13.09.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 186 / Einzelplan 07

Franziska HoppermannCDU/CSU - Justiz und Bundesverfassungsgericht

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister Buschmann! Ich wollte zum Ende der Debatte noch mal was zum Haushalt sagen; das war, glaube ich, eigentlich der Auftrag für diese Debatte.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Volumen des Einzelplans 07, des Justizressorts, ist mit rund 1 Milliarde Euro tatsächlich überschaubar. Der größte Teil davon wird für Personal und Betriebskosten aufgewendet.

(Zuruf von der CDU/CSU: Aha!)

Gegenüber dem Vorjahreshaushalt weist der neue Entwurf sogar einige positive Entwicklungen auf. Die Dienststellen erhalten mehr Sachmittel. Es sind hohe Investitionsmittel ausgewiesen. Der Justizminister versucht nicht erneut, die Unterstützung des Anne-Frank-Zentrums auf null zu setzen, und die Titelgruppe für besondere Finanzierungsausgaben ist mit beträchtlich weniger Finanzmitteln ausgestattet. Warum ist das besonders interessant? Weil die Bundesregierung dieses Jahr davon ausgeht, aktuell nicht weitere Strafzahlungen wegen EU-Vertragsverletzungsverfahren zu leisten. Immerhin!

Der Einzelplan hat aber auch viele Schwächen. Es bleibt weiterhin unverständlich, warum die Bundesregierung daran festhält, das Institut für Ostrecht zu schließen.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Ja! Skandal!)

Infolge des Ukrainekrieges ist das weiterhin eine wirklich wichtige Anlaufstelle für Juristinnen und Juristen aus der Ukraine.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das zu schließen, ist auch ein fatales Signal, weil es uns wichtiger Rechtsexpertise beim Wiederaufbau der Ukraine beraubt.

Was mich und uns alle jedoch bewegt, ist, dass der Haushalt des Bundesjustizministeriums keinesfalls den Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung entspricht. Der Justizminister ist hier sogar Wiederholungstäter. Schon im vergangenen Jahr wurden trotz deutlicher Kritik des Bundesrechnungshofes die Personalausgaben bewusst unterveranschlagt und die Sachmittel hochgefahren. Es wurden Ausgabetitel vorgelegt, die so nicht eingehalten werden konnten, und das war schon vorher klar. Bereits der Haushalt 2024 entsprach damit nicht durchgängig den haushalterischen Grundsätzen von Wahrheit und Klarheit. Das geht aus meiner Sicht für einen Verfassungsminister gar nicht. Es ist deshalb umso bedauerlicher, dass der Bundesjustizminister sich an dieser Haushaltslücke, die wir hier schon viel besprochen haben, beteiligt und das Problem verschlimmert.

Die Investitionen sind mit 29 Millionen Euro für diesen Einzelplan sehr großzügig und mit 10 Millionen Euro höher als im Vorjahr. Das ist grundsätzlich positiv. Aber auch im Justizeinzelplan ist eine sehr hohe globale Minderausgabe veranschlagt, also das, was im Laufe des Jahres noch gespart werden muss. Diese beträgt über 32 Millionen Euro. Diese Investitionen, die Sie planen, können Sie doch so niemals einhalten. Wo wollen Sie denn sparen: bei den erneut unterveranschlagten Personalkosten? Was Sie tun, ist intransparent und unredlich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir im Parlament sollen Ihren Schluderhaushalt abnicken, und anschließend entscheidet allein die Exekutive darüber, wie die Minderausgabe erbracht wird und wie die Mittel dann tatsächlich ausgegeben werden? Sie führen das Parlament mit diesem Haushalt an der Nase herum; denn Sie präsentieren Zahlen, die dem tatsächlichen Haushaltsvollzug nie entsprechen können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden also in den kommenden Wochen Ausgabetitel diskutieren, obwohl schon jetzt klar ist, dass diese Ausgaben so gar nicht stattfinden können.

An der Verfassungsmäßigkeit des Bundeshaushaltes haben aber nicht nur wir Zweifel, sondern auch der Bundesrechnungshof und mehrere Gutachten, die vorliegen.

Ich komme noch mal zu einem anderen Punkt. Wir sprechen ja über das Justizministerium. Sie und Ihr Haus, Herr Minister, sind im Gesetzgebungsverfahren für die Rechtsförmlichkeitsprüfung zuständig. Sie prüfen also normalerweise, ob ein Gesetzesvorschlag gegen bestehendes Recht verstößt oder sich widerspricht. Ihr Haus ist dabei auch für die Prüfung der Verfassungskonformität von Gesetzen des Bundes zuständig. Interessant ist aber, dass Sie ausgerechnet nach dem Debakel im letzten Jahr den neuen Bundeshaushalt nicht oder nicht ausreichend geprüft haben. Das hat das Finanzministerium selbst für seinen eigenen Entwurf getan, und nicht Ihr Haus.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Komisch!)

Die Rechtsförmlichkeitsprüfung allein dem offensichtlich nicht selbstkritischen BMF zu überlassen, ist ein großer Fehler.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Tja!)

Sie hätten dazu beitragen können, diesen Bundeshaushalt auf rechtlich sichere Füße zu stellen. Damit hätten Sie nicht nur Ihrer Koalition, sondern auch den Staatsfinanzen und dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat einen wichtigen Dienst erwiesen.

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Ist der Ruf erst ruiniert …!)

Sie haben das aber nicht getan und sich zum Haushalt bedeckt gehalten. Was Sie versäumt haben, holen wir jetzt nach. Wir werden die Verfassungsmäßigkeit dieses Lückenhaushalts prüfen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wer uns dafür kritisiert, hat die Funktion des Parlamentarismus nicht verstanden. Wir als Parlamentarier sind allesamt dafür zuständig, die Regierung zu kontrollieren und ihr Handeln zu prüfen. Das Budgetrecht liegt bei uns, und nicht bei der Bundesregierung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Mitnichten ist es unsere Aufgabe, die Regierung einfach nur unkritisch zu begleiten und gegen jeden Vorwurf zu verteidigen. Die Koalition täte gut daran, nicht öffentlich darüber nachzudenken, wie die Verfassung ausgetrickst werden kann, sondern darüber nachzudenken, wie sie eingehalten und geschützt wird, auch vor der eigenen Regierung.

Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7615180
Wahlperiode 20
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Justiz und Bundesverfassungsgericht
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