weil wir selber nichts auf der hohen Kante haben?
(Jörn König [AfD]: Die haben schon letztes Mal nicht geholfen, die Schutzmaßnahmen!)
Die Antwort lautet Ja. Denn die Nationale Reserve Schutzausrüstung ist abgewickelt, es stehen dafür null Euro im Haushalt; der Bund kümmert sich nicht darum.
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Auch die Nachfrage an den Bundesgesundheitsminister, ob er sich darum kümmert, dass die Länder etwas tun, zeigt: Nein, auch da geschieht nichts. Das heißt, dass wir wieder vor dem gleichen Problem stünden.
Herr Kollege Dr. Braun!
Es gibt viel zu tun, und irgendwie freue ich mich trotzdem auf die Haushaltsberatungen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin Tina Rudolph, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615049 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 185 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |