Leon EckertDIE GRÜNEN - Inneres und Heimat, Datenschutzbeauftragte
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Der vorliegende Etatentwurf für das Bundesministerium des Innern und für Heimat trifft auf enorme Herausforderungen: islamistische Attentate, hybride Kriegsführung zum Beispiel aus Russland und immer häufigere und intensivere Extremwetterereignisse. Unser Zusammenleben, Frieden, Freiheit und Sicherheit müssen auch im Innenetat verteidigt werden. Der Schwerpunkt des Haushaltsentwurfs ist deshalb richtig: die Stärkung unserer Sicherheit.
1 Milliarde Euro erhalten unter anderem Bundespolizei, Bundeskriminalamt, BDBOS und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz. Denn Sicherheit schafft das, was in der Realität wirklich ankommt: wenn das Bundeskriminalamt verzweigte Netze Organisierter Kriminalität aufspürt oder der Einsatz unserer Bundespolizei an den Bahnhöfen und Flughäfen unserer Republik. Deshalb ist es besonders gut, dass wir aufgefordert sind, im parlamentarischen Verfahren 1 000 neue Stellen bei der Bundespolizei zu schaffen. Das schafft echte Sicherheit in diesem Land.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD und des Abg. Dr. Thorsten Lieb [FDP])
Und doch bleiben Ressourcen endlich. Ressourcen müssen immer richtig priorisiert werden, um das Beste für die Menschen in diesem Land, die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu erreichen. Da frage ich mich schon, ob der Einsatz von Bundespolizisten an der dänischen Grenze, zum Beispiel in Süderlügum, wirklich der beste Einsatz für unsere Bundespolizei ist,
(Beifall des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])
wo doch dann im Zweifel jemand vom Hauptbahnhof Stuttgart abgezogen werden muss, um diese Grenzkontrollen zu ermöglichen.
(Petra Nicolaisen [CDU/CSU]: Na, da stehen sie ja auch nicht unbedingt!)
In dem parlamentarischen Verfahren zum Etatentwurf muss unser Blick auf die Programme zur Deradikalisierung gerichtet sein, die oft alle Probleme der Einjährigkeit des Haushalts erleben – Know-how, das abfließt, Schwankungen, fehlende Anreize im Programm –, mit all den negativen Auswirkungen. Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem die langsame Ausstellung von Förderbescheiden für Deradikalisierungsprogramme ein Sicherheitsrisiko darstellt. Da ist die Terrorfinanzierung in anderen Ländern wahrscheinlich deutlich flexibler, und da dürfen wir nicht hinterherhinken. Das Demokratiefördergesetz ist sicher ein richtiger Weg, um da noch einmal reinzugucken, und in den Verhandlungen werden wir die Projekte zur Deradikalisierung, die im Etat des Innenministeriums enthalten sind, noch einmal genau angucken und schauen, ob wir da jetzt etwas verstärken können.
Wir stehen in der Bundesrepublik vor einer veränderten Sicherheitslage; die Zeitenwende wurde gerade angesprochen. Da gibt es tatsächlich unterschiedliche Geschwindigkeiten bei der Bundeswehr und der Zivilverteidigung. Doch gerade das Herausverhandeln der Union der zivilen Verteidigung aus dem Sondervermögen hat ja diesen Unterschied erst entstehen lassen.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Das Sondervermögen reicht doch so schon nicht!)
Dabei gibt es so viel zu tun. Von Cell Broadcasting haben wir heute ja alle gehört. Wir haben jetzt eines der besten Warnsysteme in Europa. Aber wo waren die Sirenen in Berlin, in Bayern? Die haben wir an vielen Orten nicht gehört. Wir müssen die langen Investitionsstaus beim THW, die sich nicht erst in den letzten Jahren, sondern schon seit vielen Jahren aufstauen, abbauen.
(Dr. Yannick Bury [CDU/CSU]: Falsch!)
Der flächendeckende Ausbau von Selbstschutzfähigkeiten gelingt so nicht.
(Zuruf des Abg. Dr. Yannick Bury [CDU/CSU])
Ich denke, wir müssen gerade in der Zeitenwende noch einmal die große Linie wagen und uns alle von der Einjährigkeit eines Haushaltsplans lösen. Wir haben im Sondervermögen die große Linie gezeigt. Genau das muss für die zivile Verteidigung noch einmal gezeigt werden, und da brauchen wir alle und nicht nur ein paar.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Petra Nicolaisen [CDU/CSU])
Am Ende ist eine Gesellschaft dann widerstandsfähig, wenn sozialer Zusammenhalt stark ist. Deswegen freut es mich besonders, dass die Programme für jüdisches Leben in vollem Umfang weitergeschrieben worden sind – auch da werden wir noch einmal gucken, ob wir noch mehr stärken können – und an anderen Stellen viele Ansätze und Initiativen gestärkt worden sind.
Aber ich möchte auch sagen: Wir müssen noch mehr auf die Integrationskurse gucken. Da werden wir sicher noch etwas straffen können durch Onlineunterricht. Ich denke da zum Beispiel an Menschen bei mir im Wahlkreis, die in Nandlstadt untergebracht sind. Die müssen jetzt oft lange Fahrzeiten in die Kreisstadt unternehmen, um einen Kurs zu besuchen. Da kann man sicher Kostenpotenziale heben und Flexibilisierung gerade für das Land schaffen. Da werden wir in dem Verfahren bestimmt noch einmal tiefer reingucken.
Zum Schluss möchte ich einen Punkt beleuchten, der mir wirklich sehr wichtig ist: Wenn ich bei einem Einsatz mit meiner Feuerwehr ins Auto steige und meine Kameradinnen und Kameraden angucke, dann weiß ich: Wir alle sorgen dafür, dass wir auch wieder gemeinsam zurückkommen. Wir sorgen dafür, dass jeder heil aus dem Einsatz nach Hause kommt.
(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Wenn Sie losfahren, geht das Feuer bestimmt lieber von alleine aus!)
Diese Einsatzehre gilt auch für uns, für die Bundesrepublik und für die, die mit unseren Soldatinnen und Soldaten im Einsatz waren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Genau deswegen haben wir das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan geschaffen. Ich appelliere an uns alle, dass wir diese republikanische Einsatzehre verteidigen und dieses Programm zum ordentlichen Funktionieren bringen. Und da zähle ich auch auf Sie, Frau Bundesministerin, dass wir uns das im Verfahren noch einmal angucken.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich bin gespannt auf die anstehenden Beratungen und auf die Vorschläge, die kommen werden. Es ist ja jetzt ein neuer Experte für das THW dazugekommen. Herr Throm, mal gucken, ob Sie sich auch im Detail so gut auskennen. Also: Ich erwarte Ihre Vorschläge.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])
Vielen Dank. – Ich will Ihnen kurz eine Korrektur des Protokolls über die Wahl eines Mitglieds des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Kenntnis geben: Die Zahl der Neinstimmen wurde falsch berechnet. Es sind nicht 538, sondern 558 Abgeordnete. An dem Ergebnis ändert sich ansonsten nichts.
Das Wort hat Dr. Gottfried Curio für die AfD.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615090 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 185 |
Tagesordnungspunkt | Inneres und Heimat, Datenschutzbeauftragte |