Carsten MüllerCDU/CSU - Justiz und Bundesverfassungsgericht
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist schon eine besondere rechtspolitische Haushaltsdebatte im 75. Jahr des Bestehens des Grundgesetzes.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Bisher habe ich die Reden der Union nicht so wahrgenommen!)
Und auch die Ampel feiert ein kleines Jubiläum – das soll nicht unerwähnt bleiben –: Innerhalb von eineinhalb Jahren drei schwere Klatschen vor dem Bundesverfassungsgericht zu kassieren, hat es bisher noch nicht gegeben, meine Damen und Herren.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Alles verloren?)
Wir wollen die Debatte kurz in den aktuellen Zeitrahmen einordnen: Es hat ewig lange gedauert, bis sich die Koalition auf einen Haushaltsentwurf hat einigen können.
(Esther Dilcher [SPD]: Wir beraten genauso vorher!)
Und wie ist die Lage im Lande? Die Lage im Lande ist so, dass die Mehrzahl der Menschen die Tage, bis diese Regierung aus dem Amt scheidet, herunterzählt. Das hat es in dieser Republik auch noch nicht gegeben.
(Zurufe von der FDP: Oh! – Erinnern Sie sich nicht an Frau Merkel? – Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Letzte Wahlperiode war das so!)
Seien Sie doch ehrlich, wenigstens zu sich selbst: Auch Sie zählen die Tage herunter. Es ist Vertretern der Regierungskoalition selten so gut gelungen, die Situation zu beschreiben, wie dem Kollegen Nouripour, der die treffende Formulierung „Übergangsregierung“ verwendete.
Meine Damen und Herren, das Ganze ist insbesondere rechtspolitisch nicht unproblematisch; denn der gesetzgeberische Stillstand, den wir im Land haben, rüttelt an dem Grundvertrauen in die Handlungsfähigkeit und in die Funktionalität unseres Staates. Ich war zunächst ein bisschen überrascht – allerdings angenehm überrascht –, dass auch die Veröffentlichung „heute im bundestag“ – sie wird ja vom Hohen Hause selbst herausgegeben – eine sehr treffende Formulierung für Ihre Leistung im rechtspolitischen Bereich gefunden hat; die Überschrift am 23. August 2024 lautete: „Haushalt 2025: Wenig Bewegung im Justizetat“.
(Zuruf des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Treffend beschrieben, meine Damen und Herren! Dabei gibt es doch so viel zu tun.
(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber auch eine harte Methode, uns zu Tode zu langweilen!)
Es ist zwar zu begrüßen, dass wir höhere Ausgaben für den Generalbundesanwalt haben und auch der Etat des Bundesgerichtshofs aufgewachsen ist. Aber insgesamt ächzt die Justiz in unserem Lande unter einer ganz erheblichen Überlastung.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Kommt da noch was? – Gegenruf des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist schon Wochenende?)
Der Kollege Krings hat Ursachen dafür aufgezählt.
Was ist Ihr Beitrag dazu? Das erste Vorhaben des Koalitionsvertrages, den Pakt für den Rechtsstaat, haben Sie aufgekündigt und beendet. Meine Damen und Herren, ich will es noch mal sagen: Das ist deswegen so gefährlich, weil Dysfunktionalität unseres Staates, insbesondere im Rechtsbereich, den Populisten und Demokratiefeinden von rechts und links in die Karten spielt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Esther Dilcher [SPD]: Die Digitalisierung dort ist ein Länderthema!)
Wir haben es, wie gesagt, mit einer erheblichen Unterbesetzung in der Justiz zu tun, nicht nur bei Richterinnen und Richtern und Staatsanwälten, sondern auch bei den sonstigen Beschäftigten.
(Esther Dilcher [SPD]: Länderebene!)
– Genau. Frau Kollegin Dilcher, es ist bemerkenswert, dass Sie als Haushaltspolitikerin den Pakt für den Rechtsstaat überhaupt nicht umrissen haben. Vielleicht ist es auch eine Erklärung für Ihr Handeln, dass Sie es einfach nicht verstanden haben.
(Esther Dilcher [SPD]: Sie haben nicht verstanden, dass der Bund das gar nicht bezahlen darf! – Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee! Ich erkläre es Ihnen gleich noch mal!)
Sie lassen die Rechtspflege im Stich.
(Zuruf von der SPD: Diese Selbstverliebtheit! Stellen Sie sich doch einen Spiegel vor das Rednerpult! – Weitere Zurufe von der SPD)
Meine Damen und Herren, wir reden dieser Tage über neue Regelungen im Bereich des Asylrechtes, zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung und zur Steigerung der inneren Sicherheit. Sie vergessen vollständig, dass diese Vorhaben ohne eine entsprechend bessere Personalausstattung gar nicht gelingen werden. Wir als Union sagen Ihnen das und weisen darauf hin.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Kommt da noch was?)
Meine Damen und Herren, es geht uns so wie – anfangs gesagt – dem überwiegenden Teil der Bevölkerung: Wir arbeiten darauf hin, dass diese Regierung endlich aus dem Amt scheidet.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Beim Krings war wenigstens Leben in der Bude!)
– Ich höre gerade den einen oder anderen etwas übermotivierten Zuruf der FDP. Das ist bemerkenswert bei Ihnen: Sie sprechen in den Saal hinein, während es einen stellvertretenden Parteivorsitzenden gibt, der sagt: Diese Koalition hat die Legitimation verloren. – Das verhallt vollkommen folgenlos, um nicht zu sagen: rechtsfolgenlos.
(Esther Dilcher [SPD]: Einer von vielen!)
Das ist eben die besondere Verantwortung, die die FDP übernimmt. Sie sind mittlerweile zu schwach, um umzufallen, und das sollte Ihnen insbesondere zu denken geben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, wir schauen heute auf den Zustand der Rechtspolitik, und ich will das viele Richtige, was Ihnen mein Freund und Kollege Günter Krings erzählt hat, nicht wiederholen. Ich will aber auf ein Urteil einer Vielzahl unabhängiger Universitätsprofessoren der Jurisprudenz abheben. Professor Kyrill-Alexander Schwarz zum Beispiel stellt Ihnen das Zeugnis aus, „dass schlechte Gesetzgebung mittlerweile zu einem – traurigen – Erkennungszeichen“ der Politik der Ampelregierung geworden ist. Recht hat er.
Wir wollen das ändern mit vielen guten Vorschlägen und setzen noch ein klein wenig Hoffnung in die anstehenden Haushaltsberatungen.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Gleich ist es vorbei! – Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Wochenende naht!)
Ihre bisherigen Ausführungen lassen diese Hoffnung allerdings fast auf null schwinden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Konstantin Kuhle [FDP]: Endlich!)
Als Nächster das Wort für die FDP-Fraktion Dr. Thorsten Lieb.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615166 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 186 |
Tagesordnungspunkt | Justiz und Bundesverfassungsgericht |