13.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 186 / Einzelplan 07

Canan BayramDIE GRÜNEN - Justiz und Bundesverfassungsgericht

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute den Justizhaushalt, und darin sollte sich natürlich auch das widerspiegeln, wofür diese Ampelkoalition angetreten ist. Wir sind angetreten, um dieses Land fortschrittlich auf einen Weg zu bringen. Wir wollen Verbesserungen, Veränderungen für die Zukunft gestalten. Insoweit ist es sehr wichtig, dass wir nicht der Gefahr unterliegen, Rückschritte oder Veränderungen auf den Weg zu bringen, die unsere Gesellschaft spalten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist die Gefahr, die insbesondere auch durch aktuelle Forderungen von Herrn Merz von der Union ausgeht.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Lächerlich! Ihr spaltet die Gesellschaft!)

Am Anfang dieser Debatte war er noch da. Ich hoffe, er macht jetzt im Moment was Sinnvolles,

(Zuruf der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])

um den Fortschritt in der Bundesrepublik Deutschland auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren, aber ich mache mir in der Tat Sorgen. Wenn Menschen wie ich, deren Eltern als Gastarbeiter/-innen in dieses Land gekommen sind,

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Um Sie geht es doch gar nicht!)

um dieses Land fortschrittlich in den Wohlstand und in eine bessere Zukunft zu bringen, nun auf eine Art und Weise sprachlich angegriffen werden – nicht nur von der AfD –, dann mache ich mir Sorgen um dieses Land. Und es ist wichtig, dass auch in diesem Parlament darüber geredet wird, dass diese Menschen mit Migrationshintergrund – egal wo sie geboren sind, egal wann sie nach Deutschland gekommen sind – dazugehören, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der Linken)

Das ist unser Anspruch, und das steht auch in unserer Verfassung. Die gilt es zu schützen vor jeglichem rechtsextremen Gelaber – sowohl im Bundestag als auch in unserer Gesellschaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Steffen Janich [AfD])

Mir ist es noch einmal wichtig, das deutlich zu machen. Dazu gehört auch, meine Damen und Herren, dass es nicht darum gehen kann, das Problem mit der Knappheit von Wohnungen einem Teil der Bevölkerung in die Schuhe zu schieben.

(Stephan Brandner [AfD]: Der Politik!)

Es geht nicht darum, dass Wohnungen in Deutschland knapp sind, weil auch Menschen mit Migrationshintergrund ein Dach überm Kopf haben wollen. Wir brauchen mehr Wohnungen,

(Stephan Brandner [AfD]: Dann bauen Sie die doch!)

und wir brauchen ein Mietrecht, das Menschen auch vor dem Verlust ihrer Wohnung schützt. Das ist übrigens auch haushaltsrechtlich eine sehr gute Unterstützung: Je weniger Menschen ihre Wohnung verlieren, desto weniger werden Gerichte beschäftigt und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erforderlich sein, meine Damen und Herren. Da müssen wir liefern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Fortschrittskoalition

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wie hieß die Koalition noch mal?)

brauchen wir mietrechtliche Vorschriften – sie liegen tatsächlich schon in der Schublade –, die ein soziales Mietrecht ermöglichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Tino Chrupalla [AfD]: Ein Blödsinn! Ein Unsinn! Eine Reihung von irgendwelchem Geschwafel!)

Was mir auch wichtig ist: Wir haben wirklich gute gesetzliche Regelungen im Strafrecht insbesondere dadurch erwirkt, dass wir entkriminalisiert haben, dass wir legalisiert haben und dass wir liberalisiert haben. Aber wir haben noch einiges vor uns. Ich will niemanden in den Knast stecken müssen, weil er sich keinen Fahrschein leisten kann. Das müssen wir ändern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU] – Stephan Brandner [AfD]: Ja, dann soll er nicht schwarzfahren! Dann soll er zu Fuß gehen!)

– Ja, die AfD braucht nicht schwarzzufahren; die weiß eh nicht, wie das geht.

Meine Damen und Herren, wir wollen auch in Zukunft, dass nicht nur in den USA und in anderen Ländern gilt: My body, my choice.

(Stephan Brandner [AfD]: Bei der Impfung meinen Sie, oder?)

Das heißt so viel wie: Bin ich eine Frau, heißt das noch lange nicht, dass der Staat in meinen Körper hineinregieren darf!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Gehen Sie mal impfen! – Weitere Zurufe von der AfD)

Das wollen wir festlegen. Kein Mensch will, dass der Herr Brandner darüber redet, ob eine Frau ein Kind zur Welt bringt oder nicht; darum geht es.

(Beifall der Abg. Anke Hennig [SPD] – Stephan Brandner [AfD]: Ich bin doch kein Frauenarzt!)

Das rückschrittliche Bild der Rechtspopulisten dürfen wir nicht in Gesetze gießen. Und es ist natürlich klar: Eine Frau läuft erst gar nicht Gefahr, dass irgendjemand im Strafgesetzbuch blättert, um nachzuschauen, ob sie ein Kind bekommen muss oder nicht, wenn wir das außerhalb des Strafgesetzbuches regeln, wo es hingehört, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Also, wir als Fortschrittskoalition haben noch viel vor.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das F-Wort!)

Und jeder, der schon eine Ampelallergie oder eine Ampelangst entwickelt hat,

(Stephan Brandner [AfD]: … hat mein Mitleid!)

der kann sich auf ein Jahr Fortschrittskoalition mit der Ampel freuen. Denn bei uns heißt es: Alle drei Lichter – Rot, Gelb und Grün – leuchten, damit es Richtung Fortschritt geht, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Licht aus! – Stephan Brandner [AfD]: Da ist die Ampel kaputt, wenn alle drei Lichter leuchten!)

Als Nächste hat das Wort für die Gruppe Die Linke Clara Bünger.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615176
Wahlperiode 20
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Justiz und Bundesverfassungsgericht
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