13.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 186 / Einzelplan 07

Macit KaraahmetoğluSPD - Justiz und Bundesverfassungsgericht

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Auch die heutige Debatte zum Justizhaushalt möchte ich nutzen, um die Bedeutung unseres Rechtsstaates herauszustellen. Nie schien mir das dringlicher als heute.

Der Rechtsstaat ist mehr als nur ein System von Gesetzen. Er ist das Fundament, auf dem unsere Freiheit ruht. Er gewährleistet die Gleichheit aller vor dem Gesetz, unabhängig von Herkunft, Religion, Hautfarbe, sexueller Orientierung oder politischer Überzeugung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Rechtsstaat stellt sicher, dass niemand über dem Gesetz steht, auch nicht die Mächtigen. Der Rechtsstaat bewahrt uns davor, in die Barbarei zurückzufallen, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Europa verwüstet hat.

Und doch wird dieser Rechtsstaat heute wieder offen infrage gestellt, und doch schreiten wir in manchen Teilen unseres Landes sehenden Auges einer Erosion unserer Demokratie entgegen. Die Gefahr geht nicht nur von denen aus, die den Rechtsstaat aktiv angreifen, sondern auch von denen, die gleichgültig bleiben, die schweigen, wenn es zu reden gilt, die wegsehen, wenn es zu handeln gilt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die Bedrohung ist groß, die Ratlosigkeit bei vielen leider auch. „ Wie können wir unser Land schützen?“, werde ich daheim auf dem Marktplatz des Öfteren gefragt. Die Feinde der Demokratie werden doch demokratisch gewählt. Wie soll man die aufhalten?

(Zuruf des Abg. Stephan Brandner [AfD])

Ich habe darauf mehrere Antworten. Erstens. Es muss klar sein: Es gibt keine gute oder harmlose Zusammenarbeit mit den rechtsextremen Kräften. Jede Kooperation, jede Normalisierung von derartigen Parteien und ihren Positionen stärken sie nur. Das haben wir 1929 in Thüringen gesehen, als die NSDAP erstmals in eine Regierung eintreten durfte. Es war der Beginn eines Albtraums, der in der totalen Zerstörung endete.

Zweitens. Wir müssen den Mut haben, offen und entschieden gegen Hass, Rassismus und Hetze einzutreten. Es reicht nicht, im Privaten darüber zu sprechen, es reicht nicht, in den sozialen Netzwerken ein Like für die richtige Meinung zu verteilen. Wir müssen zu den Menschen auf den Marktplätzen und Straßen gehen und ihnen Argumente liefern.

(Stephan Brandner [AfD]: Mit Ihnen redet dann nur gar keiner!)

Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, weshalb die einfachen Antworten der Rechtspopulisten Scheinantworten sind und oft genug verheerende Folgen hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Drittens geht es darum, mit entschlossener Politik auch diejenigen Themen anzugehen, die vom rechten Spektrum für Hetze und Spaltung missbraucht werden. Das wäre aktuell vor allem die irreguläre Zuwanderung. Hier geht es nicht darum, rechte Positionen zu übernehmen oder sich von anderen vor sich hertreiben zu lassen.

(Stephan Brandner [AfD]: Sondern?)

Es geht darum, Probleme zu bewältigen,

(Stephan Brandner [AfD]: Die Sie geschaffen haben!)

und genau das macht diese Bundesregierung.

In den vergangenen eineinhalb Jahren – nicht etwa in den letzten vier oder sechs Wochen – wurden weitreichende Gesetzesmaßnahmen gegen irreguläre Migration vollzogen. Die aktuellen Zahlen sprechen eine klare Sprache: gut 20 Prozent weniger Asylanträge im bisherigen Jahresverlauf, 20 Prozent mehr Rückführungen und 10 Prozent mehr freiwillige Ausreisen im ersten Halbjahr.

(Stephan Brandner [AfD]: Von denen jeder 1 000 Euro kriegt!)

Auch bei den zuletzt so dringlich geforderten Zurückweisungen unerlaubter Einreisen gab es bereits einen deutlichen Anstieg von 29 Prozent im vergangenen Jahr auf aktuell 51 Prozent.

(Stephan Brandner [AfD]: Wegen der Europameisterschaft!)

Die Lehre ist: Die Politik kann Herausforderungen erfolgreich begegnen, und zwar ohne großes Tamtam und ohne sich auf die dunkle Seite der Menschenfeinde zu stellen. Das ist die Lehre, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Viertens – womit ich zurück beim Ausgangspunt dieser Debatte bin – müssen wir den Rechtsstaat, die Justiz und die demokratischen Institutionen stärken. Eine unabhängige und handlungsstarke Justiz muss mit entsprechenden Mitteln ausgestattet werden. Und genau das macht dieser Einzelplan 07.

Meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, diejenigen, die ihre Axt bereits an die Wurzeln unseres Rechtsstaates angelegt haben, sind in Lauerstellung.

(Stephan Brandner [AfD]: Nancy Faeser! Nancy Faeser ist auch schon im Amt!)

Lassen Sie uns, die demokratischen Kräfte der Bundesrepublik Deutschland, gemeinsam dafür sorgen, dass diese Axt dort liegen bleibt und niemals wieder zum Schwung ausholen kann!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Als Nächste hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Franziska Hoppermann.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615178
Wahlperiode 20
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Justiz und Bundesverfassungsgericht
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta