12.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 185 / Einzelplan 23

Janine WisslerDIE LINKE - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag der Ampel wurde versprochen, dass man die Mittel für humanitäre Hilfe bedarfsgerecht erhöhen werde. Man wolle sicherstellen, dass Deutschland seine internationalen Verpflichtungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit erfüllt. Mindestens 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung sollte an die ärmsten Länder der Welt gehen. Versprochen, gebrochen! In der Realität kürzen Sie erneut drastisch die Mittel.

Laut Koalitionsvertrag sollten die Ausgaben für Krisenprävention, für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit und die Ausgaben für Verteidigung im Maßstab eins zu eins steigen. Nun, die Mittel fürs Militär steigen deutlich – dem 2-Prozent-Ziel der NATO fühlen Sie sich verpflichtet –, auf die versprochenen 0,2 Prozent pfeifen Sie ganz offensichtlich. Die globale Solidarität, die internationale Zusammenarbeit und damit Hunderttausende Menschen in Afrika, Lateinamerika und Asien sind die Verlierer. Denn dort werden die Mittel gekürzt, und zwar zugunsten der Bundeswehr. So hat es Finanzminister Lindner angekündigt und offenbar ohne größeren Widerstand von SPD und Grünen durchgesetzt. Da fragt man sich schon: Was ist Ihr Koalitionsvertrag eigentlich wert, wenn Sie darin Vereinbarungen treffen, aber das Gegenteil davon im Haushalt umsetzen?

(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Nix!)

Haushalt 2023: rund 1 Milliarde weniger, Geld, das beim Kampf gegen Hunger fehlt. Haushalt 2024: rund 1 Milliarde weniger, Geld, das beim Kampf gegen Armut fehlt. Haushalt 2025: rund 1 Milliarde weniger, Geld, das armen Frauen, Mädchen und Familien im Globalen Süden fehlt. Das ist doch ein Irrsinn! Zum dritten Mal in Folge wurde dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung knapp 1 Milliarde gestrichen. Keinem anderen Ministerium wurde so viel Geld gekürzt, fast ein Drittel in einer Wahlperiode. Das hinterlässt eine Schneise der Verwüstung zulasten der Verwundbarsten, der Ärmsten, der Kinder. Ich frage Sie: Ist das wirklich wertebasierte Außenpolitik? Angesichts von Krisen und Kriegen – im Sudan, in Gaza, in der Ukraine – ist das verantwortungslos. Das ist auch ein Schlag ins Gesicht der Entwicklungsorganisationen. Die sind über diese Kürzungen entsetzt.

Und warum das alles? Es geht nicht nur um die Einhaltung der Schuldenbremse. Wir erleben aktuell eine regelrechte Kampagne zur Diskreditierung der Entwicklungszusammenarbeit, die immer hasserfüllter und immer menschenfeindlicher wird, die von Nationalismus und Desinformation geprägt ist. Aber statt dagegenzuhalten und den Stimmen von rechts etwas entgegenzusetzen, bläst Finanzminister Lindner teilweise ins gleiche Horn, und die Ampel beschließt Kürzungen auf dem Rücken der Ärmsten.

Entwicklungsgelder sind keine Wohltaten, sondern eine historische Verantwortung und nicht ansatzweise Ausgleich für die Folgen von Kolonialismus und jahrhundertelanger Ausbeutung.

(Sanae Abdi [SPD]: Kommen Sie doch mal in den Ausschuss!)

Ich sage Ihnen: Ihre Politik ist nicht generationengerecht. Sie vergrößert die Krisen. Globale Probleme wie Klimawandel, Flucht und Konflikte machen doch nicht vor den Grenzen halt. Zu glauben, man könne sich abschotten von der Welt, Grenzen dichtmachen und sich vor den Problemen verbarrikadieren, das ist eine Illusion.

(Sanae Abdi [SPD]: Das machen wir nicht!)

Heute Morgen reden wir über die Geflüchteten, und heute Abend reden wir über die Kürzung der Mittel. So bekämpft man doch keine Fluchtursachen, –

Kollegin.

– so vergrößert man die Fluchtursachen doch nur. – Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich komme zum Schluss.

Genau so.

Diese Kürzungen bei den Mitteln zur Bekämpfung von Hunger und Krankheiten sind ein Fehler. Stoppen Sie diesen Kürzungswahn! Mit weniger Geld lassen sich die Menschheitsprobleme nicht lösen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Wo sind denn die SED-Milliarden?)

Das Wort hat Dr. Christoph Hoffmann für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615149
Wahlperiode 20
Sitzung 185
Tagesordnungspunkt Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
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