Jens SpahnCDU/CSU - Wirtschaft und Klimaschutz
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Michelin baut 1 500 Stellen in Deutschland ab, Continental über 7 000, Evonik 1 500, BASF 2 000 Stellen, Bosch 1 500 Stellen, Ford 2 300 Stellen, Telekom und Vodafone je 1 300 Stellen, ZF Friedrichshafen jede vierte Stelle, 14 000 Stellen, SAP 2 600 Stellen, Miele 1 300 Stellen, Bosch bis zu 1 500 Stellen,
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Grünes Wirtschaftswunder!)
Infineon 1 400 Stellen. Volkswagen plant erstmals, in Deutschland Werke zu schließen. – Und das sind nur die Schlagzeilen der letzten Wochen.
Ich kann weitere Daten anfügen. Die Produktion in Deutschland ist im Juli weiter gesunken, die der Automobilindustrie um 8 Prozent. Der Außenhandel schrumpft weiter. Kapital fließt ab wie nie zuvor. In den letzten drei Jahren sind netto über 300 Milliarden Euro Investitionen aus Deutschland rausgeflossen. Wer kann, investiert im Ausland.
Das Einzige, was in Ihrer Regierungszeit drastisch wächst, ist die Zahl der Insolvenzen und die Zahl der Arbeitslosen. Die deutsche Wirtschaft schrumpft. Sie schrumpfte im letzten Jahr, sie wird in diesem Jahr schrumpfen, und nächstes Jahr
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Null Prozent!)
gibt es bestenfalls Stagnation.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ja!)
Herr Minister Habeck, Sie sprechen gerne davon, dass das alles so schwer sei. Weil die Wirklichkeit Sie umzingelt oder – wahlweise – offensichtlich die Opposition. Nur, diese Zahlen, diese Fakten, das ist die Wirklichkeit, das ist Ihre Wirklichkeit, das ist Ihre Rezession.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da Sie gerade Friedrich Merz zitiert haben, will ich Sie an etwas erinnern. In der Zeit vor der Pandemie hatten wir die längste Phase wirtschaftlichen Wachstums in der Geschichte der Bundesrepublik.
(Beifall bei der CDU/CSU – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Zehn Jahre!)
Wir haben dieses Land aus jeder Krise – aus der Finanzkrise, aus der Eurokrise und aus der Pandemie – herausgeführt mit Wachstum.
(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben Ihnen ein Land im Wachstum übergeben. Und Sie haben daraus ein Land der Rezession und der Stagnation gemacht. Das ist das Problem Ihrer Amtszeit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Problem ist: Sie starten ja schon mit dem falschen Ansatz. Sie reden von transformativer Angebotspolitik. Das klingt gut. Doch was heißt das?
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Dirigismus!)
Sie wollen die knappen Ressourcen Kapital und Arbeit gezielt in einen einzigen Bereich lenken, und zwar in die grüne Transformation durch staatliche Investitionen, staatliche Regulierung und Bürokratie. Sie glauben, Wachstum lasse sich herbeisubventionieren. Ihr ganzes wirtschaftspolitisches Denken besteht aus schuldenfinanzierten staatlichen Subventionsprogrammen.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Dirigismus!)
In Ihrer Welt ist es das Beste, wenn der Minister per Förderbescheid – am besten in Milliardenhöhe – bestimmt, wer noch worin investieren darf.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie glauben – auch der Kanzler tut das –, durch Investitionen in Transformation entstehe Wachstum.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das funktioniert andersherum. Ankündigungen wie das grüne Wirtschaftswunder sind keine Verheißung mehr – es sind mittlerweile Bedrohungen. Aus Ihrem grünen Wirtschaftswunder ist ein blaues Wunder von Abstiegsängsten und Rezession geworden. Das ist der Zustand des Landes nach drei Jahren Ampel.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir als Union setzen dem was entgegen. Wir wollen niedrige Steuern, weniger Bürokratie und bezahlbare Energie, gute Standortbedingungen für alle Unternehmen statt Förderbescheide für einige wenige.
(Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bla, bla, bla! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir wissen: 90 Prozent der Investitionen werden von Unternehmen getätigt und nicht vom Staat. Und die machen es effizienter und besser, weil sie privat ins Risiko gehen. Wir wissen: Wachstum entsteht nicht durch Transformation, sondern Wachstum ist die Voraussetzung dafür, dass wir in Klimaschutz und soziale Sicherheit investieren können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ihrer grünen Planwirtschaft setzen wir soziale Marktwirtschaft entgegen. Das ist der Unterschied, um den es geht.
Das nächste Beispiel staatlich gesteuerter grüner Industriepolitik haben wir ja gerade wieder von der Bundesnetzagentur bekommen. Dort heißt es:
„Durch den Wegfall konventioneller Grundlastkraftwerke und den Zubau …“
– von Strom aus Wind und Sonne –
„wird die Einspeisung volatiler, was auch das Erfordernis flexibler Lasten wachsen lässt.“
(Zuruf der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Auf Deutsch: Weil Sie Kraftwerk um Kraftwerk, Gigawatt um Gigawatt gesicherter Leistung abschalten, ohne auch nur ansatzweise Ersatz zu haben, wollen Sie jetzt die Produktionszeiten der deutschen Industrie staatlich lenken.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Dirigismus! – Zuruf des Abg. Johannes Schraps [SPD] – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Viele energieintensive Betriebe – Chemie, Papier, Glas, Aluminium, Kupfer, Stahl – müssen aber 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche produzieren.
(Zuruf der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die haben es jetzt schon schwer unter den Standortbedingungen, wie sie sind. Und jetzt wollen Sie denen sagen: „Günstigen Strom gibt es nur noch, wenn ihr dann produziert, wenn der Wind weht und die Sonne scheint“? Was soll denn das für ein Signal sein an die energieintensive Industrie, die wir so dringend hier im Land brauchen?
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Gabriele Katzmarek [SPD]: Das ist doch Unsinn, Herr Spahn! Das wissen Sie auch, dass das Unsinn ist!)
Stattdessen gibt es bei der Kraftwerksstrategie, bei der es um neue Gaskraftwerke, gesicherte Leistung geht, Verzögerungen, Verschiebungen, Jahr um Jahr, Monat um Monat. Im Haushalt 2025 stehen dafür im Übrigen faktisch wieder keine Mittel bereit.
Wenn ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, diese Woche bei Ihren Reden so zuhöre,
(Johannes Schraps [SPD]: Seien Sie froh, dass Sie sich nicht zuhören müssen!)
dann überlege ich: Fragen Sie sich eigentlich mal, warum so viele Menschen Vertrauen verloren haben? Fragen Sie sich eigentlich mal, warum so viele Menschen Vertrauen verloren haben, dass die SPD sich am Wahlabend in Sachsen und Thüringen darüber freut, dass sie über die 5-Prozent-Hürde kommt? Das ist doch absurd. Fragen Sie sich manchmal, warum Linke, Grüne, FDP aus Landtagen fliegen? Fragen Sie sich manchmal, warum die Extremisten und Vereinfacher von links und rechts fast 50 Prozent der Stimmen bekommen?
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Ja, weil Sie den Standort schlechtreden! – Lachen und Gegenruf der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU]: Wie peinlich ist das denn? Ich hoffe mal, dass das im Protokoll steht! – Weiterer Gegenruf des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das ist die alte Leier!)
Sind Sie schon mal auf die Idee gekommen, dass das was mit Ihrer Politik, mit Rezession, mit Sorgen vor dem Jobverlust, staatlicher Überregulierung und Überforderung zu tun haben könnte? Sind Sie schon mal auf die Idee gekommen, dass es Ihre Politik ist, die zu diesem Vertrauensverlust führt?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dieses Land, Frau Präsidentin, braucht wieder Zuversicht. Es braucht eine Entfesselung von Wachstum, Investitionen und Konsum. Es braucht eine Regierung, die führt, die einen Plan hat, die Deutschland wieder starkmacht. Und es wäre gut, wenn Sie von der Ampel besser heute als morgen den Weg dafür frei machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Einen schönen guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucherinnen und Besucher auf den Tribünen! Wir führen die Debatte mit dem nächsten Redner fort: Frank Junge für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7615184 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 186 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaft und Klimaschutz |